Mai 2011 |
110513 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der russische Gas- und Ölförderer Surgutneftegas zieht sich aus dem ungarischen Energiekonzern MOL wieder zurück. Wie die ungarische Regierung am 25. Mai mitteilte, ist sie nach wochenlangen Verhandlungen mit den Russen übereingekommen, deren Aktienanteil von 21,2 Prozent für 1,88 Milliarden Euro erwerben. Damit werde ein ernsthaftes Hindernis für die weitere Entwicklung der Beziehungen zwischen Budapest und Moskau aus dem Weg geräumt. Der Kaufpreis entspreche dem mittleren Börsenkurs während der vergangenen drei Monate. Da Surgutneftegas das Aktienpaket vor einem Jahr für 1,4 Milliarden Euro vom österreichischen Energiekonzern OMV erhalten hat, entspricht das einem Gewinn von 480 Millionen Euro.
Ausschlaggebend für den Rückzug der Russen ist aber sicher, daß es ihnen nicht gelungen ist, als größter Einzelaktionär von MOL eine maßgebliche Rolle zu spielen oder sich gar als strategischer Partner anzudienen. Die ungarische Energiebehörde und der MOL-Vorstand verweigerten dem neuen Anteilseigner sogar die Eintragung ins Aktionärsregister und damit die Teilnahme an Hauptversammlungen. Als Begründung dienten die unklaren Eigentümerverhältnisse bei Surgutneftegas. Diese sind in der Tat sehr undurchsichtig. Sicher ist nur, daß Surgutneftegas – ähnlich wie Gazprom – in enger Verbindung mit dem Kreml agiert. Angeblich soll Kremlchef Putin sogar persönlich beteiligt sein.
Das Aktienpaket bekam Surgutneftegas vor zwei Jahren von OMV (090314), nachdem der österreichische Konzern eine feindliche Übernahme von MOL versucht hatte und damit gescheitert war (080810). OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer mußte sich in diesem Zusammenhang vor Gericht verantworten: Er hatte im selben Monat März, in dem der Kaufvertrag unterzeichnet wurde, gegenüber dem Magazin "profil" erklärt, daß sein Unternehmen die MOL-Aktien mindestens bis Jahresende halten werde. Außerdem hatte er sieben Tage vor der Unterzeichnung für 632.000 Euro Aktien des eigenen Unternehmens erworben. Anfang dieses Jahres wurde Ruttenstorfer von einem Wiener Gericht vom Vorwurf des Insiderhandels freigesprochen, weil kein Bereicherungsvorsatz vorgelegen habe. Die Staatsanwaltschaft hat jedoch Berufung eingelegt.