April 2019

190402

ENERGIE-CHRONIK


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Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus

Neufassung von § 43 EnWG und Änderung von § 118, Abs. 6 EnWG

 

§ 43 Erfordernis der Planfeststellung

(1) Die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von folgenden Anlagen bedürfen der Planfeststellung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde:

1. Hochspannungsfreileitungen, ausgenommen Bahnstromfernleitungen, mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder mehr,

2. Hochspannungsleitungen, die zur Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See im Sinne des § 3 Nummer 49 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Küstenmeer als Seekabel und landeinwärts als Freileitung oder Erdkabel bis zu dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des nächsten Übertragungs- oder Verteilernetzes verlegt werden sollen,

3. grenzüberschreitenden Gleichstrom-Hochspannungsleitungen, die nicht unter Nummer 2 fallen und die im Küstenmeer als Seekabel verlegt werden sollen, sowie deren Fortführung landeinwärts als Freileitung oder Erdkabel bis zu dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des nächsten Übertragungs- oder Verteilernetzes,

4. Hochspannungsleitungen nach § 2 Absatz 5 und 6 des Bundesbedarfsplangesetzes,

5. Gasversorgungsleitungen mit einem Durchmesser von mehr als 300 Millimeter und

6. Anbindungsleitungen von LNG-Anlagen an das Fernleitungsnetz mit einem Durchmesser von mehr als 300 Millimeter.

Leitungen nach § 2 Absatz 1 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz bleiben unberührt.

(2) Auf Antrag des Trägers des Vorhabens können durch Planfeststellung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde zugelassen werden

1. die für den Betrieb von Energieleitungen notwendigen Anlagen, insbesondere Konverterstationen, Phasenschieber, Verdichterstationen, Umspannanlagen und Netzverknüpfungspunkte, soweit sie in das Planfeststellungsverfahren für die Energieleitung integriert werden; dabei ist eine nachträgliche Integration in die Entscheidung zur Planfeststellung durch Planergänzungsverfahren möglich, solange die Entscheidung zur Planfeststellung gilt,

2. die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung eines Erdkabels für Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt im Küstenbereich von Nord- und Ostsee, die in einem 20 Kilometer breiten Korridor, der längs der Küstenlinie landeinwärts verläuft, verlegt werden sollen; Küstenlinie ist die in der Seegrenzkarte Nummer 2920 „Deutsche Nordseeküste und angrenzende Gewässer“, Ausgabe 1994, XII., und in der Seegrenzkarte Nr. 2921 „Deutsche Ostseeküste und angrenzende Gewässer“, Ausgabe 1994, XII., des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie jeweils im Maßstab 1 : 375 000 dargestellte Küstenlinie,

3. die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung eines Erdkabels mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder mehr zur Anbindung von Kraftwerken oder Pumpspeicherkraftwerken an das Elektrizitätsversorgungsnetz,

4. die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung eines sonstigen Erdkabels für Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder weniger, ausgenommen Bahnstromfernleitungen,

5. die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung einer Freileitung mit einer Nennspannung von unter 110 Kilovolt oder einer Bahnstromfernleitung, sofern diese Leitungen mit einer Leitung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 3 auf einem Mehrfachgestänge geführt werden und in das Planfeststellungsverfahren für diese Leitung integriert werden; gleiches gilt für Erdkabel mit einer Nennspannung von unter 110 Kilovolt, sofern diese im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Erdkabels nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 oder nach Nummer 2 bis 4 mit verlegt werden,

6. Leerrohre, die im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme eines Erdkabels nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 oder nach Nummer 2 bis 4 mit verlegt werden,

7. die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von Energiekopplungsanlagen und

8. die Errichtung und der Betrieb sowie die Änderung von Großspeicheranlagen mit einer Nennleistung ab 50 Megawatt, soweit sie nicht § 126 des Bundesberggesetzes unterfallen.

Satz 1 ist für Erdkabel auch bei Abschnittsbildung anzuwenden, wenn die Erdverkabelung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem beantragten Abschnitt einer Freileitung steht.

(3) Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.

(4) Für das Planfeststellungsverfahren sind die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes anzuwenden.

(5) Die Maßgaben sind entsprechend anzuwenden, soweit das Verfahren landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

 


§ 118, Abs. 6 EnWG (Änderungen)

(6) Nach dem 31. Dezember 2008 neu errichtete Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie, die ab 4. August 2011, innerhalb von 15 Jahren in Betrieb genommen werden, sind für einen Zeitraum von 20 Jahren ab Inbetriebnahme hinsichtlich des Bezugs der zu speichernden elektrischen Energie von den Entgelten für den Netzzugang freigestellt. Pumpspeicherkraftwerke, deren elektrische Pump- oder Turbinenleistung nachweislich um mindestens 7,5 Prozent oder deren speicherbare Energiemenge nachweislich um mindestens 5 Prozent nach dem 4. August 2011 erhöht wurden, sind für einen Zeitraum von zehn Jahren ab Inbetriebnahme hinsichtlich des Bezugs der zu speichernden elektrischen Energie von den Entgelten für den Netzzugang freigestellt. Die Freistellung nach Satz 1 wird nur gewährt, wenn die elektrische Energie zur Speicherung in einem elektrischen, chemischen, mechanischen oder physikalischen Stromspeicher aus einem Transport- oder Verteilernetz entnommen und die zur Ausspeisung zurückgewonnene elektrische Energie zeitlich verzögert wieder in dasselbe Netz eingespeist wird. Die Freistellung nach Satz 2 setzt voraus, dass auf Grund vorliegender oder prognostizierter Verbrauchsdaten oder auf Grund technischer oder vertraglicher Gegebenheiten offensichtlich ist, dass der Höchstlastbeitrag der Anlage vorhersehbar erheblich von der zeitgleichen Jahreshöchstlast aller Entnahmen aus dieser Netz- oder Umspannebene abweicht. Sie erfolgt durch Genehmigung in entsprechender Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorgaben nach § 19 Absatz 2 Satz 3 bis 5 und 8 bis 10 der Stromnetzentgeltverordnung. Als Inbetriebnahme gilt der erstmalige Bezug von elektrischer Energie für den Probebetrieb, bei bestehenden Pumpspeicherkraftwerken der erstmalige Bezug nach Abschluss der Maßnahme zur Erhöhung der elektrischen Pump- oder Turbinenleistung und der speicherbaren Energiemenge. Satz 2 und 3 gelten nicht für Anlagen, in denen durch Wasserelektrolyse Wasserstoff erzeugt oder in denen Gas oder Biogas durch wasserelektrolytisch erzeugten Wasserstoff und anschließende Methanisierung hergestellt worden ist. Auf Anlagen, in denen durch Wasserelektrolyse Wasserstoff erzeugt oder in denen Gas oder Biogas durch wasserelektrolytisch erzeugten Wasserstoff und anschließende Methanisierung hergestellt worden ist, sind die Sätze 1, 3 und 6 anzuwenden, soweit der erzeugte Wasserstoff oder das erzeugte Gas zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Diese Anlagen sind zudem von den Einspeiseentgelten in das Gasnetz, an das sie angeschlossen sind, befreit.

 


 

 

 

 

 

 

Auszug aus dem Plenarprotokoll des Bundesrats, 976. Sitzung am 12. April 2019

Dr. Bernd Buchholz (Schleswig-Holstein):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will ausdrücklich unterstreichen, dass auch Schleswig-Holstein in den Grundlinien das Netzausbaubeschleunigungsgesetz unterstützt.

Wir im Norden machen bekanntermaßen Wind, viel Wind. Wir sind nicht nur in der Lage, Wind zu machen, sondern ihn auch in Energie umzusetzen, meistens in elektrische Energie. Um die Energiewende wirklich voranzubringen, ist es notwendig, dass wir den Netz-, den Leitungsausbau endlich hinbekommen. Die Peilung ist allerdings 2027; bis dahin wird es dauern, dass wir die im Norden entstehende Energie an die Stellen im Süden bringen können, wo sie tatsächlich gebraucht wird. Also: Das Gesetz hat unsere volle Zustimmung.

Allerdings hat die Bundesregierung in der letzten Woche an einer bestimmten Stelle für nicht unerhebliche Irritation gesorgt, indem sie in § 118 des Gesetzes die Umwandlung von grünem Strom in Wasserstoff plötzlich mit Netzentgelten belegen wollte, was bisher durch das Gesetz ausdrücklich ausgeschlossen war.

Herr Weil hat vorhin über das Thema Notwendigkeit und Wichtigkeit von Batteriezellen gesprochen. Ich spreche jetzt davon, dass Technologieoffenheit bei der Energiewende auch bedeutet, dass wir auf molekulare Energieträger als Speichermedien setzen müssen und deshalb der Wasserstoffwirtschaft keinen Tort antun dürfen. Diese Form der Energiespeicherung soll sich in Deutschland insgesamt nicht nur durchsetzen, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll machbar sein.

Was war kurzfristig anders? Ich habe in den letzten Tagen gehört, dass die Bundesregierung die im Gesetz vorgesehene Änderung der materiellen Rechtslage, nämlich Netzentgelte auf die Umwandlung in Wasserstoff vorzusehen, rückgängig machen wird, und zwar als Anhang zu dem Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen, dessen Entwurf sich heute bei uns in der Beratung befindet. Ich erwarte, dass die Bundesregierung heute eine entsprechende Protokollerklärung abgibt.

Meine Damen und Herren, das finden wir so erfreulich, dass wir unseren Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses und unseren Entschließungsantrag zurückziehen – allerdings mit der klaren Anmerkung, dass die Bundesregierung mit der entsprechenden Regelung ernst macht und wir bei den „Power to X“-Technologien zu Regelungen kommen, die dafür sorgen, dass wir in Deutschland industriepolitisch nicht eine Entwicklung verpassen, die es uns gleichzeitig mit der Energiewende ermöglicht, in diese neuen Technologien zu investieren, also keine neuen Hürden aufgebaut werden, wie es mit der Regelung in diesem Gesetz vorgesehen war. Ich gehe davon aus, Herr Staatssekretär, dass Sie jetzt eine entsprechende Protokollerklärung abgeben werden. Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

Vizepräsident Dr. Dietmar Woidke:

Herzlichen Dank, Herr Minister Dr. Buchholz! Es folgt Herr Parlamentarischer Staatssekretär Wittke für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Herr Wittke, Sie haben das Wort.

Oliver Wittke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie:

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie beraten heute über das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus.

Mit diesem Gesetz wollen wir den Netzausbau voranbringen, indem wir die Genehmigungsverfahren vereinfachen und vor allem beschleunigen.

Für eine erfolgreiche Energiewende brauchen wir dringend leistungsfähige Stromnetze. Daher hat Minister Altmaier den Netzausbau nicht nur zur „Chefsache“ gemacht, sondern auch einen Aktionsplan Stromnetze vorgelegt und mehrere Netzausbaureisen in die betroffenen Bundesländer und Regionen unternommen. Es wäre ein starkes und gutes Signal für den Netzausbau, wenn heute auch die NABEG-Novelle beschlossen würde.

Für die konstruktive Zusammenarbeit mit den Bundesländern – ausdrücklich auch mit Schleswig-Holstein – bedanke ich mich im Namen von Minister Altmaier ganz, ganz herzlich.

Auf die Kritik des Bundesrates an der Regelung betreffend Netzentgelte bei der Nutzung von Strom für Wasserstoffelektrolyse möchte ich gesondert eingehen:

Das Bundeswirtschaftsministerium teilt die Einschätzung Schleswig-Holsteins, dass synthetischer Wasserstoff eine bedeutende Rolle im Rahmen der Energiewende einnehmen kann, einnehmen muss und einnehmen wird. Es besteht die Besorgnis, dass die Regelung im Rahmen der NABEG-Novelle ein Hemmnis für die Nutzung von synthetischem Wasserstoff darstellen kann. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt das Bundeswirtschaftsministerium, die Änderung des § 118 Absatz 6 Satz 7 EnWG schnellstmöglich zurückzunehmen.

Als Trägergesetz könnte das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Ener-gieeffizienzmaßnahmen dienen. Nach Beratung mit den Stakeholdern wollen wir einen Vorschlag unterbreiten, wie die Rahmenbedingungen für den Einsatz von „Power to X“ insgesamt gestaltet werden können. Hierzu werde ich für die Bundesregierung noch eine entsprechende Protokollerklärung abgegeben; ich glaube, sie ist im Sekretariat des Bundesrates mittlerweile eingegangen. Auch wir wollen, dass „Power to X“-Anlagen und Geschäftsmodelleim Rahmen der Sektorenkopplung eine ökonomisch tragfähige Perspektive haben.

Ich bitte Sie daher, auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses zu verzichten – Herr Buchholz, ich denke, aus Ihren Worten ist deutlich geworden, dass das nicht mehr beabsichtigt ist – und damit eine Verzögerung der Verabschiedung der NABEG-Novelle zu verhindern. Die schnelle Verabschiedung des Gesetzes liegt in unser aller Interesse, sicherlich auch im Interesse der Länder.

Wir brauchen die zügige Verabschiedung dieses Gesetz nicht nur, um den dringend erforderlichen Netzausbau voranzutreiben. Auch für das vom Bundesrat geforderte nationale Offshore-Testfeld muss die NABEG-Novelle schnellstmöglich in Kraft treten.

Insgesamt bietet das Gesetz in vielen Bereichen große Vorteile und setzt ein wichtiges Zeichen für die Energiewende. Daher bitte ich Sie um Ihre Zustimmung und bedanke mich noch einmal ausdrücklich für die konstruktiven Gespräche, die wir – man kann fast sagen: in den letzten Stunden – geführt haben. Herzlichen Dank!

 

 

 

 

Auszug aus dem Plenarprotokoll des Bundesrats, 976. Sitzung am 12. April 2019

Anlage 6

Erklärung von Parl. Staatssekretär Oliver Wittke (BMWi)
zu Punkt 37 der Tagesordnung

Protokollerklärung der Bundesregierung

Das Land Schleswig-Holstein hat die Regelung in Artikel 1 Nummer 34 Buchstabe b des „Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus“ (§ 118 Absatz 6 Satz 7 EnWG) kritisiert. Diese Regelung betrifft die Netzentgeltbefreiung bei der Nutzung von Strom für die Wasserstoffelektrolyse. Synthetischer Wasserstoff kann in bestimmten Bereichen eine bedeutende Rolle im Rahmen der Energiewende einnehmen. Es besteht die Besorgnis, dass die genannte Regelung ein Hemmnis für die Nutzung von synthetischem Wasserstoff darstellen kann. Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung bei der nächsten möglichen Gelegenheit einen Entwurf vorlegen, mit dem die entsprechende Regelung aus der NABEG-Novelle zunächst wieder zurückgenommen wird, um nach Beratung mit den Stakeholdern einen Vorschlag zu unterbreiten, wie die Rahmenbedingungen für den Einsatz von „Power to X“ insgesamt gestaltet werden können.