März 2021 |
210306 |
ENERGIE-CHRONIK |
Von den insgesamt sieben Kohle-Kraftwerken der allgemeinen Stromversorgung, die bei der ersten Ausschreibung zur Stilllegung von Kohlekraftwerken den Zuschlag erhalten haben (201204), werden drei von den zuständigen Übertragungsnetzbetreibern als systemrelevant eingestuft. Wie die Bundesnetzagentur am 4. März mitteilte, haben Amprion und TenneT entsprechende Anträge für Walsum 9, Westfalen E und Heyden 4 gestellt. Die Prüfung der Anträge laufe bis zum 1. Juni 2021.
Die Systemrelevanz von Walsum 9 (RWE) begründet Amprion mit der notwendigen Bereitstellung von Wirkleistung für den Redispatch. Die Anträge für Heyden 4 (Uniper) und Westfalen E (RWE) begründen dagegen beide Übertragungsnetzbetreiber jeweils mit der notwendigen Bereitstellung von Blindleistung zur Spannungshaltung, die bei Stilllegung der Anlagen entfallen würde.
Wenn die Bundesnetzagentur den Anträgen stattgibt, müsste Walsum 9 in jedem Fall weiterhin betriebsbereit gehalten werden, dürfte künftig aber nur noch auf Anforderung des Übertragungsnetzbetreibers Amprion angefahren werden, wenn dies zur Absicherung des Netzbetriebs notwendig ist. Die Kraftwerke Heyden 4 und Westfalen E würden dagegen entweder zum spannungsbedingten Redispatch in die Netzreserve überführt oder zu rotierenden Phasenschiebern umgerüstet, wie das beispielsweise bei den Kernkraftwerken Biblis A und Grafenreinfeld geschehen ist (110815, 140811). Wahrscheinlicher ist die Phasenschieber-Lösung, bei der auch die weitere Verfeuerung von Kohle komplett entfallen würde. Die entstehenden Kosten werden in allen Fällen über die Netzentgelte auf die Strompreise umgelegt. An den bereits erteilten Zuschlägen und den Stilllegungs-Prämien für die Kraftwerksbetreiber ändert sich durch die nachträgliche Systemrelevanz-Ausweisung nichts.
Die Ergebnisse der zweiten Ausschreibung für die Stilllegung von Steinkohlekraftwerken, die zum 4. Januar stattfand, hat die Bundesnetzagentur noch nicht bekanntgegeben. Inzwischen läuft die dritte Ausschreibungsrunde. Gebotstermin ist der 30. April. Das Ausschreibungsvolumen beträgt 2.480,826 MW, der Höchstpreis 155.000 Euro pro MW. Der "Netzfaktor" wurde mit 105.736,17 Euro pro MW Nettonennleistung berechnet. Dabei handelt es sich um einen Malus, der gemäß § 18 Abs. 5 die bezuschlagte Gebotshöhe empfindlich schmälert, wenn Kraftwerke als systemrelevant eingestuft werden (201204). In der ersten Ausschreibungsrunde griff diese Bestimmung noch nicht.