PresseBLICK-Rezensionen | Erneuerbare Energien |
Windkraftanlagen sichern nicht nur eine fünfstellige Zahl von Arbeitsplätzen hierzulande, wie die Branche gern betont, sondern auch ein kleines Arbeitsbeschaffungsprogramm für Juristen. Denn wo solche Anlagen entstehen, sind immer auch juristische Fragen zu beachten. Nicht zuletzt häufen sich die rechtlichen Auseinandersetzungen mit Anwohnern oder Naturschützern, die den Lärm oder die "Verspargelung" der Landschaft nicht widerspruchslos hinnehmen wollen.
Die vorliegende Schrift wurde von der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen im Sommersemester 1996 als Dissertation angenommen. Die nach Abschluß der Arbeit in Kraft getretene Privilegierung von Windkraftanlagen im Außenbereich wurde in einem Nachtrag berücksichtigt. Ebenso findet sich dort der Gesetzentwurf, den Schleswig-Holstein zur Änderung des Stromeinspeisungsgesetzes eingebracht hat, und der zum Teil in die jetzt beschlossene Novellierung des Stromeinspeisungsgesetzes miteinging.
Der Titel ist insofern ein bißchen irreführend, als es um juristische Fragen der Windenergie geht und nicht etwa darum, wieweit diese intermittierende Energie einen effektiven Beitrag zur Stromversorgung leisten kann. Nur in der Einleitung geht der Verfasser kurz auf technische, wirtschaftliche und politische Aspekte der Windenergie ein. Er bemerkt dabei richtig, "daß die in den letzten Jahren zu verzeichnende deutliche Steigerung von im Betrieb befindlichen Windenergieanlagen entscheidend abhängig war und ist von der staatlichen Förderung in Form von Investitionszuschüssen und der gesetzlich subventionierten Einspeisungsvergütung". Ebenso entgeht ihm nicht, daß "nach Jahren der nahezu grenzenlosen Zustimmung" inzwischen "zumindest von einer wachsenden Kritik an einer ungebremsten Zunahme der Windenergieanlagen" gesprochen werden könne.
Er selbst scheint die Windenergie für eine echte Alternative zur Kernkraft und zu fossilen Kraftwerken zu halten, wie aus seinen einleitenden Bemerkungen hervorgeht. Im anschließenden juristischen Teil findet er auch rechtlich nicht viel an der gegenwärtigen Praxis auszusetzen. So widerspricht er der Auffassung des Verfassungsrechtlers Arndt, daß das Stromeinspeisungsgesetz als "verkleidete" Sonderabgabe genauso verfassungswidrig sei wie der Kohlepfennig. Seines Erachtens stellt das Stromeinspeisungsgesetz nicht nur normativ, sondern auch materiell keine Sonderabgabe dar. Es handele sich vielmehr um eine "preisgestaltende Subventionierung regenerativer Energien zur Ressourcenschonung sowie des Schutzes der Erdatmosphäre", die verfassungsrechtlich jedenfalls dann zulässig sei, wenn gewichtige Gründe des Gemeinwohls einen solchen Eingriff rechtfertigen.
Leser des EVU-Bereichs werden also aus dieser Dissertation nicht allzuviel Honig saugen können, wenn sie juristisch zum Stromeinspeisungsgesetz Stellung beziehen wollen. Sie gibt aber doch einen interessanten Überblick über die Vielfalt rechtlicher Probleme, die im Zusammenhang mit der Windenergie auftauchen.
(PB 11/97/*leu)