Juli 2010

100705

ENERGIE-CHRONIK


Merkel lehnt Versteigerung von Strom aus verlängerten KKW-Laufzeiten ab

In der Debatte um die Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke tauchte Mitte Juli der Vorschlag auf, die zusätzlich erzeugten Strommengen zu versteigern. Er entstammte einem Positionspapier des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), das die Wirtschaftsprofessoren Manuel Frondel, Justus Haucap und Christoph M. Schmidt am 12. März veröffentlichten. "Wie damals bei der UMTS-Versteigerung" wollten sie die zusätzlich erzeugten Atomstrommengen im Rahmen einer Auktion an den Meistbietenden versteigern, wodurch sich noch höhere Einnnahmen erzielen lassen würden als bei der von der Bundesregierung geplanten Abschöpfung der Gewinne. Die Versteigerung der UMTS-Frequenzen hatte dem Staat vor zehn Jahren mehr als 50 Milliarden Euro eingebracht.

Die drei Wirtschaftsprofessoren präsentierten ihren Einfall als "Vorschlag zur Lösung der energiepolitischen Tragödie". Sie scheinen allerdings übersehen zu haben, daß die Versteigerung von Frequenzen etwas völlig anderes ist als die Versteigerung von Atomstrom-Kontingenten, deren Erzeugung sich nicht vom Betrieb der Kernkraftwerke trennen läßt. Dennoch warben etliche Politiker von Union und FDP für eine solche Auktion. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) wollte den "interessanten Vorschlag" durch sein Ministerium prüfen lassen. Am 14. Juli sprach sich dann jedoch die Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Treffen mit den Unions-Ministerin klar gegen eine Auktionierung aus, weil das Verfahren zu lange dauere und das Problem der Restlaufzeiten nicht löse. Auch die Kernkraftwerksbetreiber hielten absolut nichts davon. Oppositionsparteien und Umweltverbände hatten den Vorschlag ebenfalls abgelehnt.

Mappus legt sich für EnBW ins Zeug

Innerhalb der Union dauerte der Streit um das Ausmaß der Laufzeiten-Verlängerung an. Unter anderem machte der der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus erneut Front gegen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (100509) und forderte eine Laufzeitverlängerung um mindestens 15 Jahre. "Mappus agiert als politischer Flügel der EnBW", erklärte dazu die baden-württembergische SPD. Greenpeace äußerte ebenfalls den Verdacht, Mappus wolle "seinem Hauskonzern EnBW zu zusätzlichen Milliarden verhelfen".

"Keine seriösen Studien zur Flexibilität von Kernkraftwerken"

Am 7. Juli veranstaltete der Umweltausschuß des Bundestags eine öffentliche Anhörung zur Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken. Die Professoren Alfred Voß (Stuttgart) und Justus Haucap (Düsseldorf) plädierten dabei im Sinne der Kernkraftwerksbetreiber für eine Verlängerung und vertraten die Ansicht, daß davon auch die Verbraucher profitieren würden. Nach Ansicht von Uwe Leprich (Saarbrücken) behindern die Kernkraftwerke dagegen den notwendigen Umbau des Kraftwerksparks und den Ausbau der erneuerbaren Energien. "Ich kenne keine seriösen Studien zur Flexibilität der Kernkraftwerke, schon gar nicht zum langfristigen Verschleiß, von möglichen Sicherheitsgefährdungen durch eine flexible Fahrweise", meinte Leprich zu dem neuerdings von der Atomlobby strapazierten Argument, daß man auch Kernkraftwerke flexibel einsetzen und so die fluktuierende Einspeisung von Windstrom ausgleichen könne (100312, 100516, 100612). RWE-Vorstand Rolf Martin Schmitz widersprach dieser Feststellung und behauptete, in der Vergangenheit sei es lediglich nicht notwendig gewesen, den Einsatz von Kernkraftwerken flexibel zu handhaben.