Als schwächlicher Antipode zur "Mannheimer Abendzeitung" etablierte sich im Februar 1840 das "Mannheimer Morgenblatt". Der Herausgeber Schmelzer hatte ursprünglich mit Hähner zusammen das "Mannheimer Abendblatt" gedruckt, wie die Abendzeitung zunächst hieß. Sein Morgenblatt - anfangs "neues Mannheimer Abendblatt" betitelt - war erklärtermaßen als Gegengründung gedacht. 1848 bezeichnete sich die Zeitung selbst als "conservatives Blatt", das "stets auf Seiten der Regierung gestanden" habe. 1840 führte sie sich mit diesen Schalmeienklängen beim Mannheimer Publikum ein:
Es beginnt für die bürgerlich freundliche Lesewelt ein neuer Morgen des Friedens und der unterhaltenden Bildung. Die Redaktion, selbständig und unabhängig von allen persönlichen Rücksichten, hat fortan die zwar ehrenvolle aber auch schwierige Stellung übernommen, den Wünschen und Bedürfnissen der ereignißschweren Zeit die Morgenfrüchte des Vergnügens und der Befriedigung zu bringen, und so möge dies Mannheimer Morgen-Blatt grünen und gedeihen am Lebensbaum des bürgerlichen, bisher so allgemein ausgesprochenen Wohlwollens. Friede und Segen seinem Wirken!
Das Morgenblatt war mit Abstand das unbeliebteste Blatt in Mannheim. Es geriet bald derart in Verschiß bei der Masse der Einwohner, daß der Redakteur, Herausgeber und Drucker Schmelzer auf seinen Erzeugnissen sitzen blieb. Hilfesuchend wandte er sich deshalb an die Regierung in Karlsruhe, wo man für die Nöte der systemkonformen Presse Verständnis zeigte und Schmelzer aus einem Sonderfonds wieder auf die Beine half.
Bezeichnend für die Haltung des Morgenblatts ist eine Episode aus dem Jahre I847: Der Dichter des Deutschlandliedes, Hoffman von Fallersleben, wollte seinen Freund Itzstein in Mannheim besuchen. Als er eintraf, erwartete ihn bereits ein Schreiben des Stadtamts, wonach er "innerhalb von 24 Stunden bei Zwangsvermeidung das Großherzogtum Baden zu verlassen" habe. Fallersleben erklärte darauf, daß er lediglich zu einer Traubenkur in Mannheim weile, und das Stadtamt sah sich bewogen, die Ausweisung zurückzunehmen. Allein - das "Mannheimer Morgenblatt" brachte bald darauf die Nachricht, der kurende Dichter sei beim vergnügten Genuß von zwölf Schoppen Bier im "Rothen Schaf" beobachtet worden...
Die Regierung belohnte den treuen Vasallen 1845 mit der Eigenschaft des Amts- und Kreisverkündigers, die zuvor dem "Mannheimer Journal" entzogen worden war, weil es unter der Leitung von Gustav Struve zu oppositionelle Töne angeschlagen hatte. Schmelzer hatte solche Protektion nötig. Dort, wo seine "selbständige und unabhängige" Redaktion ackerte, war in Mannheim politisch und geschäftlich nicht viel zu holen. Auf dem Höhepunkt der Revolution muß ihm das Wasser bis an den Hals gestanden haben, denn er machte eine Wendung um I80 Grad und scheuchte sein Morgenblatt zum Troß der äußersten Linken.
Ausschlaggebend für diese plötzliche Kursänderung des Morgenblatts, das ab 1. November 1849 gleichzeitig den Titel "Badische Zeitung" annahm, könnte die Verbitterung des Verlegers Schmelzer gewesen sein, der sich von der Regierung im Stich gelassen fühlte. Einen Vorgeschmack obrigkeitlichen Undankes empfing er schon auf dem ersten Höhepunkt der revolutionären Bewegung im März 1848: Die Demokraten hatten nicht vergessen, unter welchen Umständen das Morgenblatt zum Amts- und Kreisverkündiger ernannt worden war, und forderten die Rückgängigmachung dieser Entscheidung. Die Regierung eröffnete daraufhin Schmelzer am 29. März, daß ihm die gerichtlichen Inserate entzogen würden. - Ein Undank, der unter dem Druck der Verhältnisse der Staatsräson entsprach, wie der reaktionäre Zeitgenosse Heinrich von Andlaw in seinem Buch "Der Aufruhr und Umsturz in Baden" andeutete: "Hatte gleich das Morgenblatt mit Mut und Ausdauer allein die Umsturzbestrebungen bekämpft, mußte ihm diese Unterstützung dennoch entzogen werden."