Oktober 2024

241002

ENERGIE-CHRONIK




Die Entlastung der 178 Verteilnetze wird als "Aufschlag für besondere Netznutzung" auf die übrigen Netzkunden umgelegt. Dadurch steigt die bisherige §19-Strom-NEV-Umlage um mehr als das Doppelte.

Für 178 Verteilnetze sinken die Netzkosten – für den Rest steigen sie um 1,56 Cent/kWh

Ein knappes Fünftel der insgesamt 866 deutschen Verteilernetzbetreiber wird ab dem kommenden Jahr von den Mehrkosten entlastet, die ihm durch besonders hohe Stromeinspeisungen aus Windkraft- oder Solarparks entstehen. Im Dezember 2023 hatte die Bundesnetzagentur angekündigt, diese ungleiche Belastung zu korrigieren, da sie über die Netzentgelte den örtlichen Stromverbrauchern in Rechnung gestellt wird, obwohl der eingespeiste Strom meistens woanders verbraucht wird (231206). Wie die Behörde am 18. Oktober mitteilte, sieht das Ergebnis so aus, das insgesamt 178 Netzbetreiber ihre Mehrkosten in Höhe von insgesamt rund 2,5 Milliarden Euro auf den Rest der Branche und deren Netzkunden abwälzen dürfen.

Für die Stromverbraucher der 178 Netze ergeben sich daraus teilweise erhebliche Einsparungen. Am höchsten sind sie mit mehr als 200 Euro für einen Durchschnittshaushalt mit 3.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch im Netz der WEMAG Netz GmbH in Mecklenburg-Vorpommern. Für das Netz der Schleswig-Holstein Netz AG nennt die Bundesnetzagentur eine Einsparung von etwa 150 Euro. Bei der E.DIS Netz GmbH in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sind es knapp 100 Euro, und bei der Bayernwerk Netz GmbH wird ein Durchschnittshaushalt um etwa 43 Euro entlastet. Von solchen Entlastungen profitieren auch die Kunden von Stadtwerken, die ihren Strom von den vorgelagerten Verteilnetzbetreibern beziehen.

Die von der Bundesnetzagentur zugestandenen Wälzungsbeträge belaufen sich auf insgesamt 2.428.151.000 Euro. Je nach Größe der Unternehmen und ihrer Belastung durch die Erneuerbaren-Einspeisung bewegen sie sich zwischen gut einer halben Milliarde und weniger als tausend Euro. Über neunzig Prozent der Gesamtsumme entfallen dabei auf diese 15 Unternehmen:

Netzbetreiber

Wälzungsbetrag
in Tausend Euro

Entgelt 2025
[Cent/kWh]

Abweichung
gegenüber 2024

[Cent/kWh]

Bayernwerk Netz GmbH
569.802
10,46
-1,24
E.DIS Netz GmbH
305.657
11,16
-2,79
Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbH
292.105
9,83
-1,14
Schleswig-Holstein Netz AG
268.780
11,84
-4,42
Avacon Netz GmbH
220.325
11,64
-0,29
LEW Verteilnetz GmbH
135.659
8,28
-3,06
N-ERGIE Netz GmbH
93.139
9,02
-0,95
WEMAG Netz GmbH
84.374
9,81
-6,03
EWE NETZ GmbH
83.730
8,30
-1,30
TEN Thüringer Energienetze GmbH & Co. KG
80.453
10,18
-2,13
Westfalen Weser Netz GmbH
53.141
12,17
-0,88
Netze ODR GmbH
41.552
8,70
-3,64
EAM Netz GmbH
22.931
10,19
-0,81
ÜZ Mainfranken eG
15.151
7,35
-5,13
naturenergie netze GmbH
10.928
11,99
+0,07

 

Die im sieben- bis dreistelligen Bereich liegenden Wälzungsbeträge von weiteren 142 Unternehmen sind einer separaten Liste zu entnehmen (PDF). Diese Liste wäre eigentlich komplett, wenn nicht 21 Netzbetreiber eine Veröffentlichung verweigert hätten. Auf diese öffentlichkeitsscheuen Netzbetreiber entfallen insgesamt 24 Millionen Euro der Gesamtsumme. Mit Wälzungsbeträgen von durchschnittlich 1,14 Millionen Euro sind sie im Mittelfeld der Branche zu vermuten. Eine ähnliche Liste, auf der ebenfalls nur diese Verweigerer fehlen, gibt Auskunft darüber, wie sich die Netzentgelte der 142 Unternehmen im kommenden Jahr von den aktuell gültigen Sätzen in Cent/kWh und prozentual unterscheiden werden (PDF).

Die verringerten Kosten der 178 Verteilnetze werden von den Übertragungsnetzbetreibern über die bestehende "§ 19 StromNEV-Umlage" nach § 19 Abs. 2 der Stromnetzentgeltverordnung auf die Gesamtheit der übrigen Verteilnetze umgelegt. Zugleich wird die Umlage in "Aufschlag für besondere Netznutzung" umbenannt.

Bundesnetzagentur prognostizierte Mehrbelastung um 0,24 Cent/kWh...

In ihrer Mitteilung vom vergangenen Dezember hatte die Bundesnetzagentur deshalb einen Anstieg dieser Umlage von 0,4 Cent/kWh auf 0,64 Cent/kWh prognostiziert (231206). Wörtlich hieß es: "Der deutlichen Entlastung der betroffenen Regionen stehen damit überschaubare zusätzliche Kosten für alle Stromverbraucher gegenüber. Die § 19-Umlage würde von 0,4 Cent/kWh (für 2024) auf 0,64 Cent/kWh steigen. Dies bedeutet für einen durchschnittlichen Haushalt (3.500 kWh/a) zusätzliche Kosten von 8,40 Euro pro Jahr."

Anscheinend war der Behörde hier aber ein Versehen passiert, indem sie den tatsächlichen Anstieg der Umlage von 2023 bis 2024 mit dem erst noch bevorstehenden des Jahres 2025 verwechselte. Deshalb stimmte schon der für 2024 genannte Ausgangswert von 0,4 Cent/kWh nicht, der eigentlich 0,64 Cent/kWh hätte betragen müssen (siehe Grafik).

...die aber tatsächlich viermal größer ist

Die § 19-StromNEV-Umlage steigt deshalb 2025 nicht nur um bescheidene 0,23 Cent/kWh auf 0,4 Cent/kWh, wie das 2024 der Fall war, sondern um das vierfache auf 1,56 Cent/kWh. So lautet jedenfalls das Ergebnis, zu dem die Übertragungsnetzbetreiber gelangten, als sie Ende Oktober die neuen Strompreis-Umlagen für 2025 bekanntgaben: Die bisherige StromNEV-Umlage steigt von 0,643 auf 1,556 Cent/kWh, die KWK-Umlage von 0,275 auf 0,277 Cent/kWh und die Offshore-Umlage von 0,656 auf 0,816 Cent/kWh. Der nunmehrige "Aufschlag für besondere Netznutzung" wird damit zur wichtigsten Umlage auf den Strompreis, nachdem die ungleich belastendere EEG-Umlage sowie die minimale "Umlage für abschaltbare Lasten" schon vor einiger Zeit abgeschafft wurden.

Übertragungsnetzbetreiber erhöhen ihre Netzentgelte um durchschnittlich 3,4 Prozent

Das Netzentgelt auf der Stromrechnung setzt sich aus den jeweiligen Entgelten für Übertragungs- und Verteilnetz zusammen. Wie die vier Übertragungsnetzbetreiber am 1. Oktober bekanntgaben, steigt das vorläufige durchschnittliche Netzentgelt für das Höchstspannungsnetz im kommenden Jahr von 6,43 auf 6,65 Cent/kWh. Dies entspricht einem Anstieg von 3,4 Prozent. Hinzu kommen die unterschiedlichen Netzentgelte der Verteilnetzbetreiber, die aufgrund der jetzt vorgenommenen Umverteilung teilweise sinken, zum größeren Teil aber eher steigen werden. Zur ersteren Gruppe gehört die EWE Netz, die am 15. Oktober mitteilte, dass 2025 für Haushaltskunden (3.500 kWh/a) das gesamte Netzentgelt um etwa 46 Euro oder rund 14 Prozent sinken werde. Dagegen gab die Netze BW am 4. Oktober bekannt, dass in ihrem Bereich die vorläufigen Netzentgelte für einen Jahresverbrauch von 3.500 kWh um rund 7 Prozent steigen werden. Die endgültigen Netzentgelte für das Jahr 2025 werden bis Ende des Jahres veröffentlicht.

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