November 2008

081112

ENERGIE-CHRONIK


Änderung des Atomgesetzes wegen Asse

Die Bundesregierung will den zum 1. Januar 2009 vereinbarten Betreiberwechsel bei der Schachtanlage Asse II (080906) und die beabsichtigte Umwandlung des bisherigen "Forschungsprojekts" in ein Endlager durch eine Änderung des Atomgesetzes rechtlich absichern. Das Kabinett beschloß am 19. November auf Vorschlag von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel einen entsprechenden Gesetzentwurf. Er sieht zum einen die Anwendung der atomrechtlichen Vorschriften für die Schließung der Schachtanlage vor. Zum anderen wird der Katalog der Behörden und Stellen erweitert, an die im Rahmen der Zuverlässigkeitsüberprüfung Anfragen nach bestimmten sicherheitsrelevanten Erkenntnissen gerichtet werden dürfen. Außerdem wird für bestimmte an der Überprüfung beteiligte Behörden die Verpflichtung eingeführt, nachträglich erlangte Informationen, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Betroffenen bedeutsam sind, an die zuständige atomrechtliche Behörde zu melden.

Das zustimmungsbedürftige Gesetz wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet. Der Betreiberwechsel für Asse - an die Stelle des Münchener Helmholtz-Zentrums tritt nun das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) - erfolgt unabhängig vom Inkrafttreten des Gesetzes. Das Bundesumweltministerium richtet außerdem in Remlingen in unmittelbarer Nähe zur Schachtanlage eine BfS-Stelle ein, die über die Arbeiten zur Schließung der Anlage informieren soll.

"Die Energiekonzerne verdienen kräftig mit an dem Atommüll, den sie zum großen Teil selbst verursacht haben"

Auf den Millionen-Auftrag zur Sanierung bzw. Schließung der Schachtanlage Asse wartet bereits die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe (DBE). Die DBE betreibt im Auftrag des Bundesamts für Strahlenschutz bisher das Endlager Morsleben, das "Erkundungsbergwerk" in Gorleben und den Ausbau des Schachts Konrad zum Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Offenbar gibt es aber im Bundesumweltministerium Überlegungen, der DBE nicht auch noch Asse zu übertragen, sondern dafür eine neue Gesellschaft zu gründen, die billiger arbeitet. Die DBE gehört nämlich zu 75 Prozent der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), deren Gesellschafter wiederum die Kernkraftwerksbetreiber E.ON (48 %), RWE (28 %), EnBW (18,5 %) und Vattenfall (5,5 %) sind. Wie ihre Mutter GNS und deren anderen Töchter ist sie ein auf Gewinnerzielung gerichtetes Unternehmen und kann deshalb nicht daran interessiert sein, die Arbeiten möglichst preisgünstig auszuführen.

Am 10. November erschien im Magazin "Der Spiegel" ein Artikel zur eigenartigen Rolle der DBE als privates Unternehmen, das von sicheren Staatsaufträgen mit garantierten Profiten lebt. "Die Energiekonzerne verdienen kräftig mit an dem Atommüll, den sie zum großen Teil selbst verursacht haben", hieß es da. "So ist es bei der mit über zwei Milliarden Euro veranschlagten Sanierung des Atommülllagers Morsleben. Und so soll es künftig auch bei der Asse sein."

Unkündbarer Vertrag sichert der privaten DBE staatliche Aufträge und festen Gewinn

Laut "Spiegel" verfügt die DBE seit 1979 über einen unkündbaren Vertrag mit dem Bund, wonach sie alle endlagerrelevanten Aufgaben ohne Ausschreibung erhält. Der Bund übernimmt nicht nur alle anfallenden Kosten, sondern garantiert der DBE obendrein eine Gewinnmarge von 3,25 Prozent (bzw. 1,5 Prozent bei Beauftragung von Subunternehmen). Dieser Vertrag bedeute praktisch eine "Lizenz zum Gelddrucken". Er sei auch nicht aufgehoben worden, als der Bund in den achtziger jahren die DBE privatisierte und an die Stromkonzerne verkaufte. Deshalb flössen heute rund hundert Millionen Euro - das sind zwei Drittel des gesamten BfS-Etats - an die DBE.

Um unnötige Mehrkosten zu vermeiden, würden Bundesumweltminister Gabriel und das ihm unterstellte BfS gern eine eigene Betriebsführungsgesellschaft für das Endlager Asse schaffen. Auch im Haushaltsausschuss des Bundestags habe die Vereinbarung inzwischen Verwunderung ausgelöst. Die Energiekonzerne hätten daraufhin über die GNS angeboten, sich an der von Gabriel geplanten Salzgitter-Stiftung zu beteiligen, wenn die "Rolle der DBE" nicht in Frage gestellt werde (mit der Stiftung will Gabriel die Region um das geplante Endlager und damit auch seinen eigenen Wahlkreis beglücken). Dieses "ethisch fragwürdige Angebot" werde Gabriel wohl ablehnen. Er habe aber bereits einen Kompromiß angedeutet, der darauf hinauslaufe, daß die DBE zumindest Planungsaufträge für Asse erhalte.