Juni 2025

250601

ENERGIE-CHRONIK


Stromausfall in Spanien und Portugal hatte mehrere Ursachen

Der Stromausfall, der am 28. April zwölf bis 16 Stunden lang die elektrische Versorgung der iberischen Halbinsel unterbrochen hat (250402), ist auf ein unglückliches Zusammentreffen von diversen technischen und organisatorischen Mängeln beim Netzbetrieb zurückzuführen. Dies ergibt sich aus den vorläufigen Berichten, die am 17. Juni von der spanischen Regierung (PDF) und am folgenden Tag vom spanischen Übertragungsnetzbetreiber REE (PDF) vorgelegt wurden. Der Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) kündigte am 19. Juni an, dass eine von ihm gemäß der EU-Verordnung 2017/1485 gebildete Expertengruppe beide Berichte prüfen und in ihrem Abschlussbericht berücksichtigen wird. Laufende Aktualisierungen zur Arbeit der Expertengruppe würden auf der speziellen Webseite veröffentlicht, die ENTSO-E zum iberischen Stromausfall eingerichtet hat.

Entscheidender Faktor war der Mangel an ausreichender Blindleistungskompensation


Die Ministerin Sara Aagesen präsentierte den regierungsamtlichen Bericht vor der Presse.

Laut dem regierungsamtlichen Bericht ist der Stromausfall "höchstwahrscheinlich auf eine Kombination von Bedingungen zurückzuführen, die das Netz an den Punkt brachten, an dem es eine Kettenreaktion von Überspannungen auslöste, wobei kein Einzelfehler festgestellt werden konnte, der den Netzausfall allein erklären könnte".

Zunächst war vermutet worden, dass der Stromausfall durch eine Cyberattacke auf die Netzsteuerung ausgelöst worden sein könnte. Dieser Verdacht wurde nun endgültig entkräftet. Die Vermutung des Netzbetreibers REE, dass die Ursache "sehr wahrscheinlich" mit der Einspeisung von Solaranlagen zu tun habe, traf ebenfalls nicht den entscheidenden Schwachpunkt. Vielmehr war es der Netzbetreiber selber, der mit einer riskanten Netzsteuerung den entscheidenden Beitrag leistete, der am Ende die Kettenreaktion auslöste. Er hatte nämlich versucht, Spannungsspitzen und dadurch ausgelöste Frequenzabsenkungen zu beseitigen, die im Laufe des Vormittags mehrfach aufgetreten waren. Dabei verfügte er aber nicht über ausreichende Kapazitäten zur Blindleistungskompensation, um Spannung und Frequenz durch Verschiebung des Phasenwinkels stabilisieren zu können. Aus diesem Grund führte die labile Netzsituation um 12:33 Uhr zu der Abschaltungs-Kaskade, die in Sekundenschnelle den Verlust von 10 Gigawatt Wirkleistung und den Zusammenbruch der gesamten Stromversorgung bewirkte.

An sich vorhandene Blindleistungs-Ressourcen blieben ungenutzt

Den regierungsamtlichen Bericht präsentierte die "Ministerin für ökologischen Wandel und demografische Herausforderungen", Sara Aagesen, nach einer Sitzung des Ministerrats, in der sie ihn vorgestellt hatte. Zuvor war er vom Nationalen Sicherheitsrat geprüft und genehmigt worden. Es handele sich "zweifellos um eine komplexe und heikle Analyse, in der wir auch widersprüchliche Daten festgestellt haben" bemerkte sie dazu. An dem 180 Seiten umfassenden Bericht hätten sechs Teams aus ingesamt 75 Personen mitgewirkt. Er sei zugleich die größte Untersuchung im Bereich Cybersicherheit geworden, die bisher in Spanien durchgeführt wurde. Obwohl sich keine Hinweise auf einen Cyberangriff ergaben, habe er "Schwachstellen, Mängel oder Fehlkonfigurationen von Sicherheitsmaßnahmen" deutlich gemacht, die künftig auch zur Abwehr möglicher Cyberattacken beseitigt werden müssten.

"Nach der durchgeführten Analyse und mit allen gesammelten Informationen wissen wir, dass das System nicht über ausreichende Kapazitäten zur dynamischen Spannungsregelung verfügte", fasste die Ministerin den wichtigsten Befund zusammen. Das habe aber nicht an einem grundsätzlichen Mangel an Kapazitäten zur Kompensation von Blindleistung gelegen. An deren Verfügbarkeit habe es deshalb gefehlt, "weil sie nicht ausreichend programmiert waren oder weil die programmierten Kapazitäten nicht den Vorschriften entsprachen, oder eine Kombination aus beidem". Zum Teil seien sogar unzulässigerweise Kraftwerke abgeschaltet worden, die zur Mitwirkung bei der Spannungregelung verpflichtet gewesen wären.

 

Links (intern)

Zur Blindleistungs-Problematik siehe folgende Passagen in ENERGIE-WISSEN:

Links (extern, ohne Gewähr)