Februar 2015

150204

ENERGIE-CHRONIK


 


Demonstration gegen die HGÜ-Trasse "SuedLink" im hessischen Fritzlar
Foto: Bürgerinitiative gegen SuedLink

Auch gegen SuedLink regt sich Widerstand

Parallel zu den anhaltenden Auseinandersetzungen um die HGÜ-Trasse D in Bayern (141109) regt sich nun auch vermehrt Widerstand gegen die HGÜ-Trasse C, die unter der Bezeichnung "SuedLink" aus dem Hamburger Raum zu den Umspannwerken Großgartach und Grafenrheinfeld in Süddeutschland führen soll (131002). Mit rund 800 Kilometer ist sie die längste der insgesamt vier Gleichstrom-Brücken im überarbeiteten Entwurf des Netzentwicklungsplans, den die Übertragungsnetzbetreiber im November 2014 vorlegten (141109). Der zuständige Netzbetreiber TenneT hat am 12. Dezember 2014 für die erste der beiden SuedLink-Trassen, die von Wilster nach Grafenrheinfeld führt, den Antrag auf Bundesfachplanung bei der Bundesnetzagentur eingereicht, womit das formelle Verfahren begonnen hat (110604).


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SuedLink ist die HGÜ-Trasse C auf dieser Grafik (die den tatsächlichen Verlauf der vier Gleichstrom-Brücken nur sehr vage darstellt). Sie führt mit zwei größtenteils parallel verlaufenden Strängen von den Umspannwerken Brunsbüttel und Wilster im Hamburger Raum zu den süddeutschen Umspannwerken Großgartach und Grafenrheinfeld.

Die in Bayern heftig umstrittene HGÜ-Trasse D , die zunächst am mitteldeutschen Braunkohle-Revier beginnen sollte, führt jetzt bis in die Nähe von Magdeburg, von wo aus eine auf 380 kV ausgebaute Drehstrom-Leitung die Verbindung mit der Ostsee-Region herstellt. Alternativ dazu sieht das "Szenario C 2024" des Netzentwicklungsplans vor, von Magdeburg bis Güstrow eine weitere HGÜ-Trasse zu errichten (141109).

Die HGÜ-Trasse B war im ersten Netzentwicklungsplan von der Bundesnetzagentur gestrichen worden (121106), ist aber im Entwurf des zweiten wieder enthalten.

Die HGÜ-Trasse A beginnt bei Emden an der Nordsee und endet in Süddeutschland bei Philippsburg. Hier gab es schon früh Proteste gegen eine große Stromrichter-Anlage, die bei Meerbusch-Osterath die "Stromautobahn" in zwei Teile unterbricht, um die Einspeisung von Braunkohlestrom aus dem rheinischen Revier zu ermöglichen (130302).

Die Bundesnetzagentur ließ Tennet inzwischen wissen, daß die eingereichten Pläne nicht in allen Punkten ausreichend begründet seien. Es mangele an einer fachgerechten und nachvollziehbaren Darstellung der Vor- und Nachteile der beschriebenen Trassen-Korridore mit Blick auf öffentliche und private Belange. Die "Bürgerinitiativen gegen SuedLink" werteten dies als Bestätigung ihrer Kritik an dem Projekt und dem Planungsverfahren. "Das ist eine schallende Ohrfeige für die Firma TenneT, die ihre Arbeit offenbar nur schlampig erledigt hat", meinte der Sprecher der hessischen Landesinititive, Ingmar Theiß.

Hessischer Ministerpräsident geht auf Distanz

Unter dem Eindruck verschiedener Proteste und Demonstrationen in Gemeinden entlang der voraussichtlichen Trassenführung hielt es inzwischen sogar der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) für angebracht, eine gewisse Distanz zu bekunden. "Wir werden es nicht mitmachen, eine ganze Region in Aufruhr zu bringen, solange nicht erwiesen ist, dass man diese Leitung überhaupt braucht", erklärte Bouffier Mitte Februar bei einer Versammlung von etwa 60 CDU-Bürgermeistern und Lokalpolitikern im hessischen Neuhof . "Falls der Nachweis geführt wird, daß die Trasse gebraucht wird, müssen zunächst Alternativen, wie zum Beispiel die Trasse über Sachsen-Anhalt und Thüringen, geprüft werden. Die Argumentation von Tennet, dass die Trasse über Thüringen nicht in Betracht komme, weil sie 60 km länger sei, ist nicht akzeptabel. Es kann nicht darum gehen, wie lange eine Leitung ist, sondern welche Hindernisse und Siedlungsräume auf dem Weg liegen. Denn je mehr man in stadtnahe Gebiete komme, desto mehr Erdverkabelung ist notwendig, was wiederum zu deutlich höheren Kosten führt."

Die beiden CDU-Bundestagsabgeordneeten Bernd Siebert (Schwalm-Eder) und Michael Brand (Fulda) begrüßten Bouffiers Äußerung und sahen darin eine "klare Kampfansage an Netzbetreiber TenneT und das Bundeswirtschaftsministerium". Der hessische SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel warf Bouffier dagegen vor, daß er im Herbst 2013 im Bundesrat mit beschlossen habe, daß es den Bedarf für SuedLink gebe. "Jetzt stellt er sich hin und macht den Seehofer." Das Prinzip "Not in my backyard" sei eines Ministerpräsidenten unwürdig.

Mainova-Chef: "Es wurde nicht ausreichend nach Alternativen gesucht"

Unterstützung erhielt Bouffier vom Vorstandsvorsitzenden der Mainova AG, Constantin Alsheimer. "Die Übertragungsnetzbetreiber haben es bislang versäumt, die Notwendigkeit der neuen Stromautobahnen gegenüber der Öffentlichkeit klar zu machen", erklärte der Chef des großen Kommunalversorgers (früher Stadtwerke Frankfurt) am 17. Februar in einer Pressemitteilung seines Unternehmens. "Es stellt sich auch die Frage, ob in ausreichendem Maße nach Alternativen gesucht worden ist."

Der Mainova-Chef plädierte dafür, auch die Hochspannungsebene (110 Kilovolt) in die Netzausbauplanung miteinzubeziehen: "Entscheidend ist für mich, die Kosten stärker in den Blick zu nehmen. Der Ausbau von regionalen Stromschnellstraßen kann ein kosteneffizientes Mittel sein, um die Stromautobahnen zu entlasten und so den Netzausbaubedarf insgesamt zu minimieren. Zugleich könnten so die erforderlichen Eingriffe in das Landschaftsbild reduziert werden." Als weitere Beispiele für Alternativen zum alleinigen Ausbau der Stromautobahnen nannte Alsheimer die stärkere Einbeziehung moderner Speicher-Technologien wie "Strom zu Gas" (131213). Auch die Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung als günstigste Form der CO2-Vermeidung sollte intensiviert werden.

"Die Politik muss beim Netzausbau die volkswirtschaftlich geringsten Kosten anstreben", resümierte Alsheimer. "Nur wenn alle Alternativen ergebnisoffen geprüft und diskutiert werden, gehen die Widerstände aufgrund von Infrastrukturprojekten zurück. Wir werden die Energiewende nur dann zu dem gewünschten Erfolg führen können, wenn die Menschen weiterhin hinter diesem Jahrhundertprojekt stehen."

 

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