Oktober 2021

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ENERGIE-CHRONIK


Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg (KSG BW)

mit den Änderungen, die vom Landtag am 10. Oktober 2021 beschlossen wurden

 

 

§ 1 Zweck des Gesetzes

(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, im Rahmen der internationalen, europäischen und nationalen Klimaschutzziele einen angemessenen Beitrag zum Klimaschutz durch Reduzierung der Treibhausgasemissionen hin zu Netto-Treibhausgasneutralität zu leisten und zugleich zu einer nachhaltigen Energieversorgung beizutragen.

(2) Mit diesem Gesetz sollen Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen hin zu Netto-Treibhausgasneutralität für Baden-Württemberg formuliert, die Belange des Klimaschutzes konkretisiert und notwendige Umsetzungsinstrumente geschaffen werden.

§ 2 Anwendungsbereich

Soweit bundesrechtliche Vorgaben zum Klimaschutz abschließend sind, finden die Vorgaben dieses Gesetzes keine Anwendung. Soweit die Belange des Klimaschutzes ausdrücklich oder im Rahmen öffentlicher Belange bei Entscheidungen der öffentlichen Hand zu berücksichtigen sind, finden die Vorschriften dieses Gesetzes unter Berücksichtigung der fachgesetzlichen Abwägungssystematik ergänzende Anwendung.

§ 3 Begriffsbestimmungen

(1) Treibhausgasemissionen im Sinne dieses Gesetzes sind Emissionen von Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2 O), Fluorkohlenwasserstoffen (H-FKW/HFC), perfluorierten Kohlenwasserstoffen (FKW/PFC) und Schwefelhexafluorid (SF6), die in Baden-Württemberg entstehen.

(2) Öffentliche Hand im Sinne dieses Gesetzes sind:

1. das Land, die Gemeinden und die Gemeindeverbände sowie jede auf Grund eines Landesgesetzes eingerichtete Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse des öffentlichen Rechts mit Ausnahme von Religionsgemeinschaften und

2. jede Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse des Privatrechts, wenn an ihr eine Person nach Nummer 1 allein oder mehrere Personen nach Nummer 1 zusammen unmittelbar oder mittelbar

a) die Mehrheit des gezeichneten Kapitals besitzen,

b) über die Mehrheit der mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte verfügen oder

c) mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans bestellen können.

Ausgenommen sind öffentliche Unternehmen, soweit sie Dienstleistungen im freien Wettbewerb mit privaten Unternehmen erbringen.

(3) Wohngebäude im Sinne dieses Gesetzes sind Gebäude, einschließlich der zugehörigen Garagen und Nebenräume, die nach ihrer Zweckbestimmung mindestens zur Hälfte dem Wohnen dienen, einschließlich Wohn-, Alten- und Pflegeheimen sowie ähnlichen Einrichtungen, die zum dauerhaften Wohnen bestimmt sind.

(4) Nichtwohngebäude im Sinne dieses Gesetzes sind Gebäude, die nicht unter Absatz 3 fallen.

(4a) Außenflächen eines Gebäudes im Sinne dieses Gesetzes sind alle Bestandteile der Gebäudehülle, die sich an den Außenseiten des Gebäudes befinden, mit Ausnahme der Dachfläche.

(4b) Unmittelbare räumliche Umgebung eines Gebäudes im Sinne dieses Gesetzes ist gegeben, wenn eine Photovoltaik- oder solarthermische Anlage auf demselben oder einem unmittelbar angrenzenden Grundstück oder auf demselben Betriebsgelände installiert wird.

(5) Systematisches Energiemanagement im Sinne dieses Gesetzes ist das systematische und kontinuierliche Erheben, Erfassen und Optimieren aller relevanten Energieverbraucher. Mindestanforderungen an das systematische Energiemanagement sind folgende Elemente:

1. die Formulierung von Energieeinsparzielen und Treibhausgasminderungszielen,

2. ämter- oder abteilungsübergreifende Koordinierung aller energierelevanten Aufgaben,

3. die Benennung einer für das Energiemanagement zuständigen Person,

4. kontinuierliches Energieberichtswesen inklusive der Erstellung eines Energieberichts mit mindestens jährlichem Turnus,

5. monatliches Energieverbrauchscontrolling und

6. die Erfassung von mindestens jeweils 80 Prozent des Endenergieverbrauchs in den Kategorien der Energieverbraucher gemäß § 7b Absatz 2 Nummer 1 bis 7.

(6) Wärme im Sinne dieses Gesetzes ist Wärme und Kälte für Raumheizung beziehungsweise -kühlung, Warmwasser sowie Prozesswärme und -kühlung.

(7) Versorgungsstruktur im Sinne dieses Gesetzes ist die Infrastruktur zur Erzeugung, Verteilung und Speicherung von Wärme oder anderer zur Wärmeerzeugung dienender Energieträger.

(8) Kommunale Wärmeplanung im Sinne dieses Gesetzes ist ein strategischer Planungsprozess mit dem Ziel einer klimaneutralen kommunalen Wärmeversorgung bis zum Jahr 2050 2040. Die Aufstellung eines kommunalen Wärmeplans gemäß § 7c Absatz 2 ist Bestandteil dieses Prozesses.

(9) Energieunternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind natürliche oder juristische Personen, die Wärme, Kälte, Strom oder Gas nicht nur für den Eigenbedarf zur Nutzung in Gebäuden erzeugen oder an Endkunden liefern, sowie Wärme-, Kälte-, Strom- oder Gasnetzbetreiber und Brennstofflieferanten.

(10) Netto-Treibhausgasneutralität im Sinne dieses Gesetzes ist das Gleichgewicht zwischen anthropogenen Treibhausgasemissionen aus Quellen und dem Abbau von Treibhausgasen durch Senken.

§ 4 Klimaschutzziele

Unter Berücksichtigung der internationalen, europäischen und nationalen Klimaschutzziele und -maßnahmen soll die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 1990 bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent und bis zum Jahr 2030 um mindestens 42 Prozent verringert werden. Unter Berücksichtigung der internationalen, europäischen und nationalen Klimaschutzziele und -maßnahmen wird die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 1990 zur Erreichung der Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2040 schrittweise verringert. Bis zum Jahr 2030 erfolgt eine Minderung mindestens über den Zielwert 65 Prozent nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Bundes-Klimaschutzgesetzes hinaus. Bis zum Jahr 2050 wird eine Minderung um 90 Prozent angestrebt im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 1990. Die Minderungsbeiträge aus dem europäischen System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten finden dabei entsprechende Berücksichtigung.

§ 4a Anpassung an die Folgen des Klimawandels

Die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels sind im Rahmen einer landesweiten Anpassungsstrategie durch vorsorgende Anpassungsmaßnahmen zu begrenzen. Die Landesregierung verabschiedet hierzu eine Anpassungsstrategie nach Anhörung von Verbänden und Vereinigungen im Jahr 2022 und danach alle fünf Jahre auf Basis des Monitoringberichts nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3.

§ 4b Landesflächenziel; Grundsatz der Raumordnung

Um die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu schaffen, sollen in den Regionalplänen Gebiete in einer Größenordnung von mindestens 2 Prozent der jeweiligen Regionsfläche für die Nutzung von Windenergie und Photovoltaik auf Freiflächen zur Erreichung des Klimaschutzziels für das Jahr 2040 nach § 4 Satz 1 rechtzeitig festgelegt werden. Das für die jeweiligen Flächen geltende Fachrecht bleibt unberührt.

§ 5 Klimaschutzgrundsatz

Bei der Verwirklichung der Klimaschutzziele nach § 4 kommt der Energieeinsparung, der effizienten Bereitstellung, Umwandlung, Nutzung und Speicherung von Energie sowie dem Ausbau erneuerbarer Energien besondere Bedeutung zu. Dies gilt auch, wenn es sich im Einzelfall um geringe Beiträge zur Treibhausgasminderung handelt.

§ 6 Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept

(1) Die Landesregierung beschließt im Jahr 2020 und danach alle fünf Jahre auf Basis der Monitoringberichte nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 nach Anhörung von Verbänden und Vereinigungen ein integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept, das wesentliche Ziele, Strategien und Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele nach § 4 benennt. Das integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept ist vor der Beschlussfassung nach Satz 1 dem Landtag zuzuleiten, um ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Das integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept enthält insbesondere folgende Elemente:

1. Minderungsziele für die Treibhausgasemissionen verschiedener Emittentengruppen (Sektorziele),

2. Ziele für Handlungsbereiche zur Erreichung der Sektorziele, insbesondere Ziele zur Energieeinsparung, zur Erhöhung der Energieeffizienz und zum Ausbau der erneuerbaren Energien, unter Berücksichtigung von Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung,

3. Strategien und Maßnahmen, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

Bei der Erstellung des integrierten Energie- und Klimaschutzkonzeptes sind die Wirkungsbeiträge und Wechselwirkungen durch Klimaschutzmaßnahmen des Bundes und der Europäischen Union zu berücksichtigen.

(3) Das integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept dient als Entscheidungsgrundlage der Landesregierung für das Erreichen der Klimaschutzziele.

§ 7 Vorbildfunktion der öffentlichen Hand

(1) Der öffentlichen Hand kommt beim Klimaschutz in ihrem Organisationsbereich eine allgemeine Vorbildfunktion zu, insbesondere durch Energieeinsparung, effiziente Bereitstellung, Umwandlung, Nutzung und Speicherung von Energie sowie Nutzung erneuerbarer Energien. Dies gilt, sofern die Organisation der Aufgabenerledigung nicht abschließend durch Bundesrecht geregelt ist.

(2) Das Land setzt sich zum Ziel, bis zum Jahr 2040 2030 die Landesverwaltung im Sinne von Satz 2 weitgehend klimaneutral netto-treibhausgasneutral zu organisieren. Zur Verwirklichung dieses Zieles verabschiedet die Landesregierung ein Konzept, das die Hochschulen sowie Behörden des Landes und sonstige Landeseinrichtungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit umfasst, soweit sie der unmittelbaren Organisationsgewalt des Landes unterliegen. Ausgeschlossen sind Einrichtungen des Landes, soweit sie Dienstleistungen im freien Wettbewerb mit Privaten erbringen. In begründeten Ausnahmefällen kann die Landesregierung weitere Organisationseinheiten vom Anwendungsbereich des Konzepts nach Satz 2 ausnehmen. Die weitgehende Klimaneutralität Netto-Treibhausgasqualität soll in erster Linie durch die Einsparung von Energie, die effiziente Bereitstellung, Umwandlung, Nutzung und Speicherung von Energie sowie die Nutzung erneuerbarer Energien erreicht werden. Ergänzend kann sie durch Kompensation im Wege rechtlich anerkannter Emissionsminderungsmaßnahmen oder Emissionsminderungsmaßnahmen mit im Wesentlichen vergleichbaren Standards verwirklicht werden.

(3) Die Landesregierung legt dem Landtag auf Basis wesentlicher Indikatoren alle drei Jahre einen Gesamtbericht zum Stand der Umsetzung des Konzepts nach Absatz 2 vor. Der Gesamtbericht umfasst insbesondere Angaben zur Entwicklung der CO2 -Emissionen durch die Nutzung landeseigener Gebäude, Art und Höhe des Strom- und Wärmeverbrauchs in der Landesverwaltung sowie des Kraftstoffverbrauchs durch Dienstreisen.

(4) Die Gemeinden und Gemeindeverbände erfüllen die Vorbildfunktion nach Absatz 1 in eigener Verantwortung. Das Land wird sie hierbei unterstützen. Näheres soll in einer Vereinbarung zwischen Land und kommunalen Landesverbänden beschlossen werden. Das Land unterstützt die Gemeinden und Gemeindeverbände insbesondere bei dem Ziel, bis zum Jahr 2040 weitgehend klimaneutrale Kommunalverwaltungen zu erreichen.

(5) Die Förderprogramme des Landes für den kommunalen Hochbau sollen den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens Rechnung tragen. § 3 Absatz 2 Satz 2 findet entsprechende Anwendung. Das Nähere wird durch die Förderrichtlinien geregelt.

§ 7a Grundsätze des nachhaltigen Bauens in Förderprogrammen

( § 7a tritt gemäß Artikel 3 S. 2 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg vom 15. Oktober 2020 (GBl. S. 937, 943), verkündet am 23. Oktober 2020, fünfzehn Monate nach dem Tag der Verkündung dieses Gesetzes in Kraft.)

§ 7b Erfassung des Energieverbrauchs durch Gemeinden und Gemeindeverbände

(1) Ziel der Erfassung des Energieverbrauchs ist es, Transparenz bei den Energiekosten und in Folge eine Reduzierung des Energieverbrauchs zu erreichen. Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, Angaben jeweils für die einzelnen Energieverbraucher gemäß Absatz 2, für die bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden Energiekosten anfallen, jährlich bis zum 30. Juni des Folgejahres in einer vom Land bereitgestellten elektronischen Datenbank zu erfassen und dem Land zur Verfügung zu stellen. Die erstmalige Erfassung erfolgt im Jahr 2021 für das Jahr 2020. Das Land erstattet den Gemeinden und Gemeindeverbänden für den Aufwand für die erstmalige Erfassung des Energieverbrauchs nach Satz 3 eine Summe von insgesamt 1 331 806 Euro.

(2) Für die folgenden Kategorien von Energieverbrauchern sind die jeweils erforderlichen Angaben nach Absatz 1 Satz 2:

1. für Nichtwohngebäude die beheizbare Netto-Raumfläche sowie der Endenergieverbrauch und die Energieträger getrennt nach Strom und Wärme,

2. für Wohn-, Alten- und Pflegeheime oder ähnliche Einrichtungen, die zum dauerhaften Wohnen bestimmt sind, die beheizbare Netto-Raumfläche sowie der Endenergieverbrauch und die Energieträger getrennt nach Strom und Wärme,

3. für Sportplätze die Größe der Sportplatzfläche sowie der Endenergieverbrauch an Strom,

4. für Hallen- und Freibäder die beheizbare Netto-Raumfläche, die Flächen der Becken sowie der Endenergieverbrauch und die Energieträger getrennt nach Strom und Wärme,

5. für Straßenbeleuchtungen die Länge der beleuchteten Straßenzüge sowie der Endenergieverbrauch an Strom,

6. für Anlagen zur Wasserversorgung und Wasseraufbereitung die bereitgestellte Wassermenge in Kubikmetern, die Anzahl der versorgten Einwohnerinnen und Einwohner sowie der Endenergieverbrauch an Strom und

7. für Kläranlagen Größenklasse und Einwohnerwert der Kläranlage, die Anzahl der versorgten Einwohnerinnen und Einwohner sowie der Endenergieverbrauch an Strom.

(3) Für den Fall, dass für die Gemeinden und Gemeindeverbände nur anteilige Energiekosten anfallen, sind in die Datenbank nach Absatz 1 Satz 2 die Gesamtwerte des jeweiligen Energieverbrauchers einzutragen. Ausgenommen sind Energieverbraucher, deren Energiekosten in Summe jährlich unter 500 Euro liegen. Insgesamt müssen jeweils mindestens 80 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs pro Kategorie von Energieverbrauchern nach Absatz 2 erfasst werden.

(4) Gemeinden und Gemeindeverbände, die im zu erfassenden Jahr bereits ein systematisches Energiemanagement betreiben, müssen abweichend von Absatz 1 jährlich bis zum 30. Juni des Folgejahres folgende Nachweise in der Datenbank nach Absatz 1 erfassen:

1. den Energiebericht gemäß § 3 Absatz 5 Satz 2 Nummer 4 des zu erfassenden Jahres und

2. getrennt für alle Kategorien von Energieverbrauchern des Absatzes 2, jeweils getrennt nach Energieträgern die Summe der Endenergieverbräuche sowie jeweils die Summe der neben den Endenergieverbräuchen erforderlichen Angaben.

§ 7c Kommunale Wärmeplanung

(1) Die kommunale Wärmeplanung ist für Gemeinden ein wichtiger Prozess, um die Klimaschutzziele im Wärmebereich zu erreichen. Durch die kommunale Wärmeplanung entwickeln die Gemeinden eine Strategie zur Verwirklichung einer klimaneutralen Wärmeversorgung und tragen damit zur Erreichung des Ziels eines klimaneutralen Gebäudebestands bis zum Jahr 2050 2040 bei.

(2) Kommunale Wärmepläne stellen für das gesamte Gebiet der jeweiligen Gemeinde räumlich aufgelöst

1. die systematische und qualifizierte Erhebung des aktuellen Wärmebedarfs oder -verbrauchs und der daraus resultierenden Treibhausgasemissionen, einschließlich Informationen zu den vorhandenen Gebäudetypen und den Baualtersklassen, sowie die aktuelle Versorgungsstruktur (Bestandsanalyse),

2. die in der Gemeinde vorhandenen Potenziale zur Senkung des Wärmebedarfs durch Steigerung der Gebäudeenergieeffizienz und zur klimaneutralen Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien sowie Abwärme und Kraft-Wärme-Kopplung (Potenzialanalyse) und

3. ein klimaneutrales Szenario für das Jahr 2050 2040 mit Zwischenzielen für das Jahr 2030 zur zukünftigen Entwicklung des Wärmebedarfs und einer flächendeckenden Darstellung der zur klimaneutralen Bedarfsdeckung geplanten Versorgungsstruktur dar.

Hierauf aufbauend werden im kommunalen Wärmeplan mögliche Handlungsstrategien und Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und damit einhergehend zur Reduzierung und klimaneutralen Deckung des Wärmeenergiebedarfs entwickelt. Es sind mindestens fünf Maßnahmen zu benennen, mit deren Umsetzung innerhalb der auf die Veröffentlichung folgenden fünf Jahre begonnen werden soll. Ein kommunaler Wärmeplan ist Grundlage für eine Verknüpfung der energetischen Gebäudesanierung mit einer klimaneutralen Wärmeversorgung im Rahmen der strategischen Planung der Wärmeversorgung einer Gemeinde und bildet die Grundlage für die Umsetzung.

§ 7d Erstellung eines kommunalen Wärmeplans

(1) Die Stadtkreise und Großen Kreisstädte sind verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2023 einen kommunalen Wärmeplan im Sinne von § 7c Absatz 2 zu erstellen. Dieser ist spätestens alle sieben Jahre nach der jeweiligen Erstellung unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklungen fortzuschreiben. Auch die übrigen Gemeinden können einen kommunalen Wärmeplan im Sinne von § 7c Absatz 2 erstellen.

(2) Die Stadtkreise und Großen Kreisstädte müssen den kommunalen Wärmeplan innerhalb von drei Monaten nach Fertigstellung, spätestens bis zum 31. Dezember 2023, dem zuständigen Regierungspräsidium vorlegen. Fortschreibungen nach Absatz 1 Satz 2 sind innerhalb von drei Monaten nach Fertigstellung vorzulegen. Soweit kommunale Wärmepläne bereits vor dem 24. Oktober 2020 erstellt wurden und die Anforderungen nach § 7c Absatz 2 erfüllen, sind diese bis spätestens ein Jahr nach diesem Datum vorzulegen. Zudem sind durch die Stadtkreise und Großen Kreisstädte innerhalb von drei Monaten nach Fertigstellung folgende sich auf das gesamte Gemeindegebiet beziehende Informationen in einer vom Land bereitgestellten elektronischen Datenbank zu erfassen:

1. der aktuelle Jahresendenergiebedarf für die Wärmeversorgung, aufgeteilt nach Energieträgern und Sektoren,

2. der für die Jahre 2030 und 2050 2040 abgeschätzte Jahresendenergiebedarf für die Wärmeversorgung, aufgeteilt nach Energieträgern und Sektoren, und

3. das nutzbare Endenergiepotenzial zur klimaneutralen Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien sowie Abwärme und Kraft-Wärme-Kopplung.

(3) Stadtkreise und Große Kreisstädte müssen die kommunalen Wärmepläne im Internet veröffentlichen. Die kommunalen Wärmepläne dürfen keine personenbezogenen Daten im Sinne von Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1, zuletzt ber. ABl. L 127 vom 23.5.2018, S. 2) enthalten, es sei denn die betroffenen Personen haben in die Veröffentlichung gemäß Artikel 7 der Verordnung (EU) 2016/679 eingewilligt. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse müssen gewahrt bleiben, sofern deren Veröffentlichung nicht zugestimmt wurde.

(4) Die Stadtkreise und Großen Kreisstädte erhalten in den ersten vier Jahren ab dem Jahr 2020 jährlich eine pauschale Zuweisung in Höhe von 12 000 Euro zuzüglich 19 Cent je Einwohner zur Finanzierung der entstehenden Kosten. Ab dem Jahr 2024 erfolgt eine Zuweisung in Höhe von jährlich 3 000 Euro zuzüglich 6 Cent je Einwohner. Für die Ermittlung der Einwohnerzahl ist das auf den 30. Juni des vorangegangenen Jahres fortgeschriebene Ergebnis des vom Statistischen Landesamt geführten Bevölkerungsstandes maßgebend.

(5) Das zuständige Regierungspräsidium prüft die Einhaltung der Vorgaben nach Absatz 1 und 2 durch die verpflichteten Gemeinden und kann bei Verstößen Nachbesserung verlangen.

§ 7e Datenübermittlung zur Erstellung kommunaler Wärmepläne

(1) Soweit dies zur Erstellung kommunaler Wärmepläne erforderlich ist, sind Gemeinden berechtigt, vorhandene Daten bei den in Absatz 2 und 3 genannten natürlichen und juristischen Personen zu erheben; dies gilt auch soweit es sich dabei um personenbezogene Daten handelt. Daten, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen, sind bei der Übermittlung als vertraulich zu kennzeichnen.

(2) Energieunternehmen sind verpflichtet, den Gemeinden auf Anforderung insbesondere zähler- oder gebäudescharfe Angaben zu Art, Umfang und Standorten des Energie- oder Brennstoffverbrauchs von Gebäuden oder Gebäudegruppen sowie des Stromverbrauchs zu Heizzwecken, insbesondere für Wärmepumpen und Direktheizungen, und Angaben zu Art, Alter, Nutzungsdauer, Lage und Leitungslänge von Wärme- und Gasnetzen, einschließlich des Temperaturniveaus, der Wärmeleistung und der jährlichen Wärmemenge zu übermitteln. Öffentliche Stellen gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 des Landesdatenschutzgesetzes sowie bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger sind verpflichtet, den Gemeinden auf Anforderung insbesondere gebäudescharfe Angaben zu Art, Brennstoff, Nennwärmeleistung und Alter von Anlagen zur Wärmeerzeugung sowie Angaben über deren Betrieb, Standort und Zuweisung zur Abgasanlage und die für die Aufstellung von Emissionskatastern im Sinne des § 46 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erforderlichen Angaben nach Maßgabe der öffentlich-rechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des Immissionsschutzes zu übermitteln. Die Pflicht erstreckt sich nur auf die Daten, die im elektronischen Kehrbuch nach § 19 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz einzutragen und für die Wärmeplanung von Bedeutung sind.

(3) Gewerbe- und Industriebetriebe sowie die öffentliche Hand sind verpflichtet, den Gemeinden Angaben über die Höhe ihres Endenergieverbrauchs, Wärmeenergiebedarfs oder -verbrauchs, die Art der Wärmeenergiebedarfsdeckung einschließlich des Anteils erneuerbarer Energien und von Kraft-Wärme-Kopplung sowie der anfallenden Abwärme auf Anforderung zu übermitteln.

(4) Soweit dies zur Erstellung kommunaler Wärmepläne erforderlich ist, sind Gemeinden berechtigt, innerhalb der Gemeindeverwaltung vorhandene Daten wie insbesondere Gebäudeadresse, Gebäudenutzung, Wohnfläche oder Bruttogeschossfläche, Geschosszahl, Energieträger zur Wärmeerzeugung und Gebäudebaualter zu verarbeiten; dies gilt auch, soweit es sich dabei um personenbezogene Daten handelt und diese für andere Zwecke erhoben wurden. Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung festzulegen, welche weiteren Angaben zur Erstellung von kommunalen Wärmeplänen innerhalb der Gemeindeverwaltung erhoben und verarbeitet werden dürfen.

(5) Die zur Erstellung kommunaler Wärmepläne von der Gemeinde erhobenen personenbezogenen Daten sowie Daten, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen, dürfen nicht für einen anderen Zweck als zu demjenigen verarbeitet werden, zu dem sie erhoben wurden. Sobald dies ohne Gefährdung des Erhebungszwecks möglich ist, sind die personenbezogenen Daten und die Daten, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen, zu löschen. Unter den Voraussetzungen des Artikels 28 der Verordnung (EU) 2016/679 dürfen personenbezogene Daten einem Auftragsverarbeiter offengelegt werden.

(6) Eine Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 durch die zur Datenübermittlung verpflichteten Energieunternehmen und öffentlichen Stellen besteht nicht. Zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Personen haben die Gemeinden die Informationen gemäß Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 14 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 ortsüblich bekanntzumachen.

§ 7f Klimamobilitätspläne

(1) Die Gemeinden und Gemeindeverbände können im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Klimamobilitätspläne aufstellen, welche Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Treibhausgasemissionen unter Berücksichtigung der Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung und der Wirtschaft festlegen. Die Aufstellung der Klimamobilitätspläne kann aufgabenträgerübergreifend erfolgen, auch unter Beteiligung weiterer öffentlicher Aufgabenträger. Sollen die Klimamobilitätspläne Maßnahmen enthalten, für deren Umsetzung weitere öffentliche Aufgabenträger zuständig sind, sind die Klimamobilitätspläne im Einvernehmen mit diesen aufzustellen.

(2) Die Regierungspräsidien sind möglichst frühzeitig bei der Aufstellung der Klimamobilitätspläne zu beteiligen. Sie unterstützen die Gemeinden und Gemeindeverbände bei der Aufstellung der Klimamobilitätspläne im Rahmen ihrer Zuständigkeit sowie ihrer finanziellen, personellen und organisatorischen Möglichkeiten.

(3) Die Klimamobilitätspläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen. Die Öffentlichkeit und die Wirtschaft sind möglichst frühzeitig bei der Aufstellung der Klimamobilitätspläne zu beteiligen. Die Klimamobilitätspläne sind der Öffentlichkeit für die Dauer von mindestens einem Monat zugänglich zu machen. Der Öffentlichkeit ist die Möglichkeit einzuräumen zu den Entwürfen Stellung zu nehmen. Ort und Dauer der Auslegung sind mindestens eine Woche vor der Auslegung ortsüblich bekannt zu machen.

(4) Die öffentlichen Aufgabenträger setzen die in den Klimamobilitätsplänen vorgesehenen Maßnahmen in eigener Zuständigkeit um.

(5) Sofern der jeweilige Klimamobilitätsplan die besonderen Anforderungen an einen Klimamobilitätsplan gemäß § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 des Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes erfüllt, kann für die darin enthaltenen Vorhaben die Gewährung des erhöhten Fördersatzes zulässig sein.

§ 7g Klimaschutzvereinbarungen mit Unternehmen

Das Umweltministerium wirkt auf den Abschluss von freiwilligen Klimaschutzvereinbarungen mit Unternehmen hin. Ziel dieser Klimaschutzvereinbarungen ist es, die Treibhausgasemissionen und den Energieverbrauch des Unternehmens zu reduzieren. Die Klimaschutzvereinbarungen sollen konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des Ziels enthalten. In den Klimaschutzvereinbarungen soll vereinbart werden, dass dem Umweltministerium über die erzielten Einsparungen bei den Treibhausgasemissionen und dem Energieverbrauch regelmäßig zu berichten ist. Priorität haben Unternehmen, die ein hohes Potenzial zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen aufweisen oder die für andere Unternehmen die Wirkung eines Multiplikators entfalten.

§ 8 Allgemeine Verpflichtung zum Klimaschutz

(1) Jeder soll nach seinen Möglichkeiten zur Verwirklichung der Klimaschutzziele, insbesondere durch Energieeinsparung, effiziente Bereitstellung, Umwandlung, Nutzung und Speicherung von Energie sowie Nutzung erneuerbarer Energien beitragen.

(2) Das allgemeine Verständnis für die Ziele des Klimaschutzes ist mit geeigneten Mitteln zu fördern. Die staatlichen, kommunalen und privaten Erziehungs-, Bildungs- und Informationsträger sollen im Rahmen ihrer Möglichkeiten über Ursachen und Bedeutung des Klimawandels sowie die Aufgaben des Klimaschutzes aufklären und das Bewusstsein für einen sparsamen Umgang mit Energie fördern.

§ 8a Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen auf Dachflächen

(1) Beim Neubau von Nichtwohngebäuden ist auf der für eine Solarnutzung geeigneten Dachfläche eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung zu installieren, wenn der Antrag auf Baugenehmigung ab dem 1. Januar 2022 bei der zuständigen unteren Baurechtsbehörde eingeht oder ab diesem Zeitpunkt im Kenntnisgabeverfahren die vollständigen Bauvorlagen bei der Gemeinde eingehen. Ausgenommen von dieser Pflicht sind abweichend von § 3 Absatz 4 dieses Gesetzes Gebäude, bei denen der Wohnanteil 5 Prozent der Geschossfläche überschreitet. Als Nachweis der Erfüllung der Pflicht nach Satz 1 ist der zuständigen unteren Baurechtsbehörde eine schriftliche Bestätigung der Bundesnetzagentur über die Registrierung im Marktstammdatenregister im Sinne des § 8 Absatz 4 der Marktstammdatenregisterverordnung vom 10. April 2017 (BGBl. I S. 842), die zuletzt durch Artikel 4 der Verordnung vom 20. Januar 2020 (BGBl. I S. 106) geändert worden ist, vorzulegen.

(1) Bauherrinnen und Bauherren sind beim Neubau von Gebäuden dazu verpflichtet, auf der für eine Solarnutzung geeigneten Dachfläche eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung zu installieren. Die Pflicht nach Satz 1 gilt, wenn

1. beim Neubau von Nichtwohngebäuden ab dem 1. Januar 2022, oder

2. beim Neubau von Wohngebäuden ab dem 1. Mai 2022

der Antrag auf Baugenehmigung bei der zuständigen unteren Baurechtsbehörde oder im Kenntnisgabeverfahren die vollständigen Bauvorlagen bei der Gemeinde eingehen.

(2) Die Pflicht nach Absatz 1 Satz 1 gilt auch bei grundlegender Dachsanierung eines Gebäudes, wenn mit den Bauarbeiten ab dem 1. Januar 2023 begonnen wird.

(3) Bauherrinnen und Bauherren haben die Erfüllung ihrer Pflichten nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 der zuständigen unteren Baurechtsbehörde durch eine schriftliche Bestätigung der Bundesnetzagentur über die Registrierung im Marktstammdatenregister gemäß § 8 Absatz 4 der Marktstammdatenregisterverordnung vom 10. April 2017 (BGBl. I S. 842), die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3138) geändert worden ist, nachzuweisen.

(2) (4) Zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 kann eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung ersatzweise auch auf anderen Außenflächen des Gebäudes oder in dessen unmittelbarer räumlichen Umgebung installiert und der hierdurch in Anspruch genommene Flächenanteil auf die Pflichterfüllung angerechnet werden.

(3) (5) Zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 kann ersatzweise auch eine solarthermische Anlage zur Wärmeerzeugung auf der für eine Solarnutzung geeigneten Dachfläche, auf anderen Außenflächen des Gebäudes oder in dessen unmittelbarer räumlichen Umgebung installiert und der hierdurch in Anspruch genommene Flächenanteil auf die Pflichterfüllung angerechnet werden. Die Pflichterfüllung kann in diesem Fall entsprechend der Regelung des § 20 Absatz 2 Erneuerbare-Wärme-Gesetz nachgewiesen werden.

(4) (6) Zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Satz 1, Absatz 2, oder nach Absatz 3 Absatz 2 oder nach Absatz 5 kann eine geeignete Fläche auch an einen Dritten verpachtet werden.

(5) (7) Besteht eine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Dachbegrünung, so ist diese Pflicht bestmöglich mit der Pflichterfüllung nach Absatz 1 Satz 1 oder nach Absatz 3 in Einklang zu bringen.

(6) (8) Die Pflichten nach Absatz 1 Satz 1 entfällt entfallen, sofern ihre Erfüllung sonstigen öffentlich-rechtlichen Pflichten widerspricht.

(7) (9) Von der Pflicht den Pflichten nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 kann durch die nach § 8c zuständige Behörde auf Antrag befreit werden, wenn diese nur mit unverhältnismäßig hohem wirtschaftlichen Aufwand erfüllbar wären.

§ 8b Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen auf Parkplatzflächen

Beim Neubau eines für eine Solarnutzung geeigneten offenen Parkplatzes mit mehr als 75 35 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge ist über der für eine Solarnutzung geeigneten Stellplatzfläche eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung zu installieren, wenn der Antrag auf Baugenehmigung ab dem 1. Januar 2022 bei der zuständigen unteren Baurechtsbehörde eingeht ab dem 1. Januar 2022 der Antrag auf Baugenehmigung bei der zuständigen unteren Baurechtsbehörde oder im Kenntnisgabeverfahren die vollständigen Bauvorlagen bei der Gemeinde eingehen. Die unteren Baurechtsbehörden können insbesondere aus städtebaulichen Gründen Ausnahmen erteilen. Ausgenommen von der Verpflichtung nach Satz 1 sind Parkplätze, die unmittelbar entlang der Fahrbahnen öffentlicher Straßen angeordnet sind. Die Bestimmungen des § 8a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 4 bis 7 § 8a Absatz
3, 6, 8 und 9
sind entsprechend anzuwenden.

§ 8c Zuständige Behörde für die Photovoltaikpflicht, Aufgaben

Die unteren Baurechtsbehörden sind sachlich zuständig für die Überwachung der Einhaltung der Pflichten der §§ 8a und 8b. Sie ergreifen die hierfür erforderlichen Maßnahmen. Soll ein offener Parkplatz dem öffentlichen Verkehr gewidmet werden, sind abweichend von Satz 1 die Straßenbaubehörden für die Überwachung der Einhaltung der Pflichten nach § 8b sachlich zuständig.

§ 8d Evaluation der Photovoltaikpflicht

Das Umweltministerium evaluiert im Einvernehmen mit den betroffenen Ressorts bis zum 31. Dezember 2024 den Umsetzungsstand der Regelungen der §§ 8a und 8b, insbesondere in welchem Umfang der Ausbau von Photovoltaik hierdurch befördert wird.

§ 8e Verordnungsermächtigung zu der Photovoltaikpflicht

Das Umweltministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit den betroffenen Ressorts, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen zu treffen

1. zu der in § 8a definierten Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen auf Dachflächen:

a) Mindestanforderungen an eine geeignete Dachfläche, insbesondere zu Größe, Form, Neigung,

b) Mindestanforderungen an eine grundlegende Dachsanierung nach § 8a Absatz 2,

b) c) Mindestanforderungen an geeignete Außenflächen gemäß § 8a Absatz 2 und 3,

c) d) Ausrichtung und Verschattung,

d) e) in welchem Umfang eine geeignete Dachfläche zur Pflichterfüllung mindestens genutzt werden muss, wobei sowohl auf die geeignete Dachfläche als auch auf die Bruttogrundfläche eines Gebäudes Bezug genommen werden kann,

e) f) Kombinationsmöglichkeiten einer Dachbegrünung mit einer Photovoltaikanlage oder einer solarthermischen Anlage und

f) ) Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Pflichterfüllung

2. zu der in § 8b definierten Pflicht zur Parkplatzüberdachung mit Photovoltaikanlagen:

a) Mindestanforderungen an die Beschaffenheit einer geeigneten offenen Parkplatzfläche,

b) Mindestanforderungen der Photovoltaikanlage,

c) in welchem Umfang eine geeignete Parkplatzfläche zur Pflichterfüllung mindestens genutzt werden muss und

d) Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Pflichterfüllung,

3. zum Verfahren der Evaluation nach § 8d sowie

4. hinsichtlich weiterer für die Umsetzung der in den §§ 8a bis 8d definierten Bestimmungen zwingend erforderlicher Angaben.

§ 9 Monitoring

(1) Das Erreichen der Ziele nach § 4 sowie nach § 6 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie die Umsetzung von Strategien und Maßnahmen nach § 4a und§ 6 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 werden durch ein Monitoring auf Basis quantitativer und qualitativer Erhebungen überprüft. Die Monitoringberichte bilden die Grundlage für das integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept nach § 6 sowie die Anpassungsstrategie nach § 4a.

(2) Das Monitoring umfasst folgende Berichte:

1. einen jährlichen Klimaschutz-Kurzbericht, beginnend ab 2021, insbesondere zu folgenden Punkten:

a) Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg unter Berücksichtigung der Minderungswirkungen durch den durch die Europäische Union eingeführten Emissionshandel,

b) Entwicklung der klima- und energiepolitischen sowie der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen und

c) Umsetzungsstand wichtiger Ziele und Maßnahmen,

2. einen Klimaschutz- und Projektionsbericht spätestens alle drei Jahre, beginnend ab 2023, insbesondere zu folgenden Punkten:

a) den unter Nummer 1 Buchstaben a bis c genannten Punkten,

b) Projektionen von Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg und deren Auswirkungen auf die Erreichung der Klimaschutzziele nach § 4 sowie der Sektorziele nach § 6 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1,

c) bei einer drohenden erheblichen Zielabweichung nach Buchstabe b eine Analyse der Ursachen der Zielabweichung und der jeweiligen Entscheidungsebene sowie Maßnahmenvorschläge zur Wiedererreichung des Zielpfads in dem jeweiligen Sektor und

d) Vorschläge zur Weiterentwicklung von Klimaschutzmaßnahmen, insbesondere wenn die Erarbeitung eines integrierten Energie- und Klimaschutzkonzeptes bevorsteht, sowie

3. einen Bericht zur Anpassung an den Klimawandel spätestens alle fünf Jahre, beginnend ab 2024, insbesondere zu folgenden Punkten:

a) wesentliche Folgen des Klimawandels für Baden-Württemberg,

b) Umsetzung und Wirkung wichtiger Anpassungsmaßnahmen und

c) Vorschläge zur Weiterentwicklung der Anpassungsstrategie.

Der Klimaschutz-Kurzbericht nach Satz 1 Nummer 1 entfällt in den Jahren, in denen ein Klimaschutz- und Projektionsbericht nach Satz 1 Nummer 2 vorgelegt wird. Beim Monitoring sind die Wirkungsbeiträge und Wechselwirkungen durch Klimaschutzmaßnahmen des Bundes und der Europäischen Union zu berücksichtigen sowie wichtige Aspekte einer verursacherbezogenen Betrachtung einzubeziehen.

(3) Die Berichte nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 werden einschließlich der Stellungnahme des Beirats für Klimaschutz Klima-Sachverständigenrats nach Beschlussfassung durch die Landesregierung dem Landtag zugeleitet. Im Fall einer Zielabweichung nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c beschließt die Landesregierung innerhalb von vier Monaten nach der Beschlussfassung des Berichts nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 erforderliche Landesmaßnahmen und unterrichtet den Landtag hierüber.

§ 10 Beirat für Klimaschutz

Die Landesregierung bildet einen Beirat für Klimaschutz, der sie bei der Umsetzung der Klimaschutzziele sowie bei der Anpassungsstrategie berät und auf Basis der Monitoringberichte nach § 9 Vorschläge zur Weiterentwicklung der Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen entwickelt. Der Beirat besteht aus Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Vereinigungen und Verbände, der Kommunen, der Kirchen sowie der Wissenschaft. Die Landesregierung kann die Aufgaben des Beirats für Klimaschutz auch auf einen bereits bestehenden Beirat übertragen.

§ 10 Klima-Sachverständigenrat

(1) Die Landesregierung beruft einen Rat von Sachverständigen, der die Landesregierung und den Landtag sektorübergreifend zu Klimaschutz und Klimawandel berät (Klima-Sachverständigenrat). Der Beratungsauftrag umfasst insbesondere

1. die Mitwirkung im Rahmen des Monitorings,

2. die Beratung der Landesregierung bei der Umsetzung der Klimaschutzziele und bei der Anpassungsstrategie,

3. die Weiterentwicklung der Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen.

Auf Verlangen der Landesregierung oder aufgrund eines Beschlusses des Landtags erstattet der Klima- Sachverständigenrat Sondergutachten. Unabhängig davon ist der Klima-Sachverständigenrat in den Grenzen seines Auftrags und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel berechtigt gegenüber der Landesregierung und dem Landtag Stellungnahmen und Berichte auf Grund eigenen Entschlusses abzugeben.

(2) Der Klima-Sachverständigenrat ist bei der Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz unabhängig. Er besteht aus sechs Mitgliedern, die für fünf Jahre berufen werden; den Vorsitz und dessen Stellvertretung bestimmt der Klima-Sachverständigenrat jeweils durch geheime Wahl einer Person aus seiner Mitte. Seine Mitglieder weisen sich über eine mehrjährige eigenständige wissenschaftliche Betätigung samt Publikation auf dem Gebiet der Klimaforschung oder verwandter Gebiete aus. Eine erneute Berufung in den Klima-Sachverständigenrat ist einmal zulässig.

(3) Der Klima-Sachverständigenrat tritt in einem Kalenderjahr mindestens bei drei Gelegenheiten zusammen. Er gibt sich im Einvernehmen mit dem Umweltministerium eine Geschäftsordnung.

(4) Zur Regelung der pauschalen Aufwandsentschädigung, des Sitzungsgelds, der Reisekostenerstattung, der Geschäftsstelle, der Verschwiegenheit, der freiwilligen und der unfreiwilligen Aufgabe der Mitgliedschaft einschließlich Nachbesetzung sowie der sonstigen organisatorischen Angelegenheiten erlässt das Umweltministerium eine Verwaltungsvorschrift.

§ 11 Aufgaben, Zuständigkeiten und Berücksichtigungspflicht

(1) Zur Koordinierung der ressortübergreifenden Aufgaben nach diesem Gesetz wird beim Umweltministerium eine Stabsstelle für Klimaschutz eingerichtet. Diese ist zuständig für die Koordinierung der Erstellung der Anpassungsstrategie nach § 4a, des integrierten Energie- und Klimaschutzkonzeptes nach § 6 sowie des Konzeptes nach § 7 Absatz 2 und die Koordinierung der Berichte nach § 7 Absatz 3 und § 9, jeweils in Zusammenarbeit mit den für die einzelnen Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen zuständigen Ministerien.; sie wirkt mit dem Klima-Sachverständigenrat bei dessen Aufgabenerfüllung nach § 10 zusammen.

(2) Zuständig für die Erstellung der Monitoringberichte nach § 9 sind die für die Umsetzung der jeweiligen Strategien und Maßnahmen zuständigen Ministerien. Diese legen auf Basis einer einheitlichen Struktur ihre Berichte der Stabsstelle für Klimaschutz beim Umweltministerium spätestens zum 30. April des jeweiligen Erscheinungsjahres vor. Nach Erstellung der Berichte gemäß § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 gibt die Stabsstelle für Klimaschutz beim Umweltministerium dem Beirat für Klimaschutz Klima-Sachverständigenrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

(3) Die Behörden, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts haben im Rahmen ihrer Zuständigkeit bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck dieses Gesetzes und die zu seiner Erfüllung beschlossenen Ziele dieses Gesetzes zu berücksichtigen.

(4) Das Regierungspräsidium soll bei Bauleitplanverfahren zur Regelung von Standorten für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien nach Absatz 5 als Träger öffentlicher Belange für den Klimaschutz im Rahmen des § 4 des Baugesetzbuchs beteiligt werden.

(5) Die unteren Verwaltungsbehörden und unteren Baurechtsbehörden sollen bei Zulassungsverfahren für Vorhaben zur Errichtung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien mit erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit mit Beginn der Beteiligung von Behörden, deren Aufgabenbereich berührt wird, auch das Regierungspräsidium beteiligen, um ihm Gelegenheit zu geben, die Belange des Klimaschutzes einzubringen. Hierzu gehören insbesondere folgende Anlagen:

1) Errichtung einer Windenergieanlage mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern,

2) Errichtung einer Wasserkraftanlage ab einer installierten elektrischen Gesamtleistung von 50 Kilowatt,

3) Errichtung einer nach Immissionsschutzrecht genehmigungsbedürftigen Biogasanlage,

4) Errichtung einer gebäudeunabhängigen Anlage zur photovoltaischen Solarnutzung ab einer installierten elektrischen Gesamtleistung von 500 Kilowatt,

5) Errichtung einer gebäudeunabhängigen Anlage zur thermischen Solarnutzung mit einer Kollektorfläche von mindestens 1000 m2.