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Heinz Hug

Der tägliche Öko-Horror - So werden wir manipuliert

358 S., DM 39,90, Wirtschaftsverlag Langen Müller/Herbig 1997


Noch eine Abrechnung mit den Übertreibungen der Öko-Debatte. Und was für eine! Während Maxeiner und Miersch gewissermaßen mit dem Florett fechten, ist hier der Verfasser mit Säbel, Spieß und Rammbock zu Gange. "Der ganze Übertreibungszirkus fing an, als vor wenigen Jahren die Partei fürs Tannengrün im 68er Schlabberlook in die Parlamente einzog", poltert er schon auf der ersten Seite. Inzwischen hätten sich die "Biotop-Ritter" als Postenjäger entpuppt, die eine andere Republik wollten und denen der Umweltschutz nur als Vorwand diene. Das Wohl der Bevölkerung und die Arbeitsplätze seien ihnen vollkommen schnuppe. Besonders fatal sei der "unter grüner Sonne erblühende gesellschaftliche Wandel zu spätrömischen Verhältnissen".

Nicht nur die Grünen und die SPD sind ihm suspekt: "Sogar die einstmals konservative CDU spielt beim grünen Ringelpiez mit Anfassen mit." Besonders arg treibe es der "Geissler-Süssmuth-Pflüger-Dunstkreis". Und die FDP werde von linksliberalen Schwarmgeistern wie Frau Leutheuser-Schnarrenberger repräsentiert, obwohl zwei Drittel der FDP in Grundsatzfragen wie dem "Lauschangriff" ganz anders dächten.

Schade. Durch seine unreflektierte Schimpferei riskiert der Autor, auch dort nicht ernst genommen zu werden, wo er tatsächlich Argumente anführt und wo es um das eigentliche Thema geht: Die teilweise aufgebauschten Umweltrisiken. Als gelernter Chemiker hat er nämlich durchaus ein Gespür dafür, wo bei vielen "Quatschthemen", wie er sie nennt, aus naturwissenschaftlicher Sicht die Schwachpunkte liegen.

Beispielsweise läßt sich seiner Kritik im sachlichen Kern folgen, wenn er dem "Nano-, Piko- und ppm-Klapperstorch" die Flügel stutzt, die Mißtöne der "Dioxintrompete" untersucht oder die "Grenzwertkomödianten" unter die Lupe nimmt. Ebenso hat er im Prinzip recht, wenn er die "Elektrosmog"-Debatte für eines der "neuesten Spielzeuge im bundesdeutschen Angstseuchenparadies" hält und die Ängste vor gesundheitlichen Gefahren durch elektrische und magnetische Felder der Stromversorgung als völlig unbegründet zurückweist.

Was er zu gesellschaftspolitischen Fragen äußert, muß ebenfalls nicht schon deshalb falsch sein, weil es die Geßlerhüte der "political correctness" mißachtet. So läßt sich ihm schlecht widersprechen, wenn er die Pläne zur weiteren Herabsetzung des Wahlalters auf sechzehn Jahre als Schnapsidee empfindet.

Aber meistens überzieht er - unnötigerweise - mit seiner Polemik, statt die Fakten für sich sprechen zu lassen. Vor allem verquickt er das Richtige, was er zu sagen hat, mit einer rechtspopulistischen Gesellschaftskritik, die genauso ressentimentgeladen wie naiv wirkt. Zum Beispiel unterstellt er, daß die Übertreibungen der Umweltdiskussion auf bewußter "Manipulation" beruhen würden. Seine Lieblingsfeinde sind dabei die "Achtundsechziger", die er an den Schalthebeln der Medien sitzen und dort die öffentliche Meinung usurpieren sieht. Zum Beispiel in den Redaktionen von stern, Spiegel, tageszeitung, Süddeutsche Zeitung, Die Zeit und Frankfurter Rundschau. Zum Glück gebe es wenigstens einen Lichtblick in Gestalt des Magazins Focus ...

Über Geschmack läßt sich nicht streiten. Aber die fixe Idee, daß es in Politik und Medien wie in einem Marionettentheater zugehe, wo die Fäden hinter den Kulissen in den Händen von wenigen Agierenden zusammenlaufen, gehört zum Repertoire aller populistischen Vereinfacher, ob sie von rechts oder von links kommen. Sie hat zugleich etwas ungemein Tröstliches, denn sie unterstellt, daß nur die richtigen Leute an den Fäden ziehen müßten, um die Welt in Ordnung zu bringen.

Wenn wirklich alles so einfach wäre, müßten beim Verlag Langen Müller/Herbig, der dieses Buch herausgebracht hat, mindestens zwei Gruppen von Manipulateuren sitzen, die sich spinnefeind sind: Die einen wären verantwortlich für die Panikmache mit dem Elektrosmog-Buch, das in der letzten Ausgabe des PresseBLICK besprochen wurde. Die anderen hätten das jetzt vorliegende Buch drucken lassen, das unter anderem mit der "Elektrosmog"-Panikmache scharf ins Gericht geht...

(PB 6/97/*leu)