März 2020

200307

ENERGIE-CHRONIK


Belgien muss Laufzeit-Verlängerung für KKW Doel revidieren

Das belgische Verfassungsgericht hat am 5. März das Gesetz für ungültig erklärt, mit dem im Juni 2015 die Laufzeiten der beiden Kernkraftwerke Doel 1 und Doel 2 auf fünfzig Jahre verlängert wurden (160104). Es folgte damit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg, der im Juli vorigen Jahres festgestellt hatte, dass Parlament und Regierung gegen europäisches Recht verstießen, als sie das Verlängerungsgesetz ohne Umweltverträglichkeitsprüfung, Beteiligung der Öffentlichkeit und grenzüberschreitende Bewertung beschlossen (190706).

Das Verfassungsgericht hatte dieses Urteil selber herbeigeführt, indem es eine entsprechende Klage der beiden belgischen Umweltschutzorganisationen Bon Beter Leefmilieu (BBL) und Inter-Environnement Wallonie (IEW) in Luxemburg zur Entscheidung vorlegte. Insofern überrascht die Nichtigkeitserklärung des Gesetzes nicht. Neu hinzugekommen ist aber die Entscheidung darüber, ob die Ungültigkeitserklärung des Gesetzes zur endgültigen Abschaltung der beiden Reaktoren führt, die seit 1975 in Betrieb sind und nach der bisherigen Regelung noch bis 2025 am Netz bleiben sollten.

Vorerst bleiben beide Reaktoren weiter am Netz

Die EuGH-Richter beschränkten sich in diesem Punkt auf die Feststellung, dass ein nationales Gericht die Fortdauer des KKW-Betriebs anordnen könne, "wenn im Fall einer Aufhebung oder Aussetzung der Wirkungen dieser Maßnahmen die tatsächliche und schwerwiegenden Gefahr einer Unterbrechung der Stromversorgung des betreffenden Mitgliedsstaates bestünde, der nicht mit anderen Mitteln und Alternativen, insbesondere im Rahmen des Binnenmarkts, entgegengetreten werden kann". Auf Antrag der Regierung und des KKW-Betreibers Electrabel hat das Verfassungsgericht nun diese Frage geprüft. Es gelangte zu der Ansicht, dass die Abschaltung der beiden Reaktoren ein ernsthaftes Risiko für die Stromversorgung des Landes bedeuten würde, das auch nicht durch Importe ausgeglichen werden könne. Ungeachtet der Ungültigkeit des Gesetzes bleibe deshalb der dadurch geschaffene Zustand vorerst in Kraft. Bis spätestens 31. Dezember 2022 müsse aber ein neues Gesetz verabschiedet werden, das den gerügten Mängeln abhilft.

Umweltverbände sprechen von "bahnbrechendem Urteil"

Die beiden Umweltschutzverbände, die geklagt hatten, sprachen von einem "bahnbrechenden Urteil", das in der Auseinandersetzung um die Laufzeitenverlängerung von Kernkraftwerken von großer Bedeutung sei: "Künftig wird die Regierung nicht mehr in der Lage sein, eine Entscheidung von so großer Tragweite wie die Laufzeitverlängerung eines Kernkraftwerks treffen zu können, ohne die davon betroffenen Bürger in Belgien und im Ausland zu konsultieren. Dies ist eine historische Entscheidung, mit der Staaten für derart wichtige Entscheidungen in die Verantwortung genommen werden."

 

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