August 2018 |
180808 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Bosch-Konzern hat mit dem Brennstoffzellen-Experten Ceres Power eine Partnerschaft zur Entwicklung und Fertigung von Festoxid- Brennstoffzellen (SOFC) vereinbart. Zugleich erwirbt er für knapp zehn Millionen Euro einen Anteil von 4,4 Prozent an dem britischen Partner. Wie beide Unternehmen am 21. August mitteilten, sieht die am Vortag unterzeichnete Kooperations- und Lizenzvereinbarung den Aufbau einer Kleinserienfertigung von SOFC-Anlagen vor, die Bosch für die dezentrale Energieversorgung anbieten wird. Als Basis dient dabei die von Ceres entwickelte "SteelCell"-Technologie. Die Anlagen sollen pro Modul eine Leistung von 10 Kilowatt haben, die sich durch Vernetzung mehrerer Module beliebig vervielfachen läßt.
Die Briten hatten bereits am 10. Januar mitgeteilt, dass es ihnen gelungen sei, neben den bereits bestehenden Kooperationen mit Honda und Nissan (beide Japan), Cummins (USA) sowie Weichai (China) einen fünften Entwicklungspartner zu gewinnen. Bosch wurde aber nicht genannt. Es war lediglich von einem global tätigen Unternehmen die Rede. Dies sei aus Gründen der vereinbarten Vertraulichkeit geschehen, erklärte jetzt Ceres Power.
SOFC (engl. Solid Oxide Fuel Cell) können Strom und Wärme aus Erdgas erzeugen, das sie intern zu Wasserstoff "reformieren". Um mit herkömmlichen Kraftwerken wirtschaftlich konkurrieren zu können, ist aber vor allem eine Absenkung der Betriebstemperatur erforderlich. Die von Ceres Power entwickelte "SteelCell"-Technologie basiert auf einer Stahlzelle mit Cer-Gadoliniumoxid (CGO) als Elektrolyt und ermöglicht damit Betriebstemperaturen von 500 bis 620 Grad Celsius gegenüber 700 bis 1000 Grad bei herkömmlichen SOFC mit Elektrolyten aus Yttriumoxid-stabilisiertem Zirkoniumdioxid (YSZ). Das ermöglicht die Verwendung kostengünstigerer Materialien und eine größere Robustheit der Zellen gegenüber realen Betriebsbedingungen. Nicht zuletzt hat Ceres Power ein patentiertes Verfahren entwickelt, um dünne Keramikschichten per Siebdruck auf Laser-perforierten Stahlplatten aufzubringen.
Pluspunkte aller SOFC sind der hohe elektrische Wirkungsgrad, das gute Teillastverhalten, die geringen Schadstoff-Emissionen und die weitgehende Geräuschlosigkeit. Lange Zeit galt eine geringe Lebensdauer als Makel dieses Hochtemperatur-Brennstoffzellentyps. Das Forschungszentrum Jülich startete deshalb am 6. August 2007 einen Langzeittest mit einer SOFC und konnte zehn Jahre später mitteilen, dass sie noch immer lief und Strom erzeugte. Die alterungsbedingte Leistungseinbuße hielt sich mit 0,6 Prozent pro tausend Betriebsstunden in relativ engen Grenzen. Ein weiter entwickelter Stapel aus dem Jahr 2010 alterte während 34.500 Betriebsstunden sogar nur halb so schnell. Wie auf Anfrage zu erfahren war, hat die 2007 gestartete Zelle exakt 93.128 Stunden ununterbrochen Strom geliefert, bevor die Anfangsleistung um ungefähr die Hälfte gesunken war und es erstmals Probleme gab.
Es dauert allerdings längere Zeit, bis SOFC ihre Betriebsfähigkeit erreichen. Sie eignen sich deshalb gut für den kontinuierlichen Einsatz als stationäre Strom- und Wärmelieferanten, aber kaum als Energiespender für Elektroautos. Trotzdem hat der japanische Automobilhersteller Nissan vor zwei Jahren ein Versuchsfahrzeug mit SOFC vorgestellt. Der diskontinuierliche Strombedarf des Elektroautos wird dabei aus einer 24 Kilowattstunden fassenden Batterie gedeckt. Dieser Akkumulator wird seinerseits durch eine SOFC-Brennstoffzelle aufgeladen, die Wasserstoff aus Bioethanol gewinnt, das in einem 30-Liter-Tank mitgeführt wird. Mit einer Tankfüllung soll das Fahrzeug eine Reichweite von 600 Kilometer erreichen. Vor diesem Hintergrund ist die zwischen Nissan und Ceres Power vereinbarte Kooperation zustande gekommen. Auch die Partner Honda und Weichai dürften Elektrofahrzeuge – vor allem sehr große wie Lastwagen, Züge und Schiffe – zumindest mit im Blick haben.
Bosch hat dagegen soeben erst seine Pläne zur Entwicklung einer neuen Generation von Akkumulatoren für Elektroautos beerdigt (180701). "Wir sind zur Überzeugung gelangt, dass Batteriezellen langfristig ein standardisiertes Massenprodukt sein werden", begründete der Chef des Unternehmensbereichs Mobility Solutions, Rolf Bulander, im Februar diese Entscheidung. "Wir müssen die Zelle technisch verstehen, wir müssen sie nicht fertigen." Vermutlich gilt diese Sichtweise auch für Elektroautos mit Brennstoffzellen. Hier ist sowieso die Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzelle (PEMFC) der absolute Favorit. Bosch und Nissan werden sich deshalb mit ihren unterschiedlichen Konzepten zur Nutzung der SFOC von Ceres Power kaum in die Quere kommen.