Juni 2012

120606

ENERGIE-CHRONIK


"NordLink" ersetzt "NorGer" als erste Gleichstromverbindung mit Norwegen

Bis 2018 soll das erste Seekabel die Netze Norwegens und Deutschlands direkt miteinander verbinden und so per "Hochspannungs-Gleichstromübertragung" (HGÜ) den Stromaustausch ermöglichen. Wie der norwegische Netzbetreiber Statnett am 21. Juni mitteilte, wurde mit dem deutschen Netzbetreiber TenneT TSO (vormals E.ON Netz) und der bundeseigenen KfW-Bank eine entsprechende Vereinbarung getroffen. Stattnett beteiligt sich an dem Projekt zur Hälfte und die KfW zu mindestens einem Viertel, während TenneT den Rest übernimmt.


NordLink verläuft weitgehend streckengleich mit NorGer. Die Anbindung ans deutsche Transportnetz erfolgt aber nicht in der Wesermarsch, sondern in Schleswig-Holstein (Wilster).
Grafik: Statnett

Es handelt sich jedoch nicht um das Projekt "NorGer", das ursprünglich als erste Direktverbindung zwischen Norwegen und Deutschland geplant war und bereits 2015 einen Leistungsaustausch von bis zu 1400 MW ermöglichen sollte (100404). Stattdessen wird das später gestartete Projekt "NordLink" vorgezogen. Es verfügt über dieselbe Kapazität und verläuft weitgehend streckengleich mit NorGer. Unterschiedlich sind aber die Endpunkte, an denen über Konverterstationen in die Transportnetze Norwegens bzw. Deutschlands eingespeist wird. So führt NordLink in Deutschland zum Umspannwerk Wilster in Schleswig-Holstein, während NorGer in der Westermarsch bei Elsfleth-Moorriem mit dem Transportnetz verbunden werden soll.

Offiziell betrieb Stattnet bis vor kurzem beide Projekte gleichrangig nebeneinander und ließ offen, welches als erstes verwirklicht werden würde. Einschränkend hieß es lediglich, daß aufgrund der netztechnischen Gegebenheiten in Norwegen nur eines der beiden Projekte im Zeitraum von 2018 bis 2021 verwirklicht werden könne. Aber schon vor einem Jahr hatten die NorGer-Partner Agder Energi, Lyse und EGL von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Anteile zu verkaufen. Der Grund dafür war anscheinend, daß NordLink vorgezogen und die Realisierung von NorGer auf unbestimmte Zeit verschoben werden sollte. Statnett übernahm daraufhin das NorGer-Projekt hundertprozentig und unterstellte es mit NordLink einer gemeinsamen Projektleitung.

Bundesregierung mußte finanzielle Beteiligung zusichern

Die Verschiebung des Baues der zweiten Leitung nach Deutschland ist letzten Endes darauf zurückzuführen, daß auch England am Stromaustausch mit Norwegen interessiert ist. Am 1. Februar 2011 gaben fünf Unternehmen aus Norwegen, Großbritannien und Schweden (Agder Energi, Lyse, E-CO, Scottish and Southern Energy und Vattenfall) die Gründung der Projektgesellschaft "Northconncet" bekannt. Dieses Seekabel soll Norwegen und England über 700 Kilometer durch die Nordsee verbinden und ebenfalls bis zu 1400 MW übertragen können. Statnett hielt aber erst umfangreiche Netzausbauten in Norwegen für erforderlich, um mehr als einen der insgesamt fünf geplanten Interkonnektoren anschließen zu können (außer NorGer, NordLink und Northconnect ist die Erweiterung der Skagerrak-Verbindung mit Dänemark um zwei Leitungen vorgesehen). Der Netzbetreiber deutete sogar an, daß die Leitung nach England vor der Verbindung mit Deutschland zustande kommen könnte. Er übte damit Druck auf die Bundesregierung aus, sich in größerem Umfang an den Investitionskosten zu beteiligen, die auf 1,5 bis 2 Milliarden Euro veranschlagt werden. Das Bundeswirtschaftsministerium soll schon Anfang Juni eine schriftliche Mitteilung nach Oslo geschickt haben, in der er es sein Einverständnis bekundete (FAZ, 15.6.). Am 21. Juni erhielt der norwegische Energieminister Ola Borten bei einem Besuch in Berlin von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler auch offiziell die Zusage, daß die KfW-Bank mindestens ein Viertel der Investitionskosten übernimmt. Daraufhin teilte Statnett mit, daß NordLink bis 2018 verwirklicht werde. In einer weiteren Pressemitteilung vom selben Tag gab Statnett außerdem eine Vereinbarung mit dem britischen Netzbetreiber National Grid bekannt, wonach die Verbindung mit England bis 2020 in Betrieb genommen werden soll.

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