August 1992 |
920802 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die EG-Kommission in Brüssel hat einen Referentenentwurf für einen schrittweisen Abbau der Subventionen im Steinkohlenbergbau ausgearbeitet. Danach könnten nur noch solche Zechen Beihilfen erhalten, die unter den durchschnittlichen Förderkosten in der Gemeinschaft produzieren. Bundeswirtschaftsminister Möllemann erklärte dazu in einem Brief an EG-Energiekommissar Cardoso e Cunha, die Bundesregierung könne keine Beihilfe-Pläne akzeptieren, die den Beschlüssen der letzten Bonner Kohlerunde vom November 1991 den Boden entziehen würden. Die IG Bergbau und der Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus bezeichneten die Brüsseler Pläne als "unbrauchbar" und forderten die Bundesregierung auf, den Entwurf insgesamt zurückzuweisen (FAZ 4.8. u. 8.8.; SZ, 7.8.; Welt 4.8.).
Die niedrigsten Produktionskosten in der EG verzeichnete 1991 der britische Kohlenbergbau mit 75 Ecu (etwa 150 DM) je Tonne. Der belgische Steinkohlenbergbau bildete mit 175 Ecu das Schlußlicht. Die deutschen Zechen lagen mit durchschnittlich 130 Ecu im Mittelfeld. Der Preis für Import-Steinkohle betrug dagegen nur etwa 40 Ecu (Welt, 4.8.).
Das Handelsblatt (26.8.) forderte zu einer "sorgfältigen Überprüfung" des kritisierten EG-Papiers auf, dessen Grundanliegen "keineswegs widersprüchlich oder energiewirtschaftlich unangemessen" erscheine. In einem grundsätzlichen Kommentar zur Energiepolitik warf das Blatt der Bundesregierung Versäumnisse in der Kohlepolitik, bei der Integration von Umweltzielen und der Neuordnung der ostdeutschen Energiewirtschaft vor: "Die Bundesregierung steckt mit ihrer Energiepolitik in der Klemme. ... Es droht ein heißer Herbst, wenn die Bundesregierung weiter nur auf Zeit spielt. Selbst unangenehme Wahrheiten sind besser als fromme Lügen."
Nach Meinung der Welt (21.8.) dürfen bei der Energieversorgung nicht nur Kostenargumente berücksichtigt werden: "Die Bundesrepublik ist arm an Energievorräten, aber politisch stabil. Die GUS und der nahe Osten sind reich an Energievorräten, aber leider politisch instabil. Heimische Kohlevorräte sind eine gute Versicherung gegen Katastrophen. Und diese hat - wie jede Versicherung - ihren Preis."
Dagegen hält Die Zeit (14.8.) das Argument der Versorgungssicherheit für eine "fromme Lüge". Es gebe "keinen vernünftigen Grund, mit fortwährenden Subventionen dafür zu sorgen, daß eine weitere Generation in die Gruben einfährt und vom Steuerzahler alimentiert wird".