März 2019

190311

ENERGIE-CHRONIK


 


Die Wasserkraftwerke im Flußgebiet des Rio Caroni (blau) sind der absolute Schwerpunkt der venezuelanischen Stromerzeugung. Die Störung im Wasserkraftwerk Guri (rechts) wurde angeblich durch einen terroristischen Anschlag herbeigeführt. Wahrscheinlicher ist aber Schlamperei, die das herrschende Regime noch begünstigt haben soll, indem es Techniker entließ, die vor den Folgen einer weiteren Vernachlässigung gewarnt haben.
Grafik/Foto: EDELCA

Stromausfall lähmte tagelang Venezuela

In Venezuela ist vom 7. bis 14. März im größten Teil des Landes die Stromversorgung komplett zusammengebrochen. Der einwöchige Stromausfall traf das von einer schweren wirtschaftlichen und politischen Krise gebeutelte Land zusätzlich. Weil auch die Pumpen der Wasserversorgung ausfielen, mußten die Menschen unsauberes Wasser aus Flüssen schöpfen. In den Kühlanlagen verfaulten die ohnehin knapp bemessenen Lebensmittel. In den Krankenhäusern starben Menschen, weil Strom für medizinische Geräte fehlte. Der öffentliche Nahverkehr brach zusammen. An den Tankstellen bildeten sich lange Schlangen, weil selbst das Tanken große Probleme bereitete und viele zusätzlich Treibstoff für Notstromaggregate benötigten.

Regierung spricht von US-Cyberangriff und bezichtigt Opposition der Sabotage

Der regierende Präsident Nicolas Maduro machte für den Strom-Notstand einen Cyberangriff aus den USA verantwortlich. Außerdem ließ er die Justiz wegen Sabotage gegen den Oppositionsführer Juan Guaido ermitteln, der sich selber zum Interimspräsidenten ernannt und wegen des Stromausfalls zu neuen Protesten gegen die Regierung aufgerufen hat. Das klang allerdings nicht sehr überzeugend, zumal Venezuela schon immer erhebliche Probleme mit der Stromversorgung hatte, weil Anlagen und Netz nicht ausreichend gewartet werden. Beispielsweise kam es im Februar in sechs Bundesstaaten des Landes zu Stromausfällen, die bis zu 15 Stunden andauerten und große Ballungszentren einschließlich der Hauptstadt Caracas trafen.

Nur wenige Tage später gingen schon wieder die Lichter aus

Am 26. und 27. März kam es erneut zu flächendeckenden Stromausfällen, wobei in den meisten betroffenen Gebieten die Versorgung nach ein paar Stunden wieder hergestellt werden konnte. Ursache war eine Störung im Wasserkraftwerk Guri, das mit einer Leistung von 10.200 MW fast 40 Prozent der gesamten Kraftwerkskapazität stellt. Die Regierung machte wieder einen "brutalen und verbrecherischen terroristischen Akt" verantwortlich, den Ultrarechte schon am 25. März verübt hätten, wobei sich die aus diesem Angriff resultierende Instabilität der Stromversorgung zum Teil erst nachträglich gezeigt habe. In der regierungsamtlichen Darstellung las sich das so:

"Ohne Pause wurden die von Präsident Maduro angeordneten Maßnahmen ergriffen und in Rekordzeit Ergebnisse erzielt. Nur vier Stunden nach dem brutalen Angriff auf Guri wurde der schrittweise Wiederanschluss und die Verbreitung der Spannung aufgenommen, bis in der Nacht des gestrigen Dienstag, 26. März, in mehr als 85 Prozent des nationalen Territoriums die Stromversorgung vollständig wiederhergestellt war. Am Morgen des heutigen Mittwoch, 27. März, zeigten sich als Folge der aus dem Angriff folgenden Instabilität ein Fehler und ein teilweiser Einbruch des Stromsystems. Unermüdlich wurde daran gearbeitet, den Fehler zu beheben, und wir befinden uns erneut im Prozess der Wiederherstellung der Spannung, die in den nächsten Stunden im ganzen Land schrittweise erfolgen wird.

In unserer Verpflichtung, das Volk zu informieren, müssen wir hervorheben, dass die an den Anlagen durch den von den Terroristen in Guri provozierten Brand verursachten Schäden ernsthaft sind und sensible, für die Integrität des Systems unverzichtbare Anlagen ernsthaft von den durch die Verbrecher gelegten Flammen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Haben Sie die Gewissheit, dass wir all unsere Anstrengung auf die vollständige und komplette Wiederherstellung aller sabotierter Anlagen setzen werden, und dass das Ergebnis ein in maximaler Weise robustes und starkes Stromversorgungssystem sein wird."

Beweise blieb die Regierung freilich schuldig. Daran änderten auch Fotos nichts, die sie via Twitter veröffentlichte und auf denen durch einen Brand beschädigte Teile des Kraftwerks zu sehen sind. Dem deutschsprachigen Publikum wurden diese Fotos samt Erklärung von der russischen Internet-Propaganda unter "sputniknews.com" serviert.

Nach Angaben von EIA (Statistikbehörde des US-Energieministeriums) hatte Venezuela im Jahr 2017 eine Stromerzeugung von gut 117 Terawattstunden, die zu drei Vierteln aus Wasserkraft stammte. Der Rest kam aus fossil befeuerten Kraftwerken, die jeweils zur Hälfte mit Erdgas und Öl betrieben werden. Absoluter Schwerpunkt der Erzeugung sind die Wasserkraftwerke am Rio Caroni in der Region Guayana, von denen aus der Strom mit Spannungen von 765, 400 und 230 Kilovolt in die Verbrauchsregionen transportiert wird.