November 2000 |
001120 |
ENERGIE-CHRONIK |
Auf dem Kraftwerksgelände der EnBW Baden-Württemberg in Marbach begannen am 30.10. die Vorarbeiten zur Errichtung eines Brennstoffzellen-Kraftwerks, das mit einer Leistung von 1 MW das bisher größte Projekt dieser Art in Europa ist. Es handelt sich um eine oxydkeramische Brennstoffzelle (SOFC) nach dem Verfahren von Siemens-Westinghouse, das auch RWE mit zwei 300-MW-Anlagen erproben will (990740). Eine nachgeschaltete Mikrogasturbine nutzt die rund 1000 Grad Celsius heiße Abwärme, wodurch sich der elektrische Nettowirkungsgrad auf 55 bis 60 Prozent erhöht.
Das Projekt wird finanziell von der EU-Kommission und dem US-amerikanischen Energieministerium unterstützt. Es ist Bestandteil eines Abkommens zwischen den USA und der EU zur Förderung gemeinsamer Aktivitäten auf dem Gebiet der Energie-Technologien. Es soll Erfahrungen mit SOFC-Kraftwerken liefern und deren Marktreife vorbereiten helfen. Die Federführung liegt bei EnBW und die Electricité de France (EDF). Weitere Konsortialpartner sind die Energieunternehmen Gaz de France (GDF) und Tiroler Wasserkraftwerke AG (Tiwag) sowie die Hersteller Siemens Westinghouse (USA) und Siemens (Deutschland). EnBW und EDF prüfen derzeit die Chancen eines europäischen Joint Venture zur Vermarktung der SOFC-Technologie von Siemens-Westinghouse.
Nach der Übernahme des fossilen Kraftwerksgeschäfts von Westinghouse (980823) hatte Siemens die eigene SOFC-Entwicklung gestoppt und das von Westinghouse entwickelte "tubulare" Konzept der oxydkeramischen Brennstoffzelle übernommen. Anfang 1998 ging eine erste Anlage dieses Typs mit einer Leistung von 100 kW im holländischen Arnhem in Betrieb.
Kommerziell verfügbar ist bisher nur die Phosphorsaure
Brennstoffzelle (PAFC) des US-Herstellers Onsi, die mit einer elektrischen
Leistung von 200 kW und eine thermischen Leistung von 220 kW bereits von
mehreren deutschen Stromversorgern getestet wurde. Die PAFC ist aber bisher
zu teuer, um mit konventionellen Kraft-Wärme-Konzepten konkurrieren
zu können. Seit Juni 2000 testen fünf Energieversorger auch den
Typ der Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzelle (PEMFC), der von Automobilfirmen
als Energiequelle für Elektrofahrzeuge favorisiert wird (000919), auf seine Eignung als Blockheizkraftwerk. Es handelt sich
dabei um eine Entwicklung der kanadischen Firma Ballard, die von der Firma
Alstom vermarktet wird (980723).
Die E.ON-Tochter EWE AG unterzeichnete am 8.11. einen Vertrag mit der schweizerischen Sulzer Hexis AG, die sich auf die Entwicklung einer Hochtemperatur-Brennstoffzelle vom Typ SOFC im Leistungsbereich von einigen Kilowatt spezialisiert hat. Die Sulzer-Brennstoffzelle könnte beispielsweise in Haushalten die Grundlast an Wärmebedarf decken und den erzeugten Strom ins Netz einspeisen. Wie EWE-Vorstandssprecher Werner Brinker mitteilte, wird eine derartige Zelle im EWE-Zentrum für Aus- und Weiterbildung seit zwei Jahren erfolgreich getestet. Im Jahre 2001 wolle man 15 bis 20 solcher Mini-Blockheizkraftwerke bereits bei Kunden installieren (DPA, 8.11.).