Mai 2010

100511

ENERGIE-CHRONIK


 


Die TAP (lila) soll den Gastransport von Griechenland und Albanien durch die Adria nach Italien und weiter nach Norden ermöglichen. Die schweizerische EGL denkt dabei vor allem an iranisches Erdgas, das über das Netz der Türkei nach Griechenland fließen würde. Die TAP könnte aber auch als Verbindung zu den beiden konkurrierenden Großprojekten "Nabucco" (rot) und "South Stream" (blau) dienen. Dasselbe gilt für die Pipeline "Poseidon" (grün), die etwas weiter südlich geplant ist. Beide Mittelmeer-Querungen würden in Griechenland an das vorhandene Netz anknüpfen bzw. durch noch zu errichtende Leitungen ergänzt.

E.ON beteiligt sich an Trans Adriatic Pipeline (TAP)

Die E.ON Ruhrgas beteiligt sich mit 15 Prozent am Projekt der Trans Adriatic Pipeline (TAP), die Griechenland über Albanien mit Süditalien verbinden soll. Am 20. Mai gab der deutsche Konzern bekannt, daß die bisherigen Alleinaktionäre Statoil und EGL ihre Beteiligungen an der Projektgesellschaft auf jeweils 42,5 Prozent reduziert haben. Der Beitritt weiterer Partner zur TAP bleibe möglich.

Anscheinend ist E.ON die Rolle eines Türöffners zugedacht, um dem Projekt zu mehr Unterstützung durch die EU zu verhelfen. Die schweizerische EGL und die norwegische Statoil sind Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten. Ihr Projekt wird von der EU zwar als Bestandteil des Transeuropäischen Netzwerks der Energie (TEN-E) geführt. Es gilt aber als Konkurrenzunternehmen zur geplanten Pipeline "Nabucco", die Westeuropa unter Umgehung Rußlands mit Erdgas aus dem Nahme Osten versorgen soll (090703). Eine spezielle Konkurrenzsituation besteht ferner zur Pipeline "Poseidon", die ein italienisch-griechisches Konsortium etwas weiter südlich ebenfalls durchs Mittelmeer legen will. Im Vier-Milliarden-Programm, das die EU-Kommission im März zur Unterstützung von Energieprojekten beschloß, taucht die TAP nicht auf. Dagegen sind für "Nabucco" 200 Millionen und für "Poseidon" 100 Millionen Euro an Fördergeldern vorgesehen (100313).

Schwierige Durchleitungsverhandlungen mit der Türkei

Die mangelnde Verwurzelung der beiden Gründungsunternehmen in der EU bedeutet außerdem einen Nachteil bei den Verhandlungen mit der Türkei, die langfristig die Aufname in die EU anstrebt und deshalb bei der Genehmigung für "Nabucco" eher zu politischen Zugeständnissen bereit war. Die schweizerische EGL verfügt seit März 2008 über einen Liefervertrag mit dem Iran, der aber den Gastransport durch die Türkei voraussetzt. Die schweizerische Außenministerin Micheline Calmy-Rey war damals zur Vertragsunterzeichnung in den Iran gereist und hatte für ein Treffen mit dem Präsidenten Ahmadinejad sogar nach muslimischer Sitte ein Kopftuch umgelegt. Die Durchleitungsverhandlungen mit der Türkei gestalteten sich indessen schwieriger als erwartet. Der staatliche türkische Gaskonzern Botas verlangte anstelle einer Transitgebühr einen Teil des Gases für den Eigenverbrauch. Auch will er sich anscheinend nicht festlegen, bis die Konditionen für "Nabucco" im Detail ausgehandelt sind. Unter diesen Umständen verschoben die beiden TAP-Gesellschafter im Herbst 2009 ihre Investitionsentscheidung bis 2012 und bemühten sich erst mal um einen potenten Partner aus der EU. Da RWE sich bereits bei "Nabucco" engagiert hat (080206), kam von den beiden führenden deutschen Energiekonzernen nur E.ON in Frage.

E.ON möchte politische Unterstützung aus Brüssel

Die E.ON Ruhrgas bezeichnete ihre nunmehr erfolgte Einbindung als "strategisch bedeutenden Schritt in der Realisierung des TAP-Projekts". Die Pipeline sei "ökonomisch die sinnvollste Verbindung zwischen den existierenden sowie geplanten Gasnetzwerken in Südosteuropa und jenen Westeuropas". Sie trage damit zur Energiesicherheit Europas bei. "Wir verdienen ebenfalls die politische Unterstützung der Kommission", betonte Jochen Weise, Mitglied des Vorstands und Leiter Gaseinkauf von E.ON Ruhrgas.

EU-Energiekommissar Günther Oettinger ist sich dagegen nicht so sicher, wieweit TAP die europäische Energiepolitik unterstützt. "TAP ist ein sehr interessantes und wichtiges Projekt, aber es kann Nabucco nicht ersetzen", meinte er gegenüber "welt online" (21.5.). Die Pipeline könne aber Nabucco ergänzen, wenn sie Gas aus dieser Pipeline über Griechenland nach Italien bringe.

Die 520 Kilometer lange TAP-Pipeline wird Erdgas über Griechenland und Albanien durch das Adriatische Meer in die süditalienische Region Puglia und weiter nach Westeuropa führen. Ihre Transportkapazität ist für 10 bis 20 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr ausgelegt, abhängig von der Durchsatzleistung. Das Projekt sieht zudem die Entwicklung eines Erdgasspeichers in Albanien vor, "um die Liefersicherheit auch bei möglichen Engpässen jederzeit zu gewährleisten". Anscheinend will man mit dem Erdgasspeicher vor allem der Türkei die Besorgnis vor Engpässen nehmen und sie veranlassen, auf eine Naturalabgabe in Form von Erdgas zugunsten einer Transitgebühr zu verzichten. Als Baukosten wurde zwei Milliarden Euro genannt.

Die von Edison (Italien) und Depa (Griechenland) geplante Poseidon-Pipeline verläuft über 207 Kilometer durch das Ionische Meer von Griechenland nach Süditalien. Eine weitere Pipeline führt über 600 Kilometer in den Nordosten Griechenlands und stellt dort den Anschluß an das türkische Gasnetz her. Die Baukosten für "Poseidon" wurden auf 500 Millionen Euro beziffert, die der anschließenden Verbindungsleitung auf 600 Millionen Euro.

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