PresseBLICK-Rezensionen | Geschichte (Strom u. a.) |
Die vorliegende Arbeit entstand im Auftrag von Partei und Bundestagsfraktion der Grünen sowie der Fraktion der Alternativen Liste im Berliner Abgeordnetenhaus. Sie aktualisiert ein von den Autoren mitverfaßtes Gutachten aus dem Jahr 1987 zum Thema "Alternative Energiepolitik in der DDR und in West-Berlin / Möglichkeiten einer exemplarischen Kooperation in Mitteleuropa".
Auf der Basis des Gutachtens von 1987, dessen politische Prämissen durch die Entwicklung überholt worden sind, liefern die Autoren eine Bestandsaufnahme der energiepolitischen Situation in den neuen Bundesländern. Zugleich versuchen sie, Ansatzpunkte für eine neue, "alternative" Energiepolitik aufzuzeigen. Sie sind nämlich überzeugt davon, daß es "mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Umkehr der energiepolitischen und energietechnologischen Entwicklung in den 90er Jahren" komme. Es sei eine rasch wachsende Nachfrage nach "alternativen" Technologien zu erwarten, auch ohne zusätzliche "Schockwirkungen wie im Falle der Tschernobyl-Katastrophe, des Waldsterbens oder neuer Klimabeeinträchtigungen".
Der Umbruch in der energiepolitischen Landschaft der ehemaligen DDR hätte ihrer Ansicht nach die Chance geboten, eine Entwicklung voranzutreiben, die ohnehin im Trend der Zeit liege, in den alten Bundesländern aber von den festgefügten Strukturen der Energiewirtschaft behindert werde. Gemeint ist die "Dezentralisierung" der Stromversorgung: Auf der technischen Ebene die Abkehr vom Großkraftwerk und der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, auf der politischen Ebene die Verlagerung vom Verbundunternehmen zur Stromerzeugung in kommunaler Regie. Und dies alles begleitet von Energiesparmaßnahmen und der Forcierung erneuerbarer Energien. Ein relativ hohes Energiepreisniveau in den fünf neuen Bundesländern erscheint ihnen dabei eher als wünschenswert, um die Marktfähigkeit von "alternativen" Energien zu begünstigen.
Die Stromverträge vom Sommer 1990 hätten freilich diese Chancen zunichte gemacht. Ungeachtet der noch offenen juristischen Auseinandersetzung, die sich bei Abschluß der Arbeit (Anfang Mai 1991) bereits abzeichnete, glauben die Autoren zusammenfassend feststellen zu können: "Die in den Stromverträgen formulierten Regelungen übertragen die seit über 20 Jahren ordnungs-, energie- und umweltpolitisch umstrittene Organisationsstruktur der Energiewirtschaft in der ehemaligen Bundesrepublik auf das Gebiet der früheren DDR. Bayernwerk AG, RWE Energie AG und PreussenElektra konnten nicht nur die Stromerzeugung und das überregionale Hochspannungsnetz, sondern auch die Versorgung der Mehrheit der Letztverbraucher unter ihre Kontrolle bringen. Die Chance einer Neustrukturierung der Energiewirtschaft auf dem Gebiet der neuen Bundesländer wurde damit zunächst einmal vergeben."
Damit, so das resignative Fazit der Autoren, bleibe auch in den neuen Bundesländern als Reformmöglichkeit nur "der mühevolle Weg, wie er in den alten Bundesländern begangen wird". Dieser Weg sei im Osten sogar noch einiges mühevoller, da dort die Verhältnisse für die nächsten 20 Jahre festgeschrieben seien, während sich im Westen mit dem Auslaufen vieler Konzessionsverträge die Möglichkeit zu einer Kommunalisierung der Energieversorgung eröffne.
(PB 11/91/*leu)