Juli 2004

040703

ENERGIE-CHRONIK


Verbraucherverbände machen gegen Clement mobil

Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) hat die Verschleppung der Regulierungsbehörde für den Strommarkt durch Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement erneut scharf kritisiert (siehe 040603) und der Bundesregierung vorgeworfen, sie dulde "die Selbstbedienungsmentalität der Stromkonzerne". Der Dachverband der Verbraucherorganisationen sieht sich bei seiner Forderung nach einer "Regulierungsbehörde mit Biss" durch das jüngste Hauptgutachten der Monopolkommission bestätigt (040701).

In einer Presseerklärung forderte der vzbv-Vorstand am 15. Juli die unverzügliche Einrichtung einer Regulierungsbehörde mit klaren Kompetenzen und einer Vorab-Genehmigung der Netznutzungsentgelte. Inzwischen sei sogar die Rede davon, daß die Regulierungsbehörde ihre Tätigkeit erst zum April 2005 aufnehmen werde, obwohl dies bereits zum 1. Juli 2004 hätte erfolgen müssen. Die Verzögerung der Regulierungsbehörde sei ein Skandal. Offenbar verfolge Clement das Ziel, "die deutschen Energieunternehmen auf Kosten der Verbraucher auf eine europäische Größe zu mästen". Er ignoriere dabei, daß diese Kaufkraftabschöpfung zum Nachteil des übrigen Inlandsmarktes erfolge.

Grundsätzlich unzufrieden sind die Verbraucherverbände auch mit der von Clement geplanten Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes. Der derzeit vorliegende Entwurf lasse keine Verbesserungen der für die Verbraucher unhaltbaren Situation erwarten. Es sei vielmehr zu befürchten, "daß lediglich das gescheiterte System der Verbändevereinbarungen in ein neues rechtliches Gewand gegossen wird".

In einem Interview mit der "Netzeitung" (22.7.) beklagte die vzbv-Vorsitzende Edda Müller, daß auf dem Strommarkt ein Wettbewerb praktisch nicht stattfinde. Am Anfang der Liberalisierung habe es zwar ein paar unabhängige Anbieter gegeben, die aber von den etablierten Versorgern durch Mißbrauch des Netzmonopols und in Ermangelung geeigneter gesetzlicher Schutzvorschriften "systematisch plattgemacht" worden seien. Nach Berechnungen des vzbv hätten die Stromunternehmen rund fünf Milliarden Euro durch überhöhte Strompreise kassiert. Diese Milliarden fehlten den Verbrauchern bzw. dem Konsum. "Das stärkt sicher die Position der Stromkonzerne als Global Player. Aber die Stromkonzerne wachsen damit auf Kosten der deutschen Konjunktur." Die Bundesregierung verkenne offenkundig die volkswirtschaftlichen Dimensionen ihrer Untätigkeit in Sachen Regulierung.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) ist die Dachorganisation der 16 Verbraucherzentralen der Länder und von 22 verbraucherpolitisch orientierten Verbänden. Er finanziert seine Arbeit aus Mitteln des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft. Vorsitzende des Dachverbands ist seit Januar 2001 Prof. Dr. Edda Müller. Zuvor leitete sie die Abteilung Klimapolitik des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie und war von 1994 bis 1996 Ministerin für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein.

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