Februar 2010

100205

ENERGIE-CHRONIK


Betrüger erbeuteten Emissionszertifikate im Wert von drei Millionen Euro

Mit gefälschten E-Mails und Web-Seiten haben Betrüger am 28. Januar etliche Unternehmen veranlaßt, ihren Nutzercode und das Paßwort für die Teilnahme am europäischen Emissionshandelssystem (EU-EHS) preiszugeben. Anschließend erbeuteten sie bei den europäischen Emissionshandels-Registern Zertifikate im Wert von mindestens drei Millionen Euro. Das Register der deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) wurde deshalb am 29. Januar 2010 gesperrt und erst am 4. Februar wieder geöffnet. Die Europäische Kommission kündigte am 4. Februar an, daß sie Leitlinien für die Internetsicherheit im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems überarbeiten werde.

Es handelte sich um eine Variante der "Phishing"-Betrugsversuche, die tagtäglich und millionenfach versendet werden, um von naiven Internet-Nutzern die Zugangsdaten für deren Bankkonten zu erschleichen. In diesem Fall wandten sich die Betrüger allerdings gezielt an den exklusiven Kreis der Teilnehmer am Handel mit Emissionszertifikaten. Außerdem paßten sie ihre Schreiben den nationalen Besonderheiten an. So wurden die deutschen Teilnehmer angeblich von der Deutschen Emissionshandelsstelle beim Umweltbundesamt (DEHSt) angeschrieben und auf eine angebliche Web-Seite der DEHSt geleitet. Wie die DEHSt am 3. Februar mitteilte, sind sieben von rund 2.000 Nutzern des deutschen Emissionshandelsregisters auf diese Masche hereingefallen und haben ihre Kontozugangsdaten weitergegeben. Die Betrüger hätten so rund 250.000 Emissionsberechtigungen unberechtigt transferieren können, was bei einem Wert von rund 12 Euro pro Emissionsberechtigung einer Schadenssumme von drei Millionen Euro entspricht.

Unklarheit über das europaweite Ausmaß des Schadens

Vermutlich ist der Schaden aber europaweit noch beträchtlich höher, da die Betrugsversuche in insgesamt 13 Ländern der Union stattfanden. Einen Gesamtüberblick gibt es dazu nicht. In der Mitteilung der EU-Kommission war lediglich von "einer Reihe betrügerischer Transaktionen" die Rede. Das internationale Klimasekretariat UNFCCC in Bonn, das Ermittlungen und Abwehrmaßnahmen in dieser Angelegenheit koordinieren soll, veröffentlichte überhaupt keine Mitteilung.

Ebensowenig besteht Klarheit darüber, ob und in welcher Weise es den Betrügern gelungen ist, die erbeuteten Zertifikate in bares Geld zu verwandeln. In jedem Falle mußten sie auch hier über erhebliche Branchenkenntnisse verfügen, um die Zertifikate auf andere Konten zu transferieren, ihre Herkunft zu verwischen und sie schließlich zu verkaufen.

Es handelt sich bereits um den zweiten großangelegten Betrug mit Hilfe des Emissionshandelssystems: Vor etwa einem Jahr ergaunerten bislang nicht ermittelte Täter rund fünf Milliarden Euro an Steuergeldern, indem sie einen schwunghaften Handel mit Zertifikaten in Gang brachten, der allein dazu diente, unrechtmäßig Mehrwertsteuer-Erstattungen zu kassieren. Nachdem der Schwindel aufgeflogen war, ging der Handel mit Emissionszertifikaten plötzlich um bis zu neunzig Prozent zurück (091204).

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