Juni 2010

100615

ENERGIE-CHRONIK


Siemens verkauft 240 Offshore-Windkraftanlagen an RWE und EnBW

Siemens verfolgt weiter das Ziel, weltweit drittgrößter Hersteller von Windkraftanlagen zu werden. Nach dem Abschluß des Rahmenabkommens mit E.ON (081015), das unter anderem 90 Offshore-Anlagen mit einer Nennleistung von 2,3 MW umfaßt, konnte der führende deutsche Elektrokonzern nun RWE und EnBW erneut als Partner für Offshore-Projekte gewinnen. Ein RWE-geführtes Konsortium bestellt insgesamt 160 Windkraftanlagen des Typs SWT-3.6-107 für den Windpark "Gwynt y Môr" in der Irischen See. Die EnBW rüstet ihren Ostsee-Windpark "Baltic 2" mit 80 Anlagen desselben Typs aus. Bei der SWT-3.6-107 handelt es sich um das größte Modell der Siemens-Produktpalette mit einer Nennleistung von 3,6 MW, das speziell für Offshore-Standorte entwickelt wurde.

Am Windpark "Gwynt y Môr" sind neben RWE auch die Stadtwerke München und Siemens beteiligt


Der Typ SWT-3.6-107 ist mit einer Nennleistung von 3,6 MW das größte Modell der Siemens-Produktpalette. Hier dreht er sich im Offshore-Windpark Rhyl Flats vor der walisischen Küste.
Pressefoto RWE

Wie die RWE Innogy am 4. Juni mitteilte, wird sie zusammen mit den Stadtwerken München (30 Prozent) und Siemens (10 Prozent) ein Gemeinschaftsunternehmen zum Bau des Offshore-Windparks "Gwynt y Môr" rund 18 Kilometer vor der Küste von Nordwales gründen. Der Windpark wird mit 160 Windenergieanlagen eine Nennleistung von insgesamt 576 MW haben. Bereits 2013 soll er in einer ersten Ausbaustufe Strom erzeugen. Die Fertigstellung ist für 2014 vorgesehen. Die Kosten betragen inklusive der Netzanbindung zur Küste über zwei Milliarden Euro. Davon entfallen rund 1,2 Milliarden Euro auf Aufträge für den Partner Siemens, der neben der Lieferung, Installierung und Wartung der Anlagen auch die Netzanbindung übernimmt. Die Investitionssumme wird entsprechend den Gesellschaftsanteilen auf die Partner umgelegt.

Für den Bau von "Gwynt y Môr" (walisisch: Wind im Meer) läßt RWE Innogy ein weiteres Offshore-Konstruktionsschiff bei der koreanischen Werft Daewoo bauen. Das Schiff dient der Vormontierung von Fundamenten und Windkraftanlagen sowie deren Transport zur Baustelle im Meer. Ende des letzten Jahres hat RWE Innogy ein erstes Schiff dieser Art für die Errichtung des Offshore-Windparks Nordsee Ost (100107) in Auftrag geben. Der Auftragswert je Schiff liegt bei rund 100 Millionen Euro.

Die dritte Kooperation zwischen RWE und Siemens in britischen Gewässern

RWE betreibt in Großbritannien vor der walisischen Küste bereits die Offshore-Windparks North Hoyle (60 MW) und und Rhyl Flats (90 MW). North Hoyle besteht aus 30 Vestas-Anlagen mit einer Leistung von jeweils 2 MW. In Rhyl Flats laufen 25 Siemens-Anlagen des Typs SWT-3.6-107 mit einer Nennleistung von jeweils 3,6 MW, mit dem auch "Gwynt y Môr" bestückt werden soll. Außerdem ist RWE zur Hälfte am Offshore-Windpark Greater Gabbard vor der ostenglischen Küste beteiligt, der nach der Fertigstellung ab 2011 mit insgesamt 140 Siemens-Anlagen des Typs SWT-3.6-107 eine Nennleistung von 500 MW erbringen wird. Im Januar 2010 hat RWE Innogy zudem von der britischen Regierung die Genehmigung erhalten, weitere Offshore-Windkraftprojekte im Bristol-Kanal und auf der Doggerbank im Umfang von rund 4.000 MW zu entwickeln (100107). Vermutlich wird auch hier Siemens als Lieferant zum Zuge kommen. "Die Zusammenarbeit mit RWE bei der Realisierung von mittlerweile drei Offshore-Windparks in Großbritannien ist ein klares Signal, daß beide Unternehmen den Ausbau der Windenergienutzung auf dem Meer vorantreiben", sagte Siemens-Vorstandsmitglied Wolfgang Dehen.

EnBW will bis 2013 zwei Ostsee-Windparks mit Siemens-Anlagen bestücken

Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) probt unterdessen ebenfalls mit Siemens als Lieferant den Einstieg ins Offshore-Geschäft. Vor zwei Jahren hat sie sich jeweils zwei Projekte in der Ost- und Nordsee gesichert (080515), die bis Ende 2015 zusammen über eine Nennleistung von rund 1200 MW verfügen sollen. Am 6. Mai legte sie in Rostock symbolisch den Grundstein für den Offshore-Windpark "Baltic 1", der 16 Kilometer nördlich der Halbinsel Darß/Zingst 21 Siemens-Anlagen des Typs SWT-2,3-93 mit einer Nennleistung von 2,3 MW umfassen wird und noch in diesem Jahr ans Netz gehen soll. Die Hälfte der Gesamt-Nennleistung von rund 50 MW will sie an Stadtwerke abgeben. Bisher haben sich knapp zwanzig Partner aus dem kommunalen Bereich vormerken lassen. Ob diese tatsächlich Beteiligungen erwerben, entscheidet sich aber erst nach Inbetriebnahme des Windparks, wenn alle Wirtschaftlichkeitsdaten vorliegen.

Am 9. Juni teilten EnBW und Siemens mit, daß der Elektrokonzern auch die Anlagen für den zweiten Windpark in der Ostsee namens "Baltic 2" (früher: Kriegers Flak) liefern wird. Zum Einsatz gelangen hier 80 Anlagen des Typs SWT-3.6-107, so daß sich eine Nennleistung von insgesamt 288 MW ergibt. Der Windpark nördlich der Insel Rügen soll bis 2013 ans Netz gehen.

Transpower beauftragt Siemens mit Netzanschluß von Veja Mate und Global Tech 1

Wie Siemens am 11. Juni mitteilte, hat ein Konsortium aus Siemens Energy und dem italienischen Kabellieferanten Prysmian Powerlink den Auftrag zum Netzanschluß der beiden Offshore-Windparks Veja Mate und Global Tech 1 erhalten. Die Kosten dafür belaufen sich auf mehr als eine halbe Milliarde Euro. Die beiden Windparks in der Nordsee verfügen zusammen über eine Nennleistung von bis zu 800 MW und werden über Seekabel per Hochspannungs-Gleichstromübertragung (HGÜ/HVDC) an das Festland angeschlossen. Auftraggeber ist der deutsche Übertragungsnetzbetreiber Transpower (früher E.ON Netz), der inzwischen dem niederländischen Netzbetreiber TenneT gehört.

Im Inland hat Siemens Wind Power bisher nur einen bescheidenen Marktanteil

Siemens ist erst Ende 2004 mit der Übernahme des dänischen Herstellers Bonus Energy ins Geschäft mit Windkraftanlagen eingestiegen. Bonus erzielte damals mit 750 Mitarbeitern einen Umsatz von 300 Millionen Euro. Ein Jahr später übernahm der Konzern auch die Bremer AN Windenergie GmbH mit etwa 200 Mitarbeitern, die in Deutschland über einen Marktanteil von etwa vier Prozent verfügte und als Service- und Vertriebspartner von Bonus fungierte. Inzwischen beschäftigt die Siemens Wind Power GmbH nach eigenen Angaben weltweit mehr als 3500 Mitarbeiter und läßt ihre Firmengeschichte mit Bonus beginnen ("Der Grundstein unserer Reputation wurde 1980 mit den ersten 22-kW-Turbinen begründet").

2007 rangierte Siemens Wind Power mit einem Marktanteil von sechs Prozent weltweit an sechster Stelle. In Deutschland lag das Unternehmen an fünfter Stelle. Faktisch war aber im Inland sein Marktanteil an der Leistung der neu installierten Anlagen mit 3,5 Prozent deutlich geringer und der Abstand zu den Marktführern erheblich größer (081015). In den Jahren 2008 und 2009 verschwand er in der Statistik des Deutschen Windenergie-Instituts sogar in der Rubrik "Sonstige" (100106). Das könnte sich aber bald ändern. Nach eigenen Angaben verfügte das Unternehmen Ende 2009 über einen "Rekordauftragsbestand von sechs Milliarden Euro". So habe man von Dong Energy mit 500 Windenergieanlagen der 3,6-MW-Klasse den größten Offshore-Auftrag erhalten, der bislang weltweit vergeben wurde.