Oktober 2010

101009

ENERGIE-CHRONIK


E.ON hat im Ausland viel zu teuer eingekauft – die Gewinne steigen dennoch

Der E.ON-Konzern gab am 27. Oktober eine Berichtigung des Unternehmenswerts um 2,6 Milliarden Euro bekannt. Im wesentlichen gehe es dabei um Abschreibungen auf die "von Enel/Acciona und Endesa erworbenen Aktivitäten in Italien, Spanien und Frankreich". Von dem Wertberichtigungsbedarf entfallen rund 1,1 Milliarden auf "Goodwill" und rund 1,5 Milliarden auf sonstiges Anlagevermögen.

Schon am 10. Februar hatte E.ON Wertberichtigungen in Höhe von insgesamt 3,3 Milliarden Euro bekanntgegeben. Davon betrafen 1,5 Milliarden das US-Geschäft und 1,8 Milliarden ebenfalls die Erwerbungen in Italien, Spanien und Frankreich. Vom defizitären Strom- und Gasgeschäft in den USA hat sich der Konzern inzwischen getrennt (100401). Wie er am 27. Oktober mitteilte, verläuft der Verkauf an den Konkurrenten PPL planmäßig und wird in Kürze abgeschlossen sein.

Die Wertberichtigungen würden zwar den Konzernüberschuß mindern, hieß es in der Ad-hoc-Meldung für die Investoren. Auswirkungen auf die Dividende habe dies jedoch nicht. In den ersten neun Monaten habe man sogar das für die Dividendenbemessung maßgebliche "adjusted EBIT" (Gewinn vor Zinsen, Steuern und einmaligen Kosten) um 9 Prozent auf 8,0 Milliarden Euro (Vorjahr 7,3 Milliarden) steigern können.

E.ON kann froh sein, daß es mit dem Erwerb von Endesa nicht geklappt hat

Mit den Wertberichtigungen macht der neue E.ON-Chef Johannes Teyssen (100516) deutlich, daß unter seinem Vorgänger Wulf Bernotat mit Erwerbungen im Ausland viel Geld in den Sand gesetzt wurde (100316). Vor allem die Akquisitionen in Spanien, Italien und Frankreich im Anschluß an den Bieterwettbewerb um die Endesa wurden mit rund 12 Milliarden Euro viel zu teuer bezahlt.

Um den Besitz des spanischen Energiekonzerns Endesa gab es von 2005 bis 2007 eine heftige Auseinandersetzung. Zunächst versuchte die spanische Gas Natural mit Unterstützung der Regierung eine feindliche Übernahme, die aber am Widerstand der größeren Endesa scheiterte (050909). Im Zusammenhang mit den Abwehrbemühungen nahm das Endesa-Management auch Kontakt zum E.ON-Konzern auf, was diesen wohl auf die Idee brachte, nun seinerseits den spanischen Energieversorger zu übernehmen. Trotz Unterstützung durch die EU-Kommission (060407, 060810) gelang ihm dies aber nicht, da nunmehr die spanische Regierung und die von ihr dirigierten Behörden die Übernahme torpedierten (060301, 061009, 061109). Wirtschaftlichen Beistand leistete dabei der Baukonzern Acciona, der mit dem Aufkauf einer Sperrminorität begann (060907). Die damit eingeleitete Bieterschlacht wurde für E.ON noch teuerer, als auch der italienische Energiekonzern Enel auf den Plan trat (070302). Sie endete schließlich damit, daß sich E.ON mit Enel und Acciona auf die Zerschlagung von Endesa einigte (070403). E.ON bekam für rund zwölf Milliarden Euro ein umfangreiches Beteiligungspaket mit bisherigen Endesa-Aktivitäten in Spanien, Italien und Frankreich (080309).

Nachträglich kann E.ON froh sein, daß es mit dem kompletten Erwerb von Endesa nicht geklappt hat. Auch die Enel wurde mit der Einverleibung des Rests von Endesa nicht glücklich, sondern erhöhte ihren Schuldenberg auf 51 Millionen Euro. Sie hat das Gasnetz von Endesa deshalb inzwischen an zwei von Goldman Sachs geleitete Infrastrukturfonds verkauft (100914). Zusätzlich brachte sie im Oktober ihr Ökostromgeschäft an die Börse. Mit dem Erlös von mindestens 2,5 Milliarden Euro für "Enel Green Power" will sie ihren Schuldenberg weiter reduzieren.