Oktober 2008 |
081003 |
ENERGIE-CHRONIK |
RWE hat von Bulgariens nationaler Elektrizitätsgesellschaft NEK den Zuschlag für einen 49-Prozent-Anteil am neuen bulgarischen Kernkraftwerk Belene erhalten. Wie Wirtschaftsminister Petar Dimitrov am 2. Oktober in Sofia mitteilte, wird sich der deutsche Energiekonzern mit 1275 Millionen Euro am Kapital des Kernkraftwerks beteiligen. Außerdem wird er 550 Millionen Euro an die NEK zahlen, damit dem Staatskonzern seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann, und einer noch zu gründenden gemeinsamen Stromvertriebsgesellschaft ein Darlehen in Höhe von 300 Millionen Euro zur Verfügung stellen. RWE soll auch für die Wartung und Betriebsführung des neuen Kernkraftwerks zuständig sein.
Modell des WWER 1000/466 mit dazugehörigen Kraftwerksanlagen: In Belene sollen zwei solche Blöcke errichtet werden. |
Noch offen ist, ob RWE die Suez-Tochter Electrabel mit ins Boot holen wird, die bei der Ausschreibung auf dem zweiten Platz landete. Die jetzt getroffene Vereinbarung läßt dies ausdrücklich zu. Die RWE-Beteiligung würde sich dadurch entsprechend verringern. Die übrigen 51 Prozent würde unverändert die NEK behalten, die zu hundert Prozent dem bulgarischen Staat gehört.
Das KKW-Projekt an der Donau besteht aus zwei Druckwasserreaktoren des russischen Typs WWER 1000/466 mit einer elektrischen Leistung von jeweils 1000 MW. Die komplette Inbetriebnahme soll bis 2015 erfolgen. Die Errichtung übernimmt der russische Reaktorbauer Atomstroyexport, wobei als Subunternehmen die französische Areva und Siemens beteiligt sind. Mit dem Bau des ersten Blocks wurde Anfang September begonnen. Die Baukosten sind mit rund vier Milliarden Euro veranschlagt.
Einziges Kernkraftwerk des Landes ist bisher Kosloduj. Ursprünglich waren hier sechs Blöcke in Betrieb, die eine Gesamtleistung von 3760 MW hatten und damit auch Stromexporte ermöglichten. Auf Verlangen der EU mußten jedoch Ende 2002 die Blöcke 1 und 2 und Ende 2006 die Blöcke 3 und 4 stillgelegt werden. Diese vier Blöcke vom Typ WWER 440/230 galten als besonders unsicher (951012, 910810, 910701). Bulgarien zögerte ihre Abschaltung dennoch so lange wie nur möglich hinaus, um weiterhin Strom exportieren zu können. Die Stillegung der Blöcke 3 und 4 erfolgte erst, nachdem die EU sie zur Bedingung für die Aufnahme Bulgariens in die Gemeinschaft gemacht hatte. Als Beihilfe erhielt das Balkanland dafür von der EU insgesamt 550 Millionen Euro. Die beiden neueren Blöcke vom Typ WWER 1000 werden dagegen seit ihrer Nachrüstung (980317) als sicher angesehen und sollen weiter in Betrieb bleiben.
Am Standort Belene war bereits 1987 mit dem Bau von zwei Reaktoren des Typs WWER 1000/320 begonnen worden. Im Endausbau sollten es vier bis sechs Blöcke werden. Das jetzige Projekt kann zum Teil an diese Vorarbeiten anknüpfen, die 1990 aus Geldmangel und wegen Protesten abgebrochen wurden.
Die bulgarische Stromerzeugung belief sich 2006 auf 45,7 Terawattstunden, wovon 44,6 Prozent aus Kernenergie stammten. Den Rest lieferten Kohle (36,6 %), Gas (10,7 %) und Wasserkraft (8,1 %).