Eckpunkte für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende
Politische Vereinbarungen der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD
vom 1. Juli 2015
Die Energiewende ist eines der zentralen Vorhaben der Bundesregierung. Wir wollen
aus ihr eine ökologische und ökonomische Erfolgsgeschichte machen.
Im vergangenen Jahr haben wir mit einer grundlegenden Reform des EEG die Kostendynamik
der letzten Jahre durchbrochen und mehr Planungssicherheit für alle Akteure
geschaffen.
Es geht jetzt um die konkreten Weichenstellungen für die Weiterentwicklung
des Strommarkts. Ziel ist eine optimale Verzahnung (Systemintegration) der verschiedenen
Bereiche. Damit wollen wir verlässliche und kostengünstige Lösungen
erreichen, die den zukünftigen Anforderungen der Energiewende gerecht werden
und den Anstieg der Strom- und Energiepreise dämpfen. Dazu gehört
auch die weitere Integration in den europäischen Binnenmarkt.
Die Themen Strommarkt, KWK-Förderung, CO2-Minderungsbeitrag des Stromsektors
und der Netzausbau sind fachlich eng miteinander verknüpft. Deshalb sollen
die Grundsatzentscheidungen zu diesen Vorhaben im Zusammenhang getroffen werden.
Die noch offenen Fragen zur Realisierung und Finanzierung des Rückbaus
der Kernkraftwerke und der Entsorgung der radioaktiven Abfälle sollen ebenfalls
gelöst werden. Auf der Basis der heutigen Beschlüsse sollen nach der
Sommerpause die legislativen und sonstigen notwendigen Maßnahmen umgesetzt
werden.
1. Die Grundsatzentscheidung: Strommarkt 2.0. - Mehr Wettbewerb und
mehr Verantwortung
Der Strommarkt soll zu einem Strommarkt 2.0 weiterentwickelt und mit einer
Kapazitätsreserve abgesichert werden. Auf der Basis einer breit angelegten
Diskussion, zahlreicher wissenschaftlicher Gutachten, einem breit konsultierten
Grünbuch werden wir die Weichen für einen zukunftsfähigen „Strommarkt
2.0“ stellen. Dieser soll ergänzt werden um eine Kapazitätsreserve
außerhalb des Strommarktes. Der Strommarkt 2.0 ist ein weiterer wichtiger
Schritt hin zu einer sicheren und wirtschaftlichen Stromversorgung in einem
zunehmend von erneuerbaren Energien geprägten europäischen Markt.
Dabei geht es vorrangig um die folgenden Themen:
- Wettbewerb und Innovation entfachen. Kern des Strommarktes
ist ein marktwirtschaftlicher Wettbewerb der Flexibilitätsoptionen, sei
es auf der Erzeugungs- oder auf der Nachfrageseite. Wir brauchen Flexibilität
im Strommarkt, um die wetterbedingten Schwankungen der erneuerbaren Energien,
aber auch die Schwankungen auf der Nachfrageseite auszugleichen. Flexible
Kraftwerke, KWK, der europäische Stromhandel, Lastmanagement, Speicher,
E-Mobilität und andere Flexibilitätsoptionen sollen in einem fairen
Wettbewerb um die besten Lösungen konkurrieren. Netzentgelte und andere
Abgaben sollen keine Fehlanreize setzen, damit die Preissignale des Strommarkts
beim Verbraucher ankommen und die kostengünstigsten Flexibilitätsoptionen
genutzt werden. Wir befördern damit auch den für die Energiewende
notwendigen Strukturwandel. Nach dem Abbau der heute am Strommarkt existierenden
Überkapazitäten ergeben sich daraus auch verstärkt Verdienstmöglichkeiten
für Kraftwerke.
- Stromversorger in die Pflicht nehmen. Die verantwortlichen
Stromversorger und -händler (das sind die sog. „Bilanzkreisverantwortlichen“)
müssen konsequent verpflichtet werden, für ihre Kunden ausreichend
Strom einzukaufen. Wer weniger Strom eingekauft hat als er tatsächlich
benötigt, trägt verursachergerecht die Kosten, um seine Versorgungslücke
auszugleichen. In Zeiten von Knappheit können diese hoch sein. Die Akteure
am Strommarkt werden sich gegen dieses Risiko mit langfristigen Lieferverträgen
und Lastmanagement absichern. Damit schaffen wir verlässliche Grundlagen
für Investitionen.
- Freie Preisbildung garantieren. Abhängig vom Stromangebot
und der Nachfrage senden die Preise wichtige Informationen an die Akteure
der Strombörse (Stromversorger, -händler, Industrie). Diese Preisbildung
muss frei bleiben, weil nur so angezeigt wird, wie knapp Strom zu einem bestimmten
Zeitpunkt ist. Deshalb werden wir die freie Preisbildung rechtlich absichern:
Im Energiewirtschaftsrecht werden wir klar den Grundsatz festlegen, dass die
Politik und die Regulierungsbehörde in die Preisbildung am Markt nicht
eingreifen. Wir können auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit
vertrauen und werden auch dann nicht in den grenzüberschreitenden Stromaustausch
eingreifen, wenn die Preise hoch sind. Das ist auch der Grundgedanke einer
gemeinsamen Erklärung mit 11 europäischen Nachbarstaaten, die am
8. Juni 2015 von den Energieministerinnen und Energieministern unterzeichnet
wurde. Damit wird der Strommarkt 2.0 in die regionale Kooperation mit unseren
Nachbarn und den europäischen Binnenmarkt eingebettet.
- Datenschutz stärken. Der Strommarkt wird eine der
ersten voll digitalisierten Branchen unserer Volkswirtschaft sein. Smarte
Technologien werden bereits heute im Erzeugungs-, Nachfrage- und Netzmanagement
genauso wie bei Produktionsprozessen und in der Logistik eingesetzt. Wir wollen
diesen Innovationsboom, weil er Ressourcen spart und Wachstumsfelder eröffnet.
Um die weitere Entwicklung voranzutreiben, definieren wir mit dem Verordnungspaket
„Intelligente Netze“ sowohl die technischen Standards als auch
die Standards für den Datenschutz. Die damit verbundene gemeinsame Plattform
für alle Akteure wird die Innovationen vorantreiben.
- Versorgungssicherheit regional denken. Im europäischen
Binnenmarkt kann Versorgungssicherheit nicht national definiert werden. Wir
werden daher die gemeinsame Erklärung mit unseren „elektrischen
Nachbarn“ umsetzen. Mit einem neuen Monitoring werden wir die Versorgungssicherheit
mit modernen Methoden und in Abstimmung mit unseren Nachbarländern beobachten
und bewerten. Den Bundestag und die Öffentlichkeit werden wir regelmäßig
über die Ergebnisse informieren. Dabei werden auch die regionalen Unterschiede
in der Erzeugung, der netzseitigen Infrastruktur und anderen Gegebenheiten
berücksichtigt.
Mit einer Kapazitätsreserve stellen wir dem Strommarkt
2.0 eine zusätzliche Absicherung zur Seite. Im Unterschied zum „Kapazitätsmarkt“
umfasst die Kapazitätsreserve nur Kraftwerke, die nicht am Strommarkt teilnehmen
und den Wettbewerb und die Preisbildung nicht verzerren. Diese Kraftwerke kommen
nur dann zum Einsatz, wenn es trotz freier Preisbildung am Großhandelsmarkt
wider Erwarten einmal nicht zur Deckung von Angebot und Nachfrage kommen sollte.
Mit der Kapazitätsreserve wird gewährleistet, dass auch in einer solchen
Situation alle Verbraucher Strom beziehen können.
Bis die Übertragungsnetze ausgebaut und Netzengpässe beseitigt sind,
ergänzen sich in Süddeutschland Kapazitäts- und Netzreserve.
Mit einer Novelle der Reservekraftwerksverordnung wird eine
verlässliche Grundlage für die Vergütung von Kraftwerken in der
Netzreserve geschaffen.
Wir werden die Reservekraftwerks-Verordnung anpassen. Ein Kraftwerk, das vorübergehend
stillgelegt wird, erhält seine Betriebsbereitschaftsauslagen nicht erst
ab seiner Stilllegung, sondern bereits ab dem Zeitpunkt, ab dem die Bundesnetzagentur
die Systemrelevanz des Kraftwerks feststellt. Kraftwerke, die noch nicht abgeschrieben
sind, erhalten darüber hinaus in Zukunft als Ausgleich für ihren Werteverbrauch
auch die anteilige Jahresabschreibung. Außerdem werden die rechtlichen
Voraussetzungen geschaffen, damit Kraftwerke, die nur vorübergehend stillgelegt
werden, in Zukunft bereits nach vier (anstelle von bislang fünf) Jahren
wirtschaftlich an den Markt zurückkehren können. Damit wird auch der
Fortbetrieb eines modernen Gaskraftwerkes wie Irsching erreicht.
Darüber hinaus wird ab 2021 als Teil einer Reservelösung für
Süddeutschland ein Segment von bis zu 2 GW für neue, schnell startfähige
Kraftwerke vorgesehen, die schwarzstartfähig (d.h. ohne Unterstützung
durch das Stromnetz hochfahrbar) und hoch flexibel regelbar sind.
Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie wird die o.g. Maßnahmen
in einem Weißbuch näher beschreiben und öffentlich konsultieren.
Die Bundesregierung wird noch in diesem Jahr den Entwurf für ein Strommarktgesetz
und eine Novelle der Reservekraftwerksverordnung vorlegen.
2. Förderung der Kraft-Wärme-Koppelung
Auch in Zukunft wird die effiziente und klimafreundliche Kraft-Wärme-Kopplung
eine wichtige Rolle im Rahmen der Energiewende spielen. Allerdings muss die
künftige Förderung der KWK so ausgestaltet werden, dass sie mit den
anderen Zielen der Energiewende kompatibel ist. So macht es bei einem stetig
steigenden Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien keinen Sinn,
das Ausbauziel von 25 Prozent bis 2020 auf die gesamte Stromerzeugung zu beziehen.
Das KWK-Gesetz wird anhand folgender Eckpunkte novelliert:
- Das künftige Ausbauziel für KWK wird als ein Anteil von 25 % an
der thermischen Stromerzeugung festgelegt und nicht wie bisher an der gesamten
Stromerzeugung.
-
Die Stromerzeugung aus KWK soll stärker auf das Preissignal reagieren
und somit flexibler werden. Damit dies möglich wird, sind größere
Wärmespeicher erforderlich, um bei flexibler Stromerzeugung den gleichbleibenden
Wärmebedarf decken zu können. Um dies zu erreichen, wird bei gleichbleibenden
Fördersätzen das förderfähige Investitionsvolumen in Wärmenetze
und Wärmespeicher erhöht.
-
Hoch effiziente mit Gas gefeuerte KWK-Anlagen der öffentlichen Versorgung,
die in ihrer Existenz gefährdet sind, werden für einen begrenzten
Zeitraum gefördert, um ihren Bestand zu sichern. Andernfalls würde
die wieder getrennte Erzeugung von Strom und Wärme zu einer sinkenden Energieeffizienz
und höheren Emissionen von CO2 führen.
-
Bei bestehenden KWK-Anlagen wird mit dem Ersatz von kohlegefeuerten durch
gasgefeuerte Anlagen und der moderaten Förderung von Gasneubauvorhaben
eine erhebliche Minderung von CO2 erreicht. Dazu werden wir im Rahmen der KWK-Förderung
500 Mio. Euro bereitstellen.
-
Um den Minderungseffekt nicht zu konterkarieren werden bei der Förderung
von Bestandsanlagen kohlegefeuerte Anlagen nicht einbezogen.
-
Den Kostendeckel für die Förderung der Kraft-Wärme-Koppelung
heben wir von derzeit 750 Mio.. Euro (derzeit ausgeschöpft: 500 Mio. Euro)
auf 1,5 Mrd. Euro pro Kalenderjahr an.
Damit die gestiegenen Kosten nicht alleine von den Haushaltskunden und dem
Mittelstand zu tragen sind, werden wir auf eine faire und gerechte Verteilung
hinwirken ohne die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrie
zu gefährden.
3. CO2-Minderungsbeitrag des Stromsektors
Wir stehen zu den nationalen und europäischen Klimaschutzzielen, die wir
mit dem Kabinettsbeschluss zum Aktionsprogramm Klimaschutz am 3. Dezember 2014
erneut bekräftigt haben.
Im Projektionsbericht 2015 wird deutlich, dass wir das nationale Klimaschutzziel
von 40% CO2-Minderung in 2020 gegenüber 1990 ohne zusätzliche Maßnahmen
verfehlen würden. Daher werden die Maßnahmen im Aktionsprogramm
Klimaschutz (u.a. in den Bereichen Energieeffizienz, Gebäude und Verkehr)
umgesetzt. Außerdem sollen im Rahmen dieses Maßnahmenpakets 22 Mio.
Tonnen CO2 unter besonderer Berücksichtigung des Stromsektors und des
europäischen Zertifikatehandels zusätzlich eingespart werden.
Wir haben die unterschiedlichen Handlungsoptionen und ihre Auswirkungen auf
die Unternehmen und ihre Beschäftigten ausgiebig konsultiert. Nach der
Prüfung des Klimabeitrags sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass der Minderungsbeitrag
von 22 Mio. Tonnen CO2 auch durch eine Kombination verschiedener Maßnahmen
erbracht werden kann. Die Alternative zur Einführung des Klimabeitrags
sieht vor:
- Die schrittweise Stilllegung von Braunkohlekraftwerksblöcken in einem
Umfang von 2,7 GW. Sie werden auf vertraglicher Basis in die Kapazitätsreserve
(siehe Strommarkt 2.0) überführt und dann schrittweise stillgelegt.
Wir beginnen mit dem Aufbau der Kapazitätsreserve im Jahr 2017 und steigern
den Anteil auf 2,7 GW in 2020. Kraftwerksblöcke in der Reserve werden
nach vier Jahren stillgelegt. Die Betreiber erhalten eine kostenbasierte Vergütung
auf Basis der zum Zeitpunkt der Verhandlungen verfügbaren Marktdaten. Die
Details werden mit den Betreibern vertraglich geregelt und gesetzlich umgesetzt.
Diese Maßnahme bringt einen zusätzlichen Minderungsbeitrag von 11,0
Mio. t CO2.
-
Ergänzend zur Kapazitätsreserve sagt die Braunkohlewirtschaft verbindlich
zu, eine gegebenenfalls notwendige zusätzliche Minderung in Höhe von
1,5 Mio. t CO2 pro Jahr ab 2018 zu erbringen. In welcher rechtlichen Form dies
umgesetzt wird, ist noch zu entscheiden.
-
Die Bundesregierung wird mit der EU-Kommission klären, wie die konkrete
Umsetzung beihilferechtskonform ausgestaltet werden kann.
-
Die Zielerreichung im Rahmen der Kapazitätsreserve wie auch die Umsetzung
der Zusage der Braunkohlewirtschaft wird im Rahmen des Monitoring im Jahr 2018
überprüft.
-
Durch die Reform der KWK-Förderung leistet die Kraft-Wärme-Kopplung
einen zusätzlichen Minderungsbeitrag von 4 Mio. t CO2.
-
Um diese steigenden Belastungen insbesondere für die mittelständische
Wirtschaft zu reduzieren, wird die Bundesregierung sich gegenüber der
EU-Kommission für eine schnelle Entfristung der EEG-Umlagenbefreiung für
die industrielle KWK-Eigenstromversorgung einsetzen.
-
Die verbleibenden 5,5 Mio. t CO2 werden ab 2016 durch Effizienzmaßnahmen
im Gebäudebereich, in den Kommunen, in der Industrie sowie im Schienenverkehr
erbracht und aus öffentlichen Mitteln über den EKF mit jährlich
bis zu 1,16 Mrd. Euro bis 2020 finanziert. Unabhängig davon verfolgt die
Koalition weiterhin das Ziel, die energetische Gebäudesanierung anstelle
einer Zuschussregelung steuerlich zu fördern.
- Die folgende Tabelle stellt die Einzelmaßnahmen mit dem erwarteten
Minderungsbeitrag dar:
Maßnahmen |
Zusätzlicher CO2-Minderungsbeitrag pro Jahr |
Kosten |
Kapazitätsreserve mit 2,7 GW Braunkohlekraftwerken |
11,0 bis 12,5 Mio. t CO2 |
Umlage |
Ggf. zusätzliche Minderung der Braunkohlewirtschaft
1,5 Mio. t CO2 |
1,5 Mio. t CO2 |
Zu klären |
Zusätzliche KWK-Förderung |
4 Mio. t CO2 |
500 Mio. Euro/Jahr über KWK-Umlage umzulegen |
Effizienz im Gebäudebereich |
2,5 Mio. t CO2 |
Öffentliche Mittel |
Effizienz in den Kommunen |
1,0 Mio. t CO2 |
Öffentliche Mittel |
Effizienz in der Industrie |
1,0 Mio. t CO2 |
Öffentliche Mittel |
Effizienz bei der DB AG |
1,0 Mio. t CO2 |
Öffentliche Mittel |
Gesamt |
22 Mio. t CO2 |
|
Das vollständige Maßnahmenpaket und den Überprüfungsauftrag
für das Jahr 2018 werden wir im Herbst 2015 im Bundeskabinett beschließen.
4. Bürgerfreundlicher Netzausbau
Mit der Energiewende ändern sich die Standorte der Stromerzeugung. Windkraft
wird schwerpunktmäßig im Norden, Solarenergie schwerpunktmäßig
im Süden ausgebaut. Das Stromnetz muss in die Lage versetzt werden, den
vermarkteten Strom zu den Kunden zu transportieren. Daher wollen wir bestehende
Netzengpässe beseitigen und die einheitliche Preiszone am Großhandelsmarkt
in Deutschland dauerhaft erhalten. Moderne Gleichstromtechnik (HGÜ) ist
in der Lage große Strommengen verlustarm über große Entfernungen
zu transportieren; sie reduziert den Netzausbaubedarf.
Der geplante Netzausbau hat in den betroffenen Regionen zu erheblichen Sorgen
geführt. Die Energiewende wie auch der Netzausbau sind nur realisierbar,
wenn sie von den Bürgerinnen und Bürgern mitgetragen werden. In den
vergangenen Jahren ist deutlich geworden, dass Netzausbauvorhaben in manchen
betroffenen Regionen auf Widerstand stoßen. Wir nehmen die damit einhergehenden
Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst und werden gesetzgeberische
Anpassungen an der Netzplanung und am Netzausbau vornehmen:
- Die Bundesnetzagentur sorgt dafür, dass bei der Trassenwahl die Varianten
mit den geringsten Eingriffen für die Wohnbevölkerung sowie Natur
und Landschaft mit einer transparenten Beteiligung der Bevölkerung ausgewählt
werden. Noch stärker als bisher sollen bestehende Trassen genutzt und
neue soweit wie möglich vermieden werden.
-
Erdkabel werden bei neuen Gleichstromtrassen in der Bundesfachplanung Vorrang
erhalten. Bisher hatten Freileitungen den Vorrang und Erdkabel waren die Ausnahme.
Die Mehrkosten sind gerechtfertigt, da die Maßnahme zu mehr Akzeptanz
und zu einem schnelleren Ausbau führt. Aus technischen Gründen ist
der Einsatz von Erdkabeln bei Wechselstrom erheblich schwieriger und teurer.
Mit zusätzlichen Pilotprojekten wollen wir Erfahrungen sammeln und die
technische Entwicklung vorantreiben.
- Der Netzentwicklungsplan der Bundesnetzagentur bildet die Grundlage für
den Ausbaubedarf. Der Netzausbaubedarf wird regelmäßig überprüft.
-
Gleichstromleitung SuedLink: Im Bundesbedarfsplangesetz ist der Transportbedarf
von Brunsbüttel nach Großgartach und Wilster nach Grafenrheinfeld
festgelegt (SuedLink). Damit ist keine Festlegung des Trassenverlaufs verbunden.
Dies erfolgt erst im zweiten Schritt im Rahmen der Bundesfachplanung und des
anschließenden Planfeststellungsverfahrens.
Die Koalition verfolgt beim SuedLink die folgenden Ziele:
- Gemeinsame Stammstrecke über eine noch festzustellende Länge.
-
Leitung von Brunsbüttel nach Großgartach zumindest teilweise mit
der Leitung von Wilster nach Grafenrheinfeld gebündelt.
-
Wir erwarten von den Netzbetreibern, dass sie verschiedene Trassenvarianten
als Alternativen vorlegen, von denen zumindest eine Abzweigung nach Westen vorsieht,
die es ermöglicht, den stark belasteten Netzknotenpunkt Grafenrheinfeld
zu entlasten, die Inanspruchnahme besonders schützenswerter Bereiche vermeidet
und im Ergebnis keine Stammstreckenführung nach Großgartach über
Grafenrheinfeld beinhaltet.
Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie und die Bundesnetzagentur
werden die dafür notwendigen Gespräche führen.
Dabei wird der zukünftige Vorrang von Erdverkabelung und – wo dies
nicht möglich oder sinnvoll ist – auch die Nutzung vorhandener Trassen
und Infrastrukturen helfen, eine verträgliche Gesamtlösung bei SuedLink
zu erreichen.
Bei der Gleichstromleitung Südost verfolgt die Koalition die folgenden
politischen Ziele:
- Bei der zur Erfüllung des Transportbedarfs im Korridor D zwischen Sachsen-Anhalt
und Bayern geplanten Gleichstromleitung soll der Netzknoten Isar bei Landshut
sein. Die Bundesnetzagentur wird daher im laufenden Verfahren zum Netzentwicklungsplan
2024 prüfen, ob der Netzknoten Isar bei Landshut als südlicher Endpunkt
grundsätzlich geeignet ist, einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb
zu gewährleisten. Das Ergebnis dieser Prüfung fließt in den
Abwägungsprozess der BNetzA zur Bestätigung des Netzentwicklungsplans
2024 ein.
-
Der dort festgelegte südliche Endpunkt ebenso wie der nördliche
Anfangspunkt werden im Bundesbedarfsplangesetz festgeschrieben.
-
Der zukünftige Vorrang von Erdverkabelung und – wo dies nicht möglich
oder sinnvoll ist – auch die Nutzung vorhandener Trassen und Infrastrukturen
wird auch bei diesem Vorhaben helfen, eine verträgliche Lösung für
die Leitungsführung zu finden.
- Um eine Entlastung der Region um Grafenrheinfeld zu erreichen, wird die
Bundesnetzagentur im Netzentwicklungsplan 2024 die Übertragungsnetzbetreiber
auffordern, Alternativen zu entwickeln, damit die beiden als Neubau geplanten
Drehstrommaßnahmen Mecklar-Grafenrheinfeld und Altenfeld-Grafenrheinfeld
entfallen können und stattdessen in Bestandstrassen mitgeführt
und neue Endpunkte möglich werden.
5. Sicherer Ausstieg aus der Kernenergie
Es ist erklärtes Ziel, in Deutschland die Sicherheit des Restbetriebes
der Kernkraftwerke, ihre Stilllegung und ihren Rückbau sowie die Zwischen-
und Endlagerung der radioaktiven Abfälle technisch und finanziell zu gewährleisten.
Die finanzielle und in weiten Teilen auch die operative Verantwortung liegt
bei den kernkraftwerkebetreibenden Energieversorgungsunternehmen (EVU).
In einem Stresstest lassen wir durch einen Wirtschaftsprüfer die Vollständigkeit
der zugrunde gelegten Kostenannahmen, die korrekte Bildung der Rückstellungen
auf Grundlage der vorhandenen Kostenschätzungen und die den Rückstellungen
gegenüberstehenden Aktiv-Vermögen der Unternehmen untersuchen. Ergebnisse
erwarten wir bis Ende September 2015.
Unser Ziel ist die Gewährleistung der Sicherung der langfristigen Verfügbarkeit
der finanziellen Mittel (keine Verkleinerung des Haftungsvermögens). Es
ist darüber hinaus zu prüfen, wie die Anforderungen an Stilllegung,
Rückbau, Zwischen- und Endlagerung unter Erhalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
der EVU langfristig gesichert werden können. Dabei gehen wir von dem Grundsatz
aus, dass die Kosten für Stilllegung, Rückbau, Zwischen- und Endlagerung
von den Verursachern getragen werden. Wir werden in Zusammenarbeit mit den Koalitionsfraktionen
eine Kommission einsetzen, die unter Berücksichtigung der Ergebnisse des
Stresstests bis Ende November dieses Jahres entsprechende Empfehlungen entwickeln
wird.
Betreffend der Zwischenlagerung von Castor-Behältern werden entsprechend
dem Beschluss der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und -chefs der
Länder vom 13.6.2013 Gespräche mit den Ländern geführt und
Vereinbarungen getroffen.