Oktober 2016 |
161014 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Stadtwerke Mainz sind nach sechsjähriger Abstinenz wieder in den Strom- und Gasvertrieb eingestiegen. Genau genommen ist es sogar 16 Jahre her, seitdem sie auf einen eigenen Vertrieb verzichtet haben. Bei einem Pressetermin im neuen Kundenzentrum "Mainzer Energieladen" unterschrieb der Aufsichtsratsvorsitzende und Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling am 24. Oktober als erster Kunde einen Liefervertrag. Der Stadtwerke-Vorstandsvorsitzende Detlev Höhne sprach von einem bedeutenden strategischen Schritt für die gesamte Unternehmensgruppe. "Nachdem wir uns 2010 von unseren Entega-Anteilen getrennt hatten, haben uns in den Jahren danach viele Mainzerinnen und Mainzer gefragt, wann sie endlich wieder Kunde bei uns werden können."
Zum Start der neuen Vertriebsmarke "Mainzer Energie" gibt es zunächst zwei Produkte: "Mainzer Strom 24 grün" und "Mainzer Gas 24". Beim Strom handelt es sich um "TÜV-zertifizierten Ökostrom aus Wasserkraftanlagen". Später sollen weitere Strom- und Gasprodukte folgen. Der Arbeitspreis beim Strom beträgt 25,30 Cent je Kilowattstunde, der Grundpreis 8,29 Euro pro Monat. Damit zahlt ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden rund 82 Euro im Monat bzw. 985 Euro im Jahr. Für Neukunden wird es einen einmaligen Bonus von 75 Euro geben. Das "Mainzer Gas 24" kostet je Kilowattstunde 5,11 Cent. Bei einem Jahresverbrauch von 15 000 Kilowattstunden und einem Grundpreis von monatlich 10,34 Euro ergibt das für einen Durchschnittshaushalt insgesamt etwa 74 Euro monatlich. Hinzu gibt es für Neukunden einen einmaligen Wechselbonus von 100 Euro.
Die neugestartete Mainzer Stadtwerke Vertrieb und Service GmbH wird es bei diesen Preisen nicht leicht haben, sich gegen billigere Anbieter durchzusetzen. Beim Vergleich mittels des Verivox-Tarifrechners (nach Abwahl der voreingestellten Boni) lag dieser Stromtarif zwar um knapp hundert Euro unter dem Grundversorgungstarif der Entega und auch um 17 Euro unter dem Wahltarif, den diese ebenfalls mit Öko-Duftnote anbietet. Es gab aber mindestens ein Dutzend günstigere Anbieter.
"Die Stadtwerke orientieren sich bei ihren Angeboten nicht an Billigprodukten, sondern an den regionalen Mitbewerbern", hieß es denn auch vorsorglich in der Pressemitteilung. Offenbar wird auf einen Bonus gesetzt, den die Mitbewerber nicht bieten können: "Der Wechsel zu den Mainzer Stadtwerken fällt den Menschen sicher leichter, wenn sie wissen, daß das Geld, das man für Strom und Gas zahlt, auch in unserer Stadt bleibt", meinte der Stadtwerke-Chef Detlev Höhne. "Bei uns landen die Gewinne nicht in den Taschen von anonymen Großaktionären, sondern wir verwenden unsere Einnahmen unter anderem dafür, das jährliche Defizit von etwa 15 Millionen Euro im Mainzer Bus- und Straßenbahnverkehr zu zahlen. Oder um die regionale Energiewende voranzubringen, die Stadt jedes Jahr finanziell zu unterstützen und das ehrenamtliche Engagement von Dutzenden von Vereinen und Organisationen hier zu sichern. Das alles unterscheidet uns von anderen Energieanbietern, die nicht von hier kommen und im Zweifel nur auf die Rendite schauen."
Grundversorger bleibt in Mainz bis auf weiteres die Entega, die 1999 von den Stadtwerken Mainz und der HEAG Südhessische Energie AG (HSE) in Darmstadt als gemeinsame Tochter für Vertrieb und Handel gegründet worden war (991108). Im folgenden Jahr übertrugen die Mainzer ihren Vertrieb der neuen Entega. Sie standen deshalb ohne eigene Kunden da, als sie im August 2010 ihre Anteile an dem gemeinsamen Unternehmen der HSE überließen. Die HSE hat vor einem Jahr den Namen ihrer Vertriebstochter angenommen, da eine Umfrage für diese Marke eine höhere Bekanntheit und ein besseres Image ergab. Die Vertriebstochter der neuen Entega AG heißt jetzt Entega Energie GmbH (150809).