Juli 1993 |
930715 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Preisschere zwischen heimischer Steinkohle und Importkohle hat sich weiter denn je geöffnet. Während Importkohle zu Weltmarktspreisen von derzeit 74 DM pro Tonne gehandelt wird, muß für im Ruhrgebiet geförderte Industriekohle mit 288 DM nahezu der vierfache Preis gezahlt werden. Dennoch werde, so der Verband Deutscher Kohlenimporteure, aufgrund der angespannten Wirtschaftslage und der fortdauernden Stützung heimischer Kohle der Import 1993 um 10 Prozent sinken und nur noch 15 Mio. Tonnen betragen. Der Verband plädiert für einen höheren Anteil der Importkohle am Gesamtvolumen (SZ, 22.7.; Handelsblatt, 22.7.; Die Welt, 22.7.).
Der Deutsche Steinkohlebergbau erwartet spätestens bis zum Herbst ein Bonner Konzept zur Finanzierung der Kohlelasten. Dem im Dezember 1991 ausgehandelten Kohlekompromiß, der im Anschluß an den 1995 auslaufenden Jahrhundertvertrag Absatzmengen von 35 Mio. Tonnen zur Verstromung und von 15 Mio. Tonnen für andere Zwecke garantiert, fehle immer noch die finanzielle Konkretisierung. Die Finanzierungsregelung müsse auch gegenüber Brüssel wasserdicht und langfristig belastbar sein. Die langen Diskussionen um die Finanzierung hätten, so der Verband, zur Verunsicherung unter den Mitarbeitern geführt, zumal die Branche ohnehin durch den notwendigen Personalabbau unter Druck stehe.
Doch weniger aufgrund Brüsseler Widerstände, als vielmehr wegen der leeren Staatskassen droht die Kohlefinanzierung zum neuen Streitpunkt zu werden. Ob die Finanzierung über eine Kohlefinanzierungssteuer, durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer oder andere Regelungen erfolgen soll, scheint noch völlig offen. Die SPD möchte diese Frage keineswegs im Rahmen der Energiekonsensgespräche mit der Kernenergiefrage verknüpfen, während etwa Otto Majewski, Vorstandsvorsitzender des Bayernwerks, eindeutig eine Paketlösung fordert: "Wir stimmen z. B. einer Kohlefinanzierung nur dann zu, wenn die Gegenseite unseren Vorstellungen über eine Option zur Kernenergie entgegenkommt" (Neue Zeit, 3.7; FR, 5.7.; Handelsblatt, 14.7.; Saarbrücker Zeitung, 13.7.; DPA, 28.7.; Die Welt, 6.7.).