PresseBLICK-Rezensionen | Geschichte (Strom u. a.) |
Es gibt Sachbücher, die man bei aller Sachlichkeit gern zur Entspannung liest, weil sie eingängig geschrieben und hervorragend illustriert sind. Dazu gehört die Sigloch-Reihe "Die großen Erfindungen", die auf 13 großformatige Bände mit etwa 4250 Seiten angelegt ist und eine opulent-unterhaltsame Darstellung der Technikgeschichte bietet.
Der nunmehr vorliegende Band über "Bergbau/Kohle, Erdöl" ist den fossilen Primärenergien gewidmet, die unser technisch-industrielles Zeitalter überhaupt erst ermöglicht haben. Zuvor spielten diese Energieträger kaum eine Rolle. Selbst da, wo man sie nur aufzuheben brauchte, wie an der Ruhr, galten die brennbaren schwarzen Kohlensteine eher als Arme-Leute-Brennstoff. Wer es sich leisten konnte, heizte nicht mit stinkender Kohle, sondern mit würzig duftendem Holz.
Die ersten fünfzig Seiten beschreiben die Entstehung der Stein- und Braunkohlenvorräte vor rund 70 Millionen Jahren, ihre geografische Verbreitung und chemische Zusammensetzung. Es folgen 180 Seiten über die Entwicklung des Bergbaues, über Gewinnungsmethoden, Förderung, Wasserhaltung oder Grubenbewetterung. Auch Details wie die Entwicklung des Geleuchts der Bergleute vom Kienspan über Öllampe, Karbidlampe und Sicherheits-Wetterlampe bis zur elektrischen Kopfleuchte werden anschaulich gemacht. Das Kapitel Bergbau/Kohle schließt mit knapp dreißig Seiten über Techniken der Aufbereitung, die Brikettfertigung, den Einsatz von Kohle zur Stromerzeugung sowie Verkokung, Vergasung und Verflüssigung.
Das restliche Drittel des Bandes nimmt mit knapp hundert Seiten der Komplex "Erdöl" ein. In diesem Zusammenhang wird, allerdings nur an untergeordneter Stelle, auch das Erdgas behandelt. Die Schilderung führt wiederum querbeet durch den historischen Küchengarten, vom "Pech der Sintflut" und dem "Erdöl in Nebukadnezars Badezimmer" bis zu neuzeitlichen Explorationstechniken, Off-shore-Bohrungen und Supertankern.
Die Stärke des Bandes liegt in der gelungenen Verbindung von Text und Illustration, Allgemeininformation und Anekdotischem, Reminiszenz und Aktualität. Weitergehende Ansprüche wird man an eine solche unterhaltsame Technikgeschichte nicht stellen dürfen. So eignet sie sich trotz des Stichwortregisters nur bedingt zum gezielten Nachschlagen von technischen Erfindungen und Sachverhalten. Sie eignet sich aber sicherlich als prachtvolles Geschenk für alle, die in irgendeiner Weise mit dem hier behandelten Bereich von Bergbau, Kohle und Öl zu tun haben.
Bei der Fülle von Informationen, die der Verfasser aus den verschiedensten Quellen zusammengetragen hat, verwundert es ein bißchen, so gut wie keinen Hinweis auf die drohende Erschöpfung der fossilen Energieträger zu finden. Man liest auch nichts über den Treibhauseffekt als Folge des rasant gestiegenen Abbaues seit dem vorigen Jahrhundert. Dafür wird ein Beschluß des Rates der Stadt Dortmund aus dem Jahr 1646 erwähnt, der die Erweiterung des Kohleabbaues verboten habe, "damit die Nachkommen auch noch Kohle finden mögen". Das klingt aus heutiger Sicht natürlich skurril. Es sollte aber nicht die Notwendigkeit verdecken, sparsamer mit den fossilen Energie-Ressourcen umzugehen und CO2-freie Energieträger zu favorisieren.
(PB 4/92/*leu)