Mai 2002

020509

ENERGIE-CHRONIK


Goll will Leitung der EnBW vorzeitig abgeben

Der Vorstandsvorsitzende der Energie Baden-Württemberg (EnBW), Gerhard Goll, will seinen Mitte 2003 auslaufenden Vertrag (980829) nicht verlängern. Wie er gegenüber der "Stuttgarter Zeitung" (24.5.) erklärte, wird er sogar noch in diesem Jahr aus dem Amt scheiden, sofern sich bis dahin ein Nachfolger findet. Goll wird im Juni 60 Jahre alt.

Der Vorsitzende des EnBW-Hauptaktionärs OEW (020417), Wolfgang Schürle, erklärte am selben Tag in einer EnBW-Pressemitteilung, daß der Aufsichtsrat die Entscheidung Golls sowohl bedauere als auch akzeptiere. Die Suche nach einem Nachfolger werde so rechtzeitig eingeleitet, "daß bei der EnBW nicht ähnliche Verhältnisse eintreten wie in anderen Unternehmen der Branche". Es werde nicht einfach sein, einen adäquaten Nachfolger zu finden. "Spekulationen über Gründe für diese Entscheidung, die in der Person von Herrn Goll oder seiner Arbeit lägen, auch Spekulationen um Namen angeblicher Nachfolgekandidaten, entbehren jeder Grundlage."

Immer wieder Gerüchte über Wechsel an der EnBW-Spitze

Spekulationen über ein Ausscheiden Golls bei der EnBW hatten sich in letzter Zeit gehäuft. So behauptete das magazin "stern" (8.5.), daß Goll beim Hauptaktionär EDF "in Ungnade gefallen" sei. Unter anderem werde ihm verübelt, daß der für Mai geplante Börsengang des Konzerns wegen hoher Verluste beim Schuhhersteller Salamander verschoben werden mußte. Als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge gelte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller. Davor hatte die "Wirtschaftswoche" das Gerücht lanciert, daß Müller an die Spitze der EnBW wechseln wolle. Im März dementierte die EDF eine AFP-Meldung, wonach Goll in den Verwaltungsrat der EDF wechseln und Müller sein Nachfolger bei der EnBW werde.

Erfolglose  Diversifizierung und flaues Kerngeschäft

Laut "Handelsblatt" (27.5.) gibt es außer dem "Fehlkauf Salamander" (000407) noch weitere Kritik an Goll: Sein Krisenmanagement bei der Pannenserie in Kernkraftwerk Philippsburg (011212) werde als ungeschickt empfunden. Die kleine Telekommunikationstochter Tesion (000230, 000917) habe im vergangenen Jahr 76 Millionen Euro Verlust ausgewiesen. Das Geschäftsfeld Entsorgung (000918) weise bei nur 259 Millionen Euro Umsatz einen hohen Betriebsverlust von 27 Millionen Euro aus. Und auch im Kerngeschäft Energie, das drei Viertel des EnBW-Umsatzes von 7,8 Mrd. Euro bringe, gebe es nur magere Ergebnisse, zumal die Stromvertriebstochter Yello (020407) tief in den roten Zahlen stecke. Unter diesen Umständen habe Anfang des Jahres der für Mai geplante zweite Börsengang verschoben werden müssen.

Führungswechsel auch bei RWE und E.ON

Ein Wechsel an der Führungsspitze steht auch bei RWE und E.ON an: Beim RWE-Konzern gilt der aus den Niederlanden stammende Shell-Vorstand Harry Roels (53) als Favorit für die Nachfolge des Vorstandsvorsitzenden Dietmar Kuhnt (980914). Beim E.ON-Konzern will der Vorstandsvorsitzende Ulrich Hartmann (930401, 000306) nur noch bis Mai nächsten Jahres amtieren.