Juli 1993

930707

ENERGIE-CHRONIK


Verwaltungsgerichtshof in Kassel hebt Teilgenehmigungen für Hanau auf

Als schwerer Schlag gegen die Plutoniumverarbeitung und gegen das Konzept der Wiederaufarbeitung von Brennelementen wird das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Kassel vom 21.7.93 bewertet. Dieses hat drei der ersten vier von insgesamt sechs Teilgenehmigungen für den Neubau zur Plutoniumverarbeitung im Hanauer Siemens-Brennelementewerk aufgehoben. Siemens hat Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht angekündigt. Sollte das Unternehmen auch dort unterliegen, droht dem Land Hessen, dessen damaliger Umweltminister Weimar (CDU) die Genehmigung erteilt hatte, eine Klage auf Schadensersatz in Höhe von einer Milliarde DM. Bis zur endgültigen Entscheidung vor dem Bundesverwaltungsgericht dürften weitere zwei Jahre ins Land gehen. In dieser Zeit, so urteilt die Frankfurter Rundschau (22.7.), dürften die Arbeiten an der zu 90% fertigen Anlage eingestellt werden müssen, da die zum Weiterbau notwendigen Genehmigungen der hessischen Aufsichtsbehörden als unwahrscheinlich gelten. Auch auf eine mögliche Wiederinbetriebnahme der alten Anlage, die seit 1991 stilliegt, habe das Urteil Auswirkungen. Der für die Endmontage von Mox-Brennelementen notwendige "Raum 13" dieser Anlage sei im Zuge des Neubaus bereits mit einem höheren Sicherheitsstandard versehen worden, gehöre also de facto zur Neuanlage und unterliege somit dem obigen Urteil.

Siemens versichert zwar, am Standort Hanau festhalten zu wollen, jedoch sieht die Frankfurter Allgemeine (23.7.) die Entscheidungsträger dafür nicht im Hause Siemens selber: "Ob dies zutrifft, dürfte im wesentlichen von den Reaktionen der Bundesregierung und der Energieversorgungsunternehmen abhängen. Um den Entsorgungsauftrag zu erfüllen, könnten die Energieversorgungsunternehmen die Mox-Produktion auch bei ausländischen Werken in Auftrag geben."

Während der hessische Umweltminister Fischer das Urteil begrüßte, geht der CDU-Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag, Roland Koch, davon aus, daß das Urteil vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin keinen Bestand haben werde (Handelsblatt, 22.7.; Neue Presse, 22.7.; FR, 22.7.; FAZ, 23.7.).