Februar 1997 |
970203 |
ENERGIE-CHRONIK |
Am 27.2. beschuldigten sich Regierung und Opposition im Bundestag gegenseitig, mit ihrer jeweiligen Haltung zu den Castor-Transporten die Lage zu verschlimmern. Mit den Stimmen der Koalition und bei Enthaltung fast aller SPD-Abgeordneter billigte der Bundestag einen Antrag von Union und FDP, der die Verantwortlichen auffordert, konsequent gegen Gewalttäter vorzugehen. Ein Antrag der Bündnisgrünen, auf den Transport zu verzichten, wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt.
In einer Regierungserklärung bezeichnete Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) das Festhalten an der Kernenergie als unerläßlich. Dagegen könne man zwar friedlich protestieren. Wer jedoch Gewalt verübe, dulde oder befördere, werde auf eine entschlossene Antwort der Staatsgewalt treffen. Auch Umweltministerin Angela Merkel (CDU) lehnte einen Verzicht auf den Castor-Transport ab. Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) sah bei einem Verzicht auf die Kernenergie den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet.
Dagegen verlangten Redner der SPD einen
allmählichen Ausstieg aus der Kernenergie. Die Sicherheit
der Energieversorgung werde dadurch nicht gefährdet, erklärte
der umweltpolitische Fraktionssprecher Michael Müller, da
es hohe Überkapazitäten gebe. Die Stromversorger wollten
keine neuen Kernkraftwerke, hielten aber an den abgeschriebenen
Kernkraftwerken fest, weil sie damit Profit machen könnten.
Der Fraktionschef der Bündnisgrünen, Joschka Fischer,
warf Bundesinnenminister Kanther vor, er sei mit seinen Äußerungen
angesichts der bevorstehenden Kommunalwahl in Hessen am rechten
Rand auf Stimmenfang gegangen. PDS-Redner verlangten, alle Kernkraftwerke
binnen eines Jahres abzuschalten (SZ, 28.2.; FAZ, 28.2.).