August 2022 |
220809 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Bundeskabinett beschloss am 24. August zwei Energieeinsparverordnungen auf Grundlage von § 30 des Energiesicherungsgesetzes. Sie sollen einen weiteren Beitrag zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit leisten, die durch den russischen Angriff auf die Ukraine gefährdet ist, weil der Kreml seitdem die besonders hohe Abhängigkeit Deutschlands von russischen Gaslieferungen als Erpressungsmittel nutzt und die Lieferung der vertraglich vereinbarten Gasmengen schon weitgehend eingestellt hat. Die zwei Verordnungen enthalten konkrete Vorschriften und Maßnahmen zur Energieeinsparung für die kommende und die übernächste Heizperiode. Davon betroffen sind öffentliche Körperschaften sowie Unternehmen und private Haushalte. Neben der Einsparung von Gas sind auch Maßnahmen vorgesehen, die den Stromverbrauch senken sollen, da dies dazu beiträgt, die Stromerzeugung mit Gas zu verringern. Die eine Verordnung enthält kurzfristige Maßnahmen und gilt ab 1. September 2022 für sechs Monate (HTML). Die andere Verordnung mit mittelfristigen Maßnahmen gilt ab 1.Oktober 2022 und hat eine Geltungsdauer von 24 Monaten (HTML). Die zweite bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats.
Die beiden Energieeinsparverordnungen dienen zugleich der Umsetzung von Einsparbeschlüssen der Europäischen Union. Angesichts der von Russland künstlich verursachten Gasknappheit haben sich die EU-Staaten vorgenommen, ihren Gasverbrauch ab August dieses Jahres um mindestens 15 Prozent gegenüber dem Durchschnittsverbrauch der letzten fünf Jahre zu verringern (220701). Da Deutschland in den letzten Jahren besonders abhängig von russischem Gas wurde, muss es seinen Gasverbrauch sogar um 20 Prozent senken. Die Bundesregierung erwartet, dass sich mit den beiden Verordnungen der Gasverbrauch um ungefähr zwei Prozent verringern lässt, und dass die Umsetzung aller Maßnahmen den privaten Haushalten und Unternehmen sowie der öffentlichen Hand eine Einsparung von knapp elf Milliarden Euro ermöglichen könnte.
Durch die auf ein halbes Jahr beschränkten Maßnahmen bekommen unter anderem Mieter mehr Spielraum, um Energie einzusparen (§ 3). Bestimmte Heizungsarten für Schwimm- und Badebecken werden verboten (§ 4). In öffentlichen Nichtwohngebäuden ist die Beheizung von Gemeinschaftsflächen grundsätzlich untersagt, sofern sie nicht dem Aufenthalt von Personen dienen (§ 5). In öffentlichen Nichtwohngebäuden dürfen Arbeitsräume je nach Art der Tätigkeit höchstens auf 12 bis 19 Grad beheizt werden (§ 6). Dagegen gelten dieselben Höchstwerte für "Arbeitsräume in Arbeitsstätten" als Mindesttemperaturen (§ 12 ). In öffentlichen Nichtwohngebäuden sind grundsätzlich Durchlauferhitzer oder dezentrale Warmwasserspeicher auszuschalten, wenn deren Betrieb überwiegend zum Händewaschen vorgesehen ist (§ 7). Die nächtliche Anstrahlung von Gebäuden oder Baudenkmälern ist untersagt (§ 8). Gas- und Wärmelieferanten werden verpflichtet, ihre Kunden über den Energieverbrauch und die damit verbundenen Kosten rechtzeitig und detailliert zu informieren (§ 9). Dem Einzelhandel wird das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen untersagt, wenn dadurch ein Verlust von Heizwärme auftritt (§ 10). Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetages verboten (§ 11).
Die für zwei Jahre geltenden mittelfristigen Maßnahmen verpflichten
alle Eigentümer von Gebäuden mit Gasheizungen, in den nächsten zwei Jahren einen
Heizungscheck durchführen (§ 2).
Eigentümer großer Gebäude mit zentraler Wärmeversorgung müssen außerdem
einen hydraulischer Abgleich vornehmen, sofern ein solcher bislang nicht durchgeführt
wurde (§ 3). Unternehmen mit einem
Energieverbrauch ab 10 Gigawattstunden pro Jahr werden verpflichtet, wirtschaftliche
Energieeffizienzmaßnahmen durchzuführen. Dazu gehören beispielsweise die
Umstellung von Beleuchtungen auf LED, Optimierungen von Arbeitsabläufen und
technischen Systemen oder der Austausch ineffizienter Heizungspumpen (§
4).