Juni 2004 |
040603 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) gemäß den neuen EU-Richtlinien für den Strom- und Gasbinnenmarkt (030601) verzögert sich und wird wohl kaum vor Anfang nächsten Jahres in Kraft treten. Nach den Vorgaben der EU hätte die Richtlinie bis 1. Juli 2004 umgesetzt sein müssen (030704).
Zunächst sollte das neue EnWG mit den dazugehörigen Rechtsverordnungen Ende Mai im Kabinett verabschiedet werden. Dazu kam es jedoch wegen Differenzen innerhalb der Regierung nicht. Presseberichten zufolge streiten sich Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) unter anderem über die Kompetenzen der neuen Regulierungsbehörde und die künftige Berechnung der Netznutzungsentgelte. Aus den betroffenen Wirtschaftskreisen gibt es ebenfalls etliche Änderungswünsche zu den inoffiziell bekanntgewordenen Gesetz- und Verordnungsentwürfen. Beispielsweise mißfällt den Energieversorgern, daß sie sich an der Kosten der Regulierungsbehörde beteiligen sollen. Das neue EnWG wird wie bisher nur die Rahmenbedingungen regeln. Die Einzelheiten des Netzzugangs und der Netzentgelteberechnung werden in separaten Rechtsverordnungen festgelegt.
Mit der der EnWG-Novellierung verzögere sich
die Regulierungsbehörde für den Energiemarkt, wodurch die marktbeherrschenden
Stromkonzernen einen weiteren Aufschub zu Lasten der privaten Haushaltskunden
erhielten, erklärte die Vorsitzende des Verbraucherzentrale Bundesverbands
(vzbv), Edda Müller. Die Politik habe bisher nichts gegen fehlenden
Wettbewerb und überhöhte Preise unternommen. "Für Herrn
Clement zählen die Global player offenbar mehr als die Verbraucher
und der Mittelstand." Die Liberalisierung der Energiemärkte in Deutschland
habe zu einer wettbewerbsfeindlichen Konzentration geführt. Allein
RWE und E.ON beherrschten etwa zwei Drittel des Marktes. Einschließlich
Vattenfall und EnBW befänden sich neunzig Prozent des Marktes in der
Hand von nur vier Unternehmen. Als Folge zahlten die Haushaltskunden mit
etwa 18 Cent pro Kilowattstunde einen Spitzenpreis im europäischen
Vergleich. Davon entfielen rund 8 Cent allein auf die Netznutzungsentgelte,
was im europäischen Vergleich ebenfalls einen Spitzenwert bedeute.
Den überhöhten Preisen stünden Spitzengewinne der ehemaligen
Versorgungsunternehmen und hohe Dividendenzahlungen gegenüber.