November 2011

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ENERGIE-CHRONIK


EWE-Chef Brinker bleibt trotz Geld-Affären im Amt

Der EWE-Vorstandsvorsitzende Werner Brinker darf im Amt bleiben, obwohl er Millionensummen für eine höchst fragwürdige PR-Aktion verplemperte und eine enorme Geldbuße verheimlichte, die der EWE wegen Bestechung eines Bürgermeisters auferlegt wurde. Wie die EWE am 4. November mitteilte, hat sich an diesem Tag der Aufsichtsrat mit den "durch einige Medienberichte hervorgerufenen Vorwürfen" befaßt. Er habe zwar "in Einzelfällen Verfehlungen in den internen Abläufen festgestellt", aber dennoch dem Vorstand "sein uneingeschränktes Vertrauen ausgesprochen". In schönstem Betriebswirte-Deutsch hieß es ferner, daß künftig vor allem die "Compliance-Strukturen und -Prozesse weiterentwickelt" werden müßten und man sich dazu auch "externer Unterstützung" bedienen werde

EWE zahlte Millionen für dubioses "Präventionsprogramm" an Schulen

Bei der PR-Aktion ging es um ein sogenanntes Präventionsprogramm, mit dem an niedersächsischen Schulen die Neigung zu Sucht und Gewalt abgebaut und das Gesundheitsbewußtsein der Schüler gestärkt werden sollte. Zur Verwirklichung dieser löblichen Ziele überwies die EWE seit dem Jahr 2000 jährlich Millionen an eine private Agentur, die im Auftrag und auf Kosten des Energieversorgers das Projekt "Sign" startete. Angeblich betreute die Agentur zuletzt insgesamt 1.200 Schulklassen. Wie die "taz" berichtete, haben aber nur etwa 300 einschlägige "Sign"-Veranstaltungen tatsächlich stattgefunden. Die Geschäftsführerin der Agentur habe sich neben ihrem Gehalt noch eine Prämie von über 36.000 Euro bewilligt und von den reichlich fließenden EWE-Geldern rund 70.000 Euro vorübergehend abgezweigt, um einen Geschäftspartner vor der Insolvenz zu retten. Den ursprünglich nur bis 2004 geltenden Vertrag mit der Agentur habe Brinker bis 2017 verlängert, obwohl er dazu nach der Satzung der EWE mit seiner Unterschrift allein nicht berechtigt gewesen wäre.

Bestochener Bürgermeister erhielt Haftstrafe – EWE kaufte sich gegen Geldbuße frei

Die zweite Affäre betrifft eine Geldbuße von 400.000 Euro, zu der sich die EWE bereitfinden mußte, um ein Gerichtsverfahren wegen Bestechung abzuwenden: Brinker hatte im Jahr 2002 dem Bürgermeister der brandenburgischen Stadt Eberswalde einen Zuschuß zur Landesgartenschau in Höhe von 307.000 Euro zugesagt, dies aber davon abhängig gemacht, daß die angestrebte Beteiligung der EWE an den Stadtwerken zustande kommt. Der Bürgermeister wurde deshalb im Mai dieses Jahres wegen Vorteilsannahme zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Gegen Brinker und ein weiteres EWE-Vorstandsmitglied ermittelte die Staatsanwaltschaft Neuruppin wegen Vorteilsgewährung. Diese Verfahren wurden schon 2007 gegen Zahlung der Geldbuße eingestellt. Über die Gründe für das Minus von 400.000 Euro informierte Brinker lediglich das Präsidium des Aufsichtsrats, das die Angelegenheit ebenfalls geheimhielt – auch gegenüber den übrigen Aufsichtsräten und Aktionären des Energieversorgers.

Die angestrebte Beteiligung an den den Stadtwerken Eberswalde kam übrigens tatsächlich zustande und wurde noch weiter ausgebaut. Parallel dazu stieg E.ON in Eberswalde ein. Seit August 2010 gibt es die Stadtwerke überhaupt nicht mehr. Wer ihre Internet-Seite aufruft, wird als Gaskunde an die EWE und als Stromkunde an E.ON edis verwiesen.