Nach der Tätigkeit als Redakteur für die "Neue Badische Landes-Zeitung" und der Herausgabe der "Deutschen Arbeiterhalle" erreichte Eichelsdörfer den Höhepunkt seiner publizistischen Tätigkeit mit der Herausgabe der "Mannheimer Abendzeitung". Die Zeitung erschien vom 1. Januar 1869 bis zum 14. Dezember 1870 täglich außer sonntags in der Druckerei und dem Verlag von Johann Peter Eichelsdörfer in C 1, 15 (alte Fechtschule). Laut Untertitel war sie das "Organ der deutschen Volkspartei in Baden".
Mit ihrem Titel knüpfte die neue "Mannheimer Abendzeitung" an das ehemalige Kampfblatt der märzlichen Demokratie an, das sich unter der Redaktion Karl Grüns, Karl-Ludwig Bernays und Jean Pierre Grohes nationale Beachtung errungen hatte. Der Titel war somit ein Programm, und für alle älteren Mannheimer auf Anhieb verständlich.
Die Mannheimer Abendzeitung erblickte im selben Jahr das Licht, in dem sich die sozialdemokratische Arbeiterpartei als deutscher Zweig der Internationalen Arbeiterassoziation konstituierte. Damit trennten sich endgültig die Wege von bürgerlichen Demokraten und Arbeiterbewegung. Welche engen Verbindungen persönlicher und ideeller Art zunächst noch zwischen Sozialdemokratie und Volkspartei bestanden, zeigt der Blickwinkel, unter dem die "Mannheimer Abendzeitung" die Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Eisenach als Sieg der Volkspartei begriff:
"Auf dem Kongresse zu Eisenach hat die Volkspartei das Feld behauptet. Die sozial-demokratische Arbeiterpartei, die in Eisenach tagte, hat gleich der deutschen Volkspartei den 'freien Volksstaat' in ihr Programm aufgenommen, und deshalb Zorn und Ärger im Lager der Bismarck-Lassalleaner und der Bismärcker überhaupt."
Der Vorwurf der lassalleanischen "Badischen Chronik", die Mannheimer Abendzeitung habe "glücklich den Weg ins Fahrwasser der internationalen Sozialdemokratie gefunden", traf allerdings nicht zu. Als Organ der deutschen Volkspartei war und blieb die Mannheimer Abendzeitung ein bürgerlich-demokratisches Blatt. Das schloß nicht aus, daß noch etliche Zeit freundschaftliche Beziehungen und große Übereinstimmungen mit der Sozialdemokratie bestanden. So hat Friedrich Engels noch 1875 in einem Brief an Bebel darauf hingewiesen, daß nicht weniger als sieben Forderungen des Gothaer Programms der Sozialdemokratie direkt und wörtlich mit dem Programm der Volkspartei übereinstimmten. (Engels wandte sich damit gegen die lassalleanische Phrase, daß gegenüber der Arbeiterklasse alle anderen Klassen nur eine reaktionäre Masse seien.)
Den Lassalleanern gewährte die "Mannheimer Abendzeitung" sowenig Pardon wie zuvor das "Deutsche Wochenblatt". Im Februar 1869 veröffentlichte sie eine fünfteilige Artikelfolge gegen die Agitation der "Bismarck-Lassalleaner" in badischen Städten. Mißtrauisch verfolgte sie, wie die Anhänger des Johann Baptist Schweitzer anscheinend sogar bei der "Neuen Badischen Landes-Zeitung" den Fuß in die Tür bekamen, die früher die lassalleanische Agitation als "Erscheinung eines gewissen schlauen Berlinertums" abgetan hatte. Da sich Eichelsdörfer bekanntlich mit dem Verleger Schneider überworfen hatte, ehe er aus der "Neuen Badischen Landes-Zeitung" ausschied und sich selbständig machte, dürften auch persönliche Motive die folgende Polemik beeinflußt haben:
"Die Neue Badische Landes-Zeitung, die bisher in der sozialen Frage zu den Programmen von Nürnberg und Stuttgart, welche denjenigen der Lassalleaner und Arbeiterbündler entgegenstehen, gehalten hat, erlaubt in ihrer gestrigen Nummer einem Berichterstatter über die letzte Versammlung des Arbeitervereins höchst wegwerfende Auslassungen über die Bestrebungen, aus welchen die oben bezeichneten Programme hervorgegangen. Wie wir bestimmt wissen, darf diese 'Konsequenz' dem Redakteur des genannten Blattes nicht zur Last gelegt werden; vielmehr war es der Verleger desselben, der wahrscheinlich aus 'gewissen Rücksichten' der Feder eines bekannten 'tüchtigen Nationalökonomen' den leichtfertigen Spaziergang genehmigte."
Den von Bismarck provozierten deutsch-französischen Krieg von 1870/71 verurteilte die Mannheimer Abendzeitung noch entschiedener als die "Neue Badische Landes-Zeitung". Am 24. Juli 1870 schrieb sie:
"Die letzte Hoffnung ist geschwunden, daß der entsetzliche Krieg zwischen zwei der gebildetsten Nationen vermieden werde. Der Gedanke, daß es möglich war, die beiden Völker, welche Frieden nötig haben, gegeneinander zu hetzen, ist haarsträubend. Die Verantwortung treffe die Urheber des Krieges."
Nach der Gefangennahme Louis Bonapartes und Ausrufung der Republik in Paris veröffentlichte die Abendzeitung am 10. September 1870 eine Adresse des "Zentralkomitees der Internationalen Friedens- und Freiheitsliga" an die beiden Völker, in der es - an die Deutschen gewandt - hieß: "Bedenkt, daß seit dem Augenblick, in welchem die Republik in Frankreich proklamiert worden ist, der Krieg eine andere Gestalt angenommen... jetzt ist es der Krieg der Monarchie gegen die Republik." Unter den Unterzeichnern der Adresse befand sich Amand Goegg, der während der Märzrevolution in Mannheim eine führende Rolle gespielt hatte.
Am 11. September 1870 brachte die Abendzeitung einen Aufruf der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei an alle deutschen Arbeiter, sofort in Massen ihre Stimmen zu erheben für einen ehrenvollen Frieden mit dem französischen Volk und gegen die Annexion Elsaß-Lothringens. Am 30. November berichtete sie ausführlich über die Ablehnung neuer Kriegskredite durch Bebel und Liebknecht im norddeutschen Reichstag. - Das mutige Eintreten des Mannheimer Blattes gegen Franzosenhaß und Kriegsbegeisterung veranlaßte die nationalliberale "Badische Landes-Zeitung" in Karlsruhe zu der Forderung, daß die "Mannheimer Abendzeitung" auf Kriegsdauer zum Schweigen gebracht werde.
Die Druckerei des Blattes, das im Kriegsjahr 1870 teilweise nur mit zwei Seiten Umfang erscheinen konnte, war am 14. August 1870 nach E 3, 7 verlegt worden. Die letzte erhaltene Nummer datiert vom 14. Dezember 1870. In dem allgemeinen chauvinistischen Taumel nach dem Sieg über Frankreich und der Reichsgründung und preußisch-reaktionärer Vormundschaft wurde Eichelsdörfer vielleicht von derselben Resignation wie Johann Schneider befallen, der seine "Neue Badische Landes-Zeitung" an ein Konsortium von Aktionären aus der demokratischen Partei verkaufte. Dieses Konsortium kaufte auch Eichelsdörfers Mannheimer Abendzeitung und stellte sie ein. Eichelsdörfer kehrte als Redakteur zur "Neuen Badischen Landes-Zeitung" zurück.