April 1993 |
930416 |
ENERGIE-CHRONIK |
Elf Länder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) haben mit Unternehmen der deutschen Elektrizitätswirtschaft eine Zusammenarbeit bei der Stromerzeugung vereinbart. Ein entsprechender Vertrag wurde am 31.3. in München und am 1.4. in Düsseldorf unterzeichnet. Vertragspartner sind die für Energie und Strom zuständigen Minister der GUS-Staaten auf der einen sowie die Unternehmen Siemens, Veba, Bayernwerk und Viag auf der anderen Seite. Als Ziel der Vereinbarung wird "eine wirtschaftliche und umweltgerechte Stromerzeugung sowie die schrittweise Integration der Brennstoff- und Stromwirtschaft der GUS in den europäischen Energiemarkt" genannt (SZ, 1.4.; Handelsblatt, 2.4.).
Unter der Überschrift "Verlogene Geschäfte" behauptete das Magazin Öko Test (4/93), Bayernwerk und PreussenElektra planten die Verlagerung der Stromerzeugung aus Kernenergie nach Osteuropa. Als Beispiel wurde das slowakische Kernkraftwerk Mochovce genannt, wo sich beide Unternehmen gemeinsam mit der Electricité de France engagieren. Unter anderem hieß es in dem Artikel: "Langfristig könnte billig produzierter Atomstrom aus dem Osten den deutschen Energiekonzernen und Kraftwerksbauern lukrative Geschäfte eröffnen. Da im Westen nichts mehr geht, suchen die Unternehmen neuen Lebensraum im Osten. Was sich derzeit in der Slowakei abspielt, soll ein Modell für gesamt Osteuropa werden. Knapp 60 Atommeiler sind in den Ländern des ehemaligen Ostblocks noch am Netz, allesamt atomare Zeitbomben (...) Allein 16 Meiler in Osteuropa gehören zum Tschernobyl-Typ RBMK."
Ein Sprecher des Bayernwerks stellte dazu auf Anfrage von DPA (25.3.) fest, daß mit den Betreibern des Kraftwerks Mochovce die Lieferung deutscher Leittechnik vereinbart und dabei den slowakischen Partnern wegen deren Devisenmangel zugestanden wurde, mit Stromlieferungen zu bezahlen. Es sei jedoch "abenteuerlicher Unsinn", dies als Verlagerung der Stromerzeugung aus Kernenergie zu werten. Die aus der Slowakei bezogene Strommenge sei so klein, daß sie in keinem Verhältnis zu dem Strom stehe, der in Kernkraftwerken des Bayernwerks erzeugt wird. Auch ein Sprecher der PreussenElektra wies die Unterstellung einer "Produktionsverlagerung" zurück.