PresseBLICK-Rezensionen Stromwirtschaft


 

PHOTON - das Solarstrom-Magazin

Erstausgabe März/April 96, 50 Seiten, DM 6.-, Erscheinungsweise zweimonatlich


informationsdienst Erneuerbare Energien

Erstausgaben 01/96 + 02/96, je 8 Seiten, DM 360.- im Jahresabo, Erscheinungsweise 14täglich


Fachleute und Freaks der Erneuerbaren Energien haben allmählich die Qual der Wahl, wenn sie sich aktuell informieren wollen. Neben einer Flut von Literatur wächst auch die Zahl der Periodika, die sich dieses speziellen Gebiets annehmen. Dies geschieht allerdings mit sehr unterschiedlicher Bandbreite, Ausführlichkeit und Häufigkeit des Erscheinens. Zu nennen wäre hier etwa das DEWI-Magazin des Deutschen Windenergie-Instituts (zweimal jährlich), der "Energie-Dialog" des Forums für Zukunftsenergien (drei- bis viermal jährlich), die "Neue Energie" (monatliche Mitgliederzeitschrift des Interessenverbands Windkraft Binnenland e.V.), die "Sonnenenergie" (zweimonatliches Organ der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie) oder auch das "Solarzeitalter" (vierteljährliches Organ der Vereinigung Eurosolar). Den wohl breitesten und zugleich sachlich fundiertesten Überblick vermittelt bisher die Zeitschrift "Sonnenenergie & Wärmetechnik", die zweimonatlich als Fachblatt für die Solarbranche herauskommt. Neben den Schwerpunkten Solarwärme, Photovoltaik und Windenergie wirft sie auch ein Auge auf Brennwerttechnik, Blockheizkraftwerke und Wärmepumpen.

Ein ziemlich großes Angebot also, das vom Fachblatt für den Solartechniker bis zur ideologischen Vollwertkost für den Fanclub von "Eurosolar" reicht. Die beiden vorliegenden Neuerscheinungen werden es deshalb nicht ganz leicht haben, sich in diesem Umfeld zu behaupten, obwohl jede für sich in einer Marktlücke stößt, die in dieser Weise bisher nicht besetzt war.

Da wäre zunächst die neue Zeitschrift PHOTON, die künftig alle zwei Monate erscheinen soll. "Noch nie hat es in Deutschland eine Fachzeitschrift speziell über die solare Stromerzeugung gegeben", schreibt Chefredakteurin Anne Kreutzmann in ihrem Vorwort. Dabei sei das Interesse an einer solchen Zeitschrift enorm. Durch kostendeckende Vergütung für die Netzeinspeisung werde es "immer mehr Menschen möglich, ohne eigene finanzielle Belastung selbst eine Solarstromanlage zu bauen".

Damit hat sie die Zielgruppe dieser neuen Zeitschrift ziemlich genau umrissen: Sie will hauptsächlich solche Käufer und Leser ansprechen, die durch die erkleckliche und teilweise sogar kostendeckende Subventionierung der solaren Netzeinspeisung animiert werden, sich eine eigene Photovoltaik-Anlage aufs Dach zu setzen. Sie wendet sich weniger an die Profis der Solarbranche als an das breite Publikum, mehr an den Freak als an den Fachmann und eher an den "User" als an den Installateur.

Ein "special interest"-Blatt für Photovoltaik

Entsprechend handelt es sich weniger um eine Fachzeitschrift als um einen Neuzugang in der Gattung der "special interest"-Blätter, die zwischen den Fachzeitschriften im herkömmlichen Sinn und den allgemeinen Publikumszeitschriften angesiedelt sind. Solche "special interest"-Blätter leben von einer schmalen Themenpalette, die aber nach allen Regeln der journalistischen Kunst ausgewalzt wird. Ihre Faszination besteht in der Wiederkehr des Immergleichen in variierter und aktualisierter Form. Angefangen hat es wohl mit der Sport- und Motorpresse. Eine der Wurzeln führt vielleicht auch zur Regenbogenpresse, die dem Schicksal gekrönter Häupter unablässig neue Seiten abgewinnt. Inzwischen gibt es "special interest"-Zeitschriften für praktisch alle Lebens- und Interessenbereiche. Zum Beispiel für "Biker", die den eigentlich sehr simplen Mechanismus des Drahtesels als hochkomplizierte Materie entdeckt haben und neben modischem Outfit ständig brandneue Infos über Cantilever-Bremsen, Molybdän-Rahmen und Shimano-Schaltungen benötigen. Eine ähnlich süchtig machende Mischung aus Durchblick und Konfusion erzeugt die Sintflut der Computer-Zeitschriften.

Womit wird PHOTON die Leser fesseln? - Beim Blick in die erste Ausgabe stößt man zunächst auf sechs Seiten zum Thema der kostendeckenden Vergütung für die Einspeisung von Solarstrom. In den weiteren Artikeln geht es um einen Modulhersteller in Spanien, die 13. PV-Konferenz in Nizza, eine künstlerisch gestylte PV-Anlage in einer ehemaligen Kiesgrube, die architektonische Einbindung von Solarmodulen in Fassaden, Fortschritte bei der Modulfertigung, Möglichkeiten zur Färbung von PV-Zellen und Untersuchungen zum Wirkungsgrad. Zum Abschluß gibt es eine Übersicht der am Markt erhältlichen PV-Module und die Effektiv-Werte der Sonneneinstrahlung in den beiden zurückliegenden Monaten. Die Vorschau auf die nächste Ausgabe lockt mit Artikeln über Silizium-Produktion, Solardachziegel, das jährliche PV-Symposion in Staffelstein und einer Marktübersicht zu Wechselrichtern.

Keine schlechte Mischung. Die Zeitschrift ist journalistisch gut gemacht. Wer Interesse an Photovoltaik hat, ohne sich gleich in die Fachliteratur hineinknien zu wollen, kann mit der angebotenen Themenpalette wie auch den einzelnen Sachinformationen zufrieden sein. Allerdings frönt er einem kostspieligen Hobby. Eine PV-Anlage, die theoretisch den Bedarf eines Haushalts decken könnte, kostet soviel wie ein Auto der oberen Mittelklasse. Vor allem ist der so erzeugte Strom um ein Vielfaches teurer als der Strom aus der Steckdose. Sogar dann, wenn die Subventionierung für Netzeinspeisung in Anspruch genommen wird. Man muß also schon einiges Geld übrig haben, um sich den Idealismus nicht trüben zu lassen. Unter diesem Handikap leidet naturgemäß auch eine Zeitschrift, die hauptsächlich auf die Leserschaft solcher Idealisten setzt.

Einspeisung soll kostendeckend vergütet werden

Kein Wunder also, daß die Forderung nach einer kostendeckenden Vergütung für die Netzeinspeisung von Solarstrom bereits die erste Ausgabe beherrscht. Auf den Seiten 10/11 findet man eine "Übersicht über den Stand der kostendeckenden Vergütung in Deutschland". Sie scheint penibel recherchiert zu sein. Demnach gibt es derzeit 20 Stadtwerke, die eingespeisten Solarstrom noch wesentlich höher subventionieren als das Stromeinspeisungsgesetz vorschreibt. In der Regel vergüten sie die Kilowattstunde mit satten zwei Mark. Die Kosten dafür trägt die Gesamtheit der Stromverbraucher dieser Städte durch einen entsprechenden Aufschlag auf den Strompreis, der bis zu einem Prozent betragen darf.

Wie aus dieser Übersicht hervorgeht, wird in weiteren 22 Städten über ähnlich hohe Einspeisevergütungen zumindest diskutiert. Es folgen Informationen über Zuschüsse zu Photoltaik-Anlagen, die 13 der 16 Bundesländer in unterschiedlichem Ausmaß gewähren. Eine weitere Seite widmet sich dem Förderprogramm des Bundes für die erneuerbaren Energien, das für die Photovoltaik fünf Millionen Mark vorsieht.

Nur mäßige Begeisterung für Anlagenförderung und das "Cyrus"-Projekt von Greenpeace

Die PHOTON-Redaktion hält die Bundesförderung der Photovoltaik nicht nur für lächerlich gering, sondern auch für falsch angelegt, weil die kostendeckende Vergütung eingespeisten Stroms der Gewährung von Zuschüssen zum Anlagenbau vorzuziehen sei. Aus demselben Grund kann sie sich für die Forderung der SPD nach einem "100 000-Dächer- und Fassadenprogramm" nur mäßig begeistern. Dasselbe gilt für das "Cyrus"-Projekt von Greenpeace, das die Anschaffung einer 2 kW-Hausdachanlage zum Preis von nur 25 000 Mark ermöglichen soll. In diesem Fall kommt erschwerend hinzu, daß die mittelständische Solarbranche durch den Niedrigpreis schwer verunsichert wurde. Der "Cyrus"-Preis sei nur dadurch möglich, daß Greenpeace praktisch die Kosten für Marketing und Vertrieb übernehme, heißt es in einem Kommentar. Dadurch würden aber "heute Strukturen zerstört, die morgen wieder gebraucht werden, wenn Greenpeace seine Kampagne beendet".

Die mittelständische Solarbranche ist - das darf in diesem Zusammenhang durchaus sachlich angemerkt werden - mit Abstand der wichtigste Anzeigenkunde für PHOTON. Beim Durchblättern des Heftes stößt man hauptsächlich auf Anzeigen von Anbietern kompletter Systeme. Aber auch für einzelne Komponenten wie Wechselrichter und Solardachziegel wird geworben.

Weit mehr als das "Cyrus"-Projekt von Greenpeace dürfte diesen Inserenten ein PHOTON-Artikel behagen, der mit der "Kostenreduktion um jeden Preis" ins Gericht geht. Der Verfasser ist Mitarbeiter eines amerikanischen Marktforschungsinstituts. Mit bemerkenswertem Realismus spricht er der Photovoltaik die Fähigkeit ab, "in absehbarer Zukunft" mit den konventionellen Energien konkurrieren zu können. Deshalb sei es der falsche Weg, allein auf die Verbilligung und Verbesserung des Wirkungsgrads zu setzen, um die Solarzellen irgendwann doch für die Stromerzeugung in größerem Umfang verwenden zu können. Die Photovoltaik müsse vielmehr unter dem schützenden Dach der "Werte des privaten Marktes" entwickelt werden.

Im Klartext kann das nur heißen: Die Photovoltaik bleibt bis auf weiteres untauglich für die Stromerzeugung größeren Stils. Dennoch kann ein ertragreicher Markt daraus entstehen, wenn man die Begeisterung von Privatleuten für die Photovoltaik marketingmäßig nutzt und politisch als Druckmittel für die Durchsetzung kostendeckender Einspeisevergütungen verwendet.

Im Unterschied zu Landwirten oder Bergleuten brauchen sich solche Subventionsempfänger nicht als fußkranke Nachhut zu fühlen. Im Gegenteil: Die meisten PV-Idealisten fühlen sich als Avantgarde. Sie reizt gerade der Nimbus des Pioniers, der einer leider noch sehr unrentablen, aber zukunftsträchtigen Energiequelle den Weg bahnen hilft. Dies um so mehr, als hohe Subventionen die Sache so risikolos machen wie den Ruf der Wildnis und des Abenteuers bei einem Adventure-Trip von Marlboro. Aufgrund einer symbiotischen Verquickung von Leser- und Verlagsinteresse macht die Forderung nach möglichst hohen Einspeisevergütungen die "raison dÕêtre" dieser Zeitschrift aus. Sie dürfte noch entsprechend oft in PHOTON erhoben werden.

Ein Windkraft-Unternehmen verlegt neuen Info-Dienst über Erneuerbare Energien

Aus dem Boden, der durch das Stromeinspeisungsgesetz und andere Subventionen gedüngt wurde, sprießt als weiteres neues Pflänzchen der "idEE - informationsdienst Erneuerbare Energien". Die Firma WINKRA war bisher als Planer und Projektierer von Windparks bekannt. Nun macht sie als "WINKRA - RECOM Messe und Verlags-GmbH" den Verleger dieses neuen Informationsdienstes, der seit Anfang dieses Jahres alle zwei Wochen erscheint. Man darf deshalb wohl vermuten, daß sie damit das anstrebt, was man neuerdings als "Synergie-Effekte" bezeichnet: Zum einen liegt es nahe, sowieso vorhandenes Branchenwissen und Personal für die Herausgabe eines solchen Informationsdienstes zu nutzen. Zum anderen - und vielleicht noch wichtiger - läßt sich ein solcher Dienst auch marketingmäßig einsetzen.

Das schließt nun freilich keineswegs aus, daß ein solcher Dienst auch für andere von Nutzen ist. Die ersten beiden Ausgaben machen einen recht guten Eindruck. Man findet zahlreiche Informationen aus allen Bereichen der Erneuerbaren Energien sowie Hinweise auf Veranstaltungen und Dokumente, die in dieser Aktualität, Breite und Fülle zugleich keine andere Publikation bietet. Hilfreich könnte dieser Dienst zum Beispiel für Mitarbeiter von Energieagenturen sein, zumal dem Abonnenten auch die kostenlose Benutzung einer "idEE InfoLine" angeboten wird.

Das Jahresabonnement kostet allerdings 360 Mark. Diese Summe wird wohl nur ausgeben, wer den Erneuerbaren Energien ein intensives fachliches Interesse entgegenbringt. Und das in voller Bandbreite. Die Zahl der Abonnenten dürfte sich deshalb in Grenzen halten, zumal die einschlägigen Etats eher gekürzt als aufgestockt werden.

Der Dienst wirkt sorgfältig redigiert. Dennoch ist eine Information bestimmt falsch, die im Kopf der beiden ersten Ausgaben steht: Sie sind auf den "17.01.1995" und den "31.01.1995" datiert...

(PB 3/96/*leu)