PresseBLICK-Rezensionen | Stromwirtschaft |
Die Ermittlung von Durchleitungsentgelten erfolgt derzeit noch auf der Basis einer vorläufigen Vereinbarung zwischen der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und dem Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), die parallel zum neuen Energierecht in Kraft trat und bis Ende September dieses Jahres befristet ist. Diese freiwillige Verbändevereinbarung enthob die Bundesregierung der Notwendigkeit, eine Rechtsverordnung zur Durchleitungsregelung zu erlassen, wie sie das neue Energierecht vorsieht, falls es zu keinem Konsens der Beteiligten kommt.
Diese Verbändevereinbarung enthält keine festen Preise, sondern regelt in unverbindlicher Weise das Verfahren zur Berechnung der Entgelte für die Stromdurchleitung. Als Kalkulationsgrundlage dient dabei die Methode, die die Stromversorger bereits früher im Rahmen ihrer Strompreisgenehmigungsverfahren gegenüber den Aufsichtsbehörden anwandten. Grundsätzlich sind die Entgelte auf allen Spannungsebenen nicht entfernungsabhängig, sondern unterliegen einem sogenannten "Briefmarken-Tarif". In der Höchstspannungsebene des Verbundnetzes (380/220 kV) wird allerdings bei Durchleitungen über mehr als 100 Kilometer Luftlinie ein entfernungsabhängiger Anteil von 0,125 DM pro Kilowatt, Kilometer und Jahr berücksichtigt. Dies ist der einzige Preisbestandteil, dessen Höhe in der Verbändevereinbarung festgelegt wird. Die entfernungsabhängige Komponente des Durchleitungsentgelts sollte als Anreiz dienen, den Strom möglichst verbrauchsnah zu erzeugen.
Der Verbändevereinbarung selber lassen sich also keine konkreten Durchleitungsentgelte entnehmen. Auch sonst ergeben sich beim Wechsel des Stromlieferanten eine ganze Reihe von Fragen. Mit dem "Praxisleitfaden Stromdurchleitung" will der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft VIK) solche Fragen beantworten und damit seinen Mitgliedern eine Arbeitshilfe zum kostengünstigen Stromeinkauf bieten. Der Praxisleitfaden beschreibt das Vorgehen bei der Prüfung laufender Verträge, bei der Einholung von Wettbewerbsangeboten und bei der Verwirklichung der Durchleitung. Im Anhang findet man Tabellen mit den Netznutzungspreisen einiger großer Netzbetreiber. Der Stromeinkäufer soll dadurch in die Lage versetzt werden, seine Netznutzungskosten ohne Anfrage an den Netzbetreiber direkt zu ermitteln.
Besonders interessant ist ein Vergleich der Netznutzungsentgelte von sechs Verbundunternehmen, wie er sich auf der Grundlage von sechs unterschiedlichen Durchleitungsfällen im Januar dieses Jahres darstellte: Das verlangte Entgelt differierte im arithmetischen Mittel der sechs angenommenen Durchleitungsfälle zwischen 2,23 Pf/kWh und 3,05 Pf/kWh.
Weitere Hilfestellung bei der Anwendung der derzeit gültigen Verbändevereinbarung zur Durchleitung bietet ein Papier, das eine Projektgruppe der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) erarbeitet hat, deren Mitglieder aus Unternehmen aller Versorgungsstufen kamen. Auf 37 Seiten erläutert es die einzelnen Punkte, die bei den Kalkulationsgrundlagen, der Preisbildung, der Bearbeitung und Abwicklung von Durchleitungen sowie der Abrechnung und Information zu beachten sind. Zum Beispiel gibt es Hinweise, wie Baukostenzuschüsse des Abnehmers zu Netzanlagen in der Durchleitungsberechnung kostenmindernd zu berücksichtigen sind. Oder wie der Informationsfluß bei einer Durchleitung vonstatten geht. Die Projektgruppe will auf diese Weise ein einheitliches Verständnis bei der Umsetzung der Verbändevereinbarung erreichen. Zugleich will sie damit einen Beitrag zu mehr Transparenz und Akzeptanz bei den Netznutzern leisten.
Freilich wird auch dieses Papier - genauso wie der Praxisleitfaden des VIK zur Durchleitung - in Kürze in wesentlichen Teilen überholt sein: Die neue Verbändevereinbarung, über die derzeit noch verhandelt wird, soll das Verfahren wesentlich vereinfachen.
(PB Juni 1999/*leu)