April 1992

920411

ENERGIE-CHRONIK


Hamburg läßt Ausstieg aus Kernenergie in die Satzung der HEW aufnehmen

Auf Beschluß des Hamburger Senats wird der Verzicht auf die Nutzung der Kernenergie - "so zügig, wie das rechtlich möglich und für die Gesellschaft wirtschaftlich vertretbar ist" - am 19. Juni auf der Hauptversammlung der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) in die Satzung des Unternehmens aufgenommen. Die Stadt Hamburg hält an den HEW eine Mehrheitsbeteiligung von rund 72 Prozent. Der Senat entspricht mit der Satzungsänderung einem Ende Januar gefaßten Beschluß der Hamburger Bürgerschaft, der mit den Stimmen der mehrheitlich in Hamburg regierenden SPD-Fraktion gefaßt wurde. Nach den Worten von Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) bedeutet dies, daß die HEW in Zukunft keine neuen Kernkraftwerke errichten dürfen, die bestehenden nach Möglichkeit aufgeben oder abgeben sollen und außerdem verpflichtet seien, "nicht mehr für die vermeintlichen Vorzüge von Kernenergie zu werben". Vahrenholt räumte zugleich ein, daß ein isolierter Ausstieg Hamburgs aus der Kernenergie nicht möglich sei, da die Hansestadt derzeit 80 Prozent ihres Stroms aus Kernkraftwerken bezieht (dpa, 15.4.; FAZ, 16.4.; FR, 16.4.).

Die Frankfurter Allgemeine (21.4.) kommentierte: "Noch hat die vom Senat beschlossene Satzungsänderung mehr proklamatorischen Charakter. Man wird sehen, wie der Aktienkurs reagiert und ob die Minderheitsaktionäre dem geplanten Beschluß einfach tatenlos zusehen werden." Für die Börsen-Zeitung (22.4.) stellt sich "die Frage, warum Hamburg mit dieser völlig überflüssigen Ausstiegsdiskussion sein notwendiges Neuansiedelungsgeschäft zusätzlich erschwert: Ein industriefreundliches Umfeld ist heute eine kommunale Bringschuld."