Februar 2009 |
090208 |
ENERGIE-CHRONIK |
Im Umweltausschuß des Europäischen Parlaments scheiterte am 17. Februar ein Versuch, das umstrittene Glühlampenverbot der EU-Kommission (081201) doch noch zu stoppen. Der Antrag mehrerer deutscher Abgeordneter aus Union und FDP, das Parlament über Sinn bzw. Unsinn dieser Maßnahme abstimmen zu lassen, wurde nur von 14 Ausschußmitgliedern unterstützt, während 44 dagegen waren. Ein entsprechender Antrag könnte zwar noch immer im Plenum des Parlaments direkt eingebracht werden, doch ist es nach dieser Vorentscheidung fraglich, ob ihm dort mehr Erfolg beschieden sein würde.
„Das Glühbirnenverbot ist ein Ausdruck der Beglückungsgesetzgebung und geht an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei", kritisierte der CSU-Abgeordnete Markus Ferber die Entscheidung des Ausschusses. "Die Bürger in unserem Land sollen frei wählen dürfen, ob sie eine herkömmliche Glühbirne oder eine Energiesparlampe kaufen. Dazu brauchen wir keine gesetzliche Regelung. Es gibt keinen Grund, weshalb diese Frage europaweit geregelt werden muß, und schon gar nicht durch ein hinter verschlossenen Türen tagendes Beamtengremium. Es wäre ein richtiges Signal gewesen, wenn der Umweltausschuß dieser Hinterzimmermentalität einen Riegel vorgeschoben hätte."
Ähnlich äußerte sich der umweltpolitische Sprecher der FDP im EU-Parlament, Holger Krahmer: "Die Entscheidung des Parlaments ist mutlos. Es geht ja noch gar nicht um die inhaltliche Frage, ob das Verbot sinnvoll ist. Es geht um das grundsätzliche Problem, dass sich Bürokraten in der Kommission zu solchen Einschnitten in das Leben der Bürger berechtigt fühlen. Wer denkt, daß das Verbot der Glühbirne eine vertretbare Entscheidung ist, kann nichts gegen eine vernünftige Diskussion haben. Die Debatte um das Glühbirnenverbot muß im Europäischen Parlament stattfinden und hier muß die Entscheidung fallen. Daß nicht einmal die Kollegen der CDU sich geschlossen für die Rechte des Parlaments einsetzen, ist enttäuschend. Da fragen sich die Bürger zu Recht, wozu sie in Brüssel ein Parlament brauchen."
Die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Grüne/EFA im Europaparlament, Rebecca Harms, sprach dagegen von einem "unverantwortlichen Vorschlag", den eine deutliche Mehrheit der Abgeordneten "mit gesundem Menschenverstand" zurückgewiesen habe. Unter der Überschrift "Spar-Glühlampen: Umweltausschuß stoppt schwarz-gelben Block der Fortschrittsfeinde" begrüßte sie auf ihrer Internet-Seite das geplante Glühlampen-Verbot, das den gesamteuropäischen Stromverbrauch um 40 Terawattstunden reduzieren und damit die Stromrechnungen der Verbraucher um 5 bis 10 Milliarden Euro jährlich reduzieren werde. Die "Fortschrittsfeinde" hätten nur fadenscheinige Argumente zu bieten, die Bestandteil eines "unerträglichen Vorwahlkampfgezeters" seien.
In der Tat ist es allerdings so, daß hier ein "hinter verschlossenen Türen tagendes Beamtengremium" eine Maßnahme beschlossen hat, die tief in die persönliche Freiheit der EU-Bürger bei der Ausgestaltung ihrer privaten Sphäre eingreift, während die versprochene Energieeinsparung sehr fragwürdig ist. Zum Vorwurf der "Hinterzimmermentalität" paßt auch, daß die EU den Verordnungsentwurf bisher auf ihren Internet-Seiten noch nirgendwo veröffentlicht hat (siehe Link zum Herunterladen). Es kursieren nur Informationen aus zweiter Hand.
Das Vorgehen der Kommission bildete damit zumindest eine interessante Fußnote zu dem derzeit vor dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Streit, ob und wieweit der Vertrag von Lissabon mit einer noch stärkeren Verlagerung von legislativen Befugnissen nach Brüssel nicht die Souveränität der Bundesrepublik aushöhlt und deshalb verfassungswidrig ist. Erschwerend kommt hinzu, daß die Brüsseler Kommission als Exekutivorgan und Motor der Gemeinschaft bisher nur in sehr beschränktem Maße vom demokratisch gewählten Europäischen Parlament kontrolliert wird. Und selbst diese bescheidenen Möglichkeiten nutzt das Parlament offenbar nicht aus, wie die jetzige Entscheidung des Umweltausschusses zeigt.
Verdrängt wird in der Diskussion auch weiterhin, daß alle "Energiesparlampen" ein großes Umweltrisiko darstellen, wenn sie nicht vorschriftsgemäß als Sondermüll entsorgt werden. Sie enthalten nämlich konstruktionsbedingt einige Milligramm des Metalls Quecksilber, das hochgiftig ist und sich über die Nahrungskette im menschlichen Gewebe anreichert. Am 20. Februar einigten sich deshalb die Umweltminister aus 140 Ländern beim UN-Gipfeltreffen in Nairobi einstimmig darauf, Verhandlungen mit dem Ziel eines kompletten Verbots von Quecksilber aufzunehmen.
Trotz ihres Quecksilbergehalts wandern Leuchtstoffröhren und Kompakt-Leuchtstofflampen bisher normalerweise in den Hausmüll. Wenn künftig in der EU pro Kopf jährlich nur eine einzige "Energiesparlampe" auf diese fahrlässige Weise entsorgt würde, entspräche dies einer Umweltbelastung mit mehreren Tonnen Quecksilber.