November 2008 |
081119 |
ENERGIE-CHRONIK |
Querverbundunternehmen werden es künftig schwerer haben, wenn sie durch überhöhte Wasserpreise die schwindenden Überschüsse im Strom- und Gasgeschäft ausgleichen wollen. Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied am 18. November in einem Leitverfahren, daß die Stadtwerke Wetzlar (enwag) ihre Wasserpreise um knapp 30 Prozent senken müssen. Es bestätigte damit weitgehend eine entsprechende Verfügung, die das hessische Wirtschaftsministerium auf Grundlage des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) erlassen hatte. Das Urteil dürfte auch abschreckende Wirkung auf Energiekonzerne haben, die mit dem Einstieg ins Wassergeschäft liebäugeln, um dort ähnliche Profitspannen zu realisieren wie im Strom- und Gasgeschäft.
Der Kommunalversorger enwag gehört zu 50,1 Prozent der Stadt Wetzlar und im übrigen der E.ON-Tochter Thüga. Im Jahr 2007 setzte er neben Strom und Erdgas fast 2,6 Mio. Kubikmeter Trinkwasser ab.
Die Untersagungsverfügung der Landeskartellbehörde ist nach Meinung des Oberlandesgerichts Frankfurt berechtigt. Nach den Vorschriften des GWB liege hier ein Preismißbrauch vor. Die enwag fordere nämlich ungünstigere Preise als gleichartige Versorgungsunternehmen und habe nicht nachgewiesen, dass der Preisunterschied auf abweichenden Umständen beruht, die ihr nicht zurechenbar sind (§ 103 V 2 Nr. 2 GWB). Die Anforderungen an die Gleichartigkeit der für den Preisvergleich heranzuziehenden Wasserversorger seien dabei nicht übermäßig hoch anzusetzen. Insbesondere könnten Strukturunterschiede der Versorgungsgebiete nur dann berücksichtigt werden, wenn der Wasserversorger genau nachweist, wie sie sich im Einzelnen auf die Preise auswirken.
Das Gericht ließ die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zu (Aktenzeichen 11 W 23/07 (Kart)).
Insgesamt laufen in Hessen sieben Verfahren gegen Wasserunternehmen, die zusammen knapp eine Million Einwohner mit Wasser beliefern. In drei Fällen hat Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) bereits eine Preissenkung verfügt: Im Mai 2007 gegen die enwag in Wetzlar (Preissenkung: 29,4 Prozent), im Dezember 2007 gegen die Mainova AG in Frankfurt (37 Prozent Preissenkung) und im April 2008 gegen die Städtischen Werke in Kassel (37 Prozent Preissenkung). In vier weiteren Verfahren gegen die vier Stadtwerke Gießen, Oberursel, Eschwege und Herborn steht die Entscheidung über eine Preissenkungsverfügung noch aus. Die Mainova und die Städtischen Werke in Kassel sind ebenso wie die enwag vor Gericht gezogen. Ihre Beschwerden liegen noch beim Oberlandesgericht Frankfurt und dürften nach dem jetzt vorliegenden enwag-Urteil ähnlich entschieden werden.