Mai 2006

060504

ENERGIE-CHRONIK


Österreichs Bundesländer stoppen geplante Fusion von Verbund und OMV

Zwei Wochen lang sah es im Mai so aus, als würde die Österreichische Elektrizitätswirtschafts AG (Verbund) mit dem Erdöl- und Erdgasunternehmen OMV AG fusionieren. Mit einem Konzernumsatz von 15,6 Milliarden Euro und 5226 Mitarbeitern im Jahr 2005 ist die OMV das größte börsenotierte Industrieunternehmen Österreichs. Sie betreibt 2500 Tankstellen in 13 Ländern, darunter auch in Deutschland. Der Verbund ist Österreichs größter Stromerzeuger und betreibt das Stromtransportnetz des Landes. Er erwirtschaftete im Jahr 2005 mit 2.400 Mitarbeitern einen Umsatz von 2,5 Milliarden Euro.

Am 10. Mai hatten beide Unternehmen den beabsichtigten Zusammenschluß mitgeteilt. Die Verwirklichung der Fusion sei Ende 2006 zu erwarten, hieß es, sofern das österreichische Parlament, die Hauptversammlung der OMV und die zuständigen Wettbewerbsbehörden ihre Zustimmung gäben. Aber schon am 23. Mai scheiterte das Projekt am Einspruch der neun österreichischen Bundesländer, die weiterhin eine mehrheitlich staatliche Beteiligung an der Verbund-Wasserkrafttochter Austria Hydro Power (AHP) verlangten. Die Landeschefs durchkreuzten damit die Pläne des österreichischen Finanzministers Karl-Heinz Grasser, der dem Staat bei dem fusionierten Unternehmen einschließlich der Wasserkraftwerke nur eine Minderheit der Kapitalanteile oder sogar nur eine Sperrminorität einräumen wollte. Bisher hält der Staat die Mehrheit am Verbund und ist größter Aktionär der OMV.

Zum Scheitern der Fusion trug auch bei, daß ihr wirtschaftlicher Nutzen in Börsenkreisen eher negativ beurteilt wurde: Während der Kurs der OMV-Aktie um bis zu zehn Prozent absank, tendierten die Verbund-Aktien nach oben. Nach dem Scheitern der Fusionspläne vollzog sich die Kursentwicklung beider Unternehmen umgekehrt.

In der Pressemitteilung vom 10. Mai war von einer "Fusion als gleichberechtigte Partner im Verhältnis ihrer Marktkapitalisierung 60:40" die Rede. Das Aktienkapital des neuen Konzerns hätte sich demnach nur zu etwa 35 Prozent in staatlichem Besitz befunden. Bisher hält der österreichische Staat 51 Prozent am Verbund und 31,5 Prozent bei OMV.

Die Verbindung der beiden Unternehmen schaffe einen führenden integrierten Energiekonzern in Mitteleuropa mit erheblichem Wachstumspotential, hieß es weiter. Beide seien in den Wachstumsmärkten bereits stark positioniert und würden einander in ihren Geschäftsaktivitäten ergänzen. Durch die starke Position der OMV in Mitteleuropa ergäben sich für das neue Unternehmen Expansionsmöglichkeiten im Stromgeschäft in jenen Ländern, in denen der Verbund bisher nicht präsent war. Zum Beispiel werde die Errichtung von gemeinsamen Gaskraftwerken in Zentraleuropa ins Auge gefasst.

Der österreichische Großstromerzeuger und Transportnetzbetreiber Verbund befindet sich seit geraumer Zeit auf Partnersuche. Zunächst hatte er die Zusammenlegung seiner Wasserkraftwerke mit E.ON geplant, war aber an innenpolitischen Widerständen gescheitert (010702). Anschließend hatte er sich mit den in der "Energie Allianz" zusammengeschlossenen Landesversorgern auf eine Kooperation verständigt (020402). Diese kam aber auch nicht zustande, sondern wurde im Herbst 2004 auf Wunsch des Verbunds bis auf weiteres auf Eis gelegt (040907).