1300 arbeiten für 17

Wie beide Familien-Gruppen ihr Kapital in einen Topf warfen

Ungeachtet ihrer kapitalmäßigen Verflechtung blieben "Mannheimer Morgen" und "Mannheimer Großdruckerei" zunächst noch getrennte Unternehmen, die sich jeweils mehrheitlich im Besitz einer Familien-Gruppe befanden. Allerdings traten nun an die Stelle der ursprünglichen Anteilseigner bereits deren Kinder oder der Schwiegersohn.

Beim "Mannheimer Morgen" sah dies so aus, daß nur noch Karl Ackermann voll über seinen Anteil von 32 1/3 Prozent verfügte. Der ehemalige Mitlizenzträger Schilling hatte sich Ende 1969 aufs Altenteil zurückgezogen. An seine Stelle trat Sohn Rainer, der außer einem der Geschäftsführerposten auch einen Anteil von 6 2/3 Prozent übernahm. Weitere 5 Prozent erhielt Tochter Constanze, so daß dem alten Schilling noch 20 2/3 Prozent verblieben. Die übrigen Beteiligungen am "Mannheimer Morgen" hielten mit 32 l/3 Prozent die Besitzer der Großdruckerei und der Geschäftsführer Helmut Hönig mit 3 Prozent. (155) Der 1978 verstorbene Hönig hatte 1922 als Verlagslehrling beim "General-Anzeiger" angefangen, war dann in der Buchhaltung der "Neuen Mannheimer Zeitung" tätig und brachte es nach dein Krieg - dank der Protektion durch seinen Gönner Kolb - zum Verlagsleiter und Mini-Anteilseigner des "Mannheimer Morgen". (156) Insgesamt gab es auf dieser Seite also - von der Kapitalverflechtung mit der Großdruckerei abgesehen - fünf Eigentümer.

Etwas komplizierter sah es auf der anderen Seite aus: Die Familien Bode, Bauser und Kolb hielten ihre mehrheitliche Beteiligung an der "Mannheimer Großdruckerei" und sonstige Beteiligungen nicht direkt, sondern über die "Verlag Dr. Haas KG" als Holdinggesellschaft. Geschäftsführer des so entstandenen Druck- und Verlagskonzerns waren Christian Kolb und Hermann Bauser. Anfang der sechziger Jahre wurde der Kreis der Gesellschafter um Bausers Sohn Paul-Heinz und Kolbs Schwiegersohn Dr. Stetter erweitert. Stetter, der 1957 mit einer betriebswirtschaftlichen Studie über "Das Erfolgsproblem der Zeitungsunternehmung" an der Wirtschaftshochschule Mannheim promoviert hatte, wurde Ende 1964 zum Geschäftsführer der Großdruckerei bestellt. (157) Als Kommanditisten der "Verlag Dr. Haas KG" zeichneten Anfang der sechziger Jahre Dr. Gabriele Kull-Bauser, geborene Bauser, Zahnärztin in Pforzheim; Eleonore Bauser in Mannheim; Magdalene Bauser in Mannheim; Rosemarie Stetter, geborene Kolb, in Mannheim; Christa Gartner, geborene Kolb, in München; Dr. Ilse Bode; Michael Bode und Alexander Bode. Insgesamt also ein Dutzend Clan-Mitglieder, die über die "Verlag Dr. Haas KG" nicht nur die "Mannheimer Großdruckerei", sondern auch Beteiligungen am "Mannheimer Morgen", am "Heidelberger Tageblatt", den "Vereinigten Offsetdruckereien" (VOD) in Mannheim-Neckarau und weiteren Unternehmen besaßen. (155)

Trotz der engen kapitalmäßigen Verflechtungen zwischen Zeitung und Druckerei gab es also nach wie vor zwei Eigentümer-Kreise. Dieser Dualismus wurde nun beendet. Am 16. April 1971 entstand - rückwirkend zum 1. Januar 1971 - aus der "Mannheimer Morgen Verlagsgesellschaft mbH" und der "Mannheimer Großdruckerei GmbH" als einheitliches Unternehmen die "Mannheimer Morgen Großdruckerei und Verlag GmbH". Die 17 Einzelgesellschafter erhielten entsprechende Kapitalanteile an der "Verlag Dr. Haas KG", die als Holdinggesellschaft der neugegründeten "MMGD" fungierte.

An dieser Struktur des MMGD-Konzern hat sich seitdem im Prinzip nichts geändert. Nachzutragen bleibt die kurz darauf erfolgte Einstellung der "AZ". Im Januar 1974 wurde bekanntgegeben, daß die "Dr. Haas KG" mit den "Vereinigten Druck und Verlagsanstalten" kooperieren werde. (159)

Damit ergab sich folgende Konzernstruktur. (158)



Seit Juli 1979 firmiert die Vermögensverwaltungsgesellschaft des "MM"-Konzern als "Dr. Haas GmbH''. (160) Das Stammkapital wurde von zwei auf drei Millionen aufgestockt. Davon entfallen auf

Nach wie vor verteilt sich demnach das Eigentum am "MM"-Konzern auf 17 Einzelpersonen, die den fünf Familien Ackermann, Schilling, Bauser, Bode und Kolb zuzurechnen sind. Die ehemaligen Lizenzträger des "Mannheimer Morgen" und deren Angehörigen verfügen dabei über insgesamt 41 Prozent des Stammkapitals. Die ehemaligen Besitzer der "Neuen Mannheimer Zeitung" und der "Mannheimer Großdruckerei" haben ihrerseits Kindern, Anverwandten und Nahestehenden 59 Prozent hinterlassen.

Der Freiherren-Titel, den 5 der 17 Eigentümer im Namen führen, ist in den meisten Fällen erst nachträglich erworben worden. Bei den Schillings sind drei von vier Trägern des Adelsprädikats durchaus "bürgerlicher" Abkunft und erst später per Heirat bzw. Adoption nobilitiert worden. Renate Ackermann, die Tochter des ehemaligen Lizenzträgers, avancierte zur "Freifrau von Reiswitz und Kaderzin" erst in zweiter Ehe, nachdem sie zunächst mit dem Sohn des Verlegers und ehemaligen Lizenzträgers der "Heilbronner Stimme" verheiratet war.

Im Januar 1975 verlegte die MMGD den technischen Betrieb aus dem Druck-und Verlagskomplex am Marktplatz auf die "grüne Wiese" jenseits des Neckars. Umzug und Modernisierung sollen 35 Millionen Mark gekostet haben. Der Gesamtkonzern der "Dr. Haas KG" bezifferte aus diesem Anlaß seinen Umsatz im Jahre 1974 auf annähernd 100 Millionen Mark und die Zahl der Beschäftigten auf 1 300 Arbeiter und Angestellte. Die verbreitete Auflage des "Mannheimer Morgen" betrug etwa 94000 Exemplare; mit angeschlossenen Blättern, zu denen inzwischen noch die "Speyerer Tagespost" gekommen war, etwa 178000. (161)

Von der "Gründergeneration" des Konzerns lebten 1980 nur noch die beiden ehemaligen Lizenzträger Schilling und Ackermann. Aus dem Kreis der Großdruckerei-Besitzer war schon 1950 Dr. Fritz Bode gestorben. (155) 1972 folgte sein Schwager Hermann Bauser. (162) 1977 starb auch Christian Kolb. (163)

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