Rußland erpreßt Litauen mit Öl-Lieferstopp

Rußland hat Ende Juli die Erdöllieferungen an die einzige Raffinerie Litauens in Mazeikiai eingestellt. Als Begründung gab der russische Ölleitungsmonopolist Transneft dringende Reparaturarbeiten auf russischem Gebiet an. Offensichtlich will er aber Litauen unter Druck setzen, weil die Mehrheitsbeteiligung von 53,7 Prozent für zwei Milliarden Euro an den polnischen Ölkonzern PKN Orlen verkauft werden soll. Die Anteile gehören bisher der Yukos International UK, die als rechtlich selbständige Tochter des mittlerweile von Kremlchef Putin zerschlagenen Yukos-Konzerns im westeuropäischen Ausland ansässig und deshalb dem Zugriff des Kremls entzogen ist. Ende Mai hatte die litauische Regierung dem geplanten Verkauf zugestimmt. (FAZ, 29.5., 11.8. u. 24.8.)

Die litauische Regierung reagierte auf den Lieferstopp mit der Ankündigung, daß demnächst an der Eisenbahnstrecke durch Litauen, die Rußland mit Kaliningrad (Königsberg) im russischen Teil des ehemaligen Ostpreußen verbindet, umfangreiche Erneuerungsarbeiten nötig würden. Im Klartext heißt dies, daß Litauen die Versorgung der russischen Exklave zu behindern droht.

Die Raffinerie in Mazeikiai ist auch die einzige der baltischen Staaten und ganz von russischen Öllieferungen abhängig. Sie ist der größte Steuerzahler des Landes und trägt mehr als zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Mitte der neunziger Jahre beschloß die Regierung, das Staatsunternehmen zu privatisieren. Der russische Öllieferant Lukoil versuchte daraufhin, den Preis zu drücken und andere Interessenten abzuschrecken, indem er die Versorgung der Raffinerie mit Öl drosselte und mehrfach unterbrach. Dennoch wurde sie 1999 zunächst an einen US-Konzern verkauft. Als dieser nach drei Jahren wieder ausstieg, erwarb der russische Yukos-Konzern die Anteile, der über eigene Ölquellen verfügte und damals noch eine vom Kreml unabhängige Geschäftspolitik verfolgte, bis er auf Anweisung von Kremlchef Putin zerschlagen wurde (050610, 050914).