September 2008 |
080904 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Hamburger Senat genehmigte am 30. September den Antrag des Stromkonzerns Vattenfall für den Bau eines Steinkohlekraftwerkes im Stadtteil Moorburg (080402) mit einer Reihe von Auflagen. Die wichtigste Einschränkung betrifft die Entnahme von Kühlwasser aus der Elbe. Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt machte eine Reduzierung der Kraftwerksleistung zur Bedingung, wenn der Abfluß der Süderelbe zu gering ist oder der Sauerstoffgehalt oder die Temperatur des Elbwassers bestimmte Werte unterschreiten. Nach Darstellung des Senats wird das Kraftwerk deshalb voraussichtlich an etwa 250 Tagen im Jahr nur mit gedrosselter Leistung betrieben werden können. Ein Ausweg könnten allerdings Kühltürme sein, denn bisher hat Vattenfall eine Direktkühlung durch die Elbe vorgesehen. Bei den Kernkraftwerken Krümmel, Brunsbüttel und Brokdorf, die ebenfalls direkt durch die Elbe gekühlt werden, kam es schon bisher in heißen Sommern zu Reduzierungen der verfügbaren Leistung (060704).
Vattenfall begrüßte den Bescheid, da er die Genehmigungsfähigkeit des Kraftwerks bestätige. Man werde nun die Bauarbeiten zügig fortsetzen. Zugleich werde man aber auch eingehend prüfen, "inwieweit die Bestimmungen und Nebenbestimmungen der erteilten Genehmigung mit dem Ende 2007 mit der Stadt Hamburg geschlossenen Vertrag im Einklang stehen".
Keine Kühltürme vorgesehen: Computer-Simulation des geplanten Steinkohlekraftwerks Moorburg |
Die Genehmigung des Kraftwerks Moorburg war der wichtigste Konfliktpunkt bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und Grün-Alternativer Liste (GAL) im April 2008, da die GAL im Wahlkampf versprochen hatte, den Kraftwerksbau zu verhindern. Allerdings hatte der bisherige CDU-Senat schon weitgehend vollendete Tatsachen geschaffen, indem er Vattenfall unabhängig von noch ausstehenden Genehmigungen den Baubeginn erlaubte. Im Koalitionspapier einigten sich GAL und CDU schließlich auf die Formulierung, daß die zuständige Behörde rechtlich entscheiden werde (080402). Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, die jetzt die noch ausstehenden immisionsschutz- und wasserrechtlichen Genehmigungen für das Kraftwerk erteilte, untersteht der GAL-Senatorin Anja Hajduk. Zur Beschwichtigung der grünen Basis hat sie noch eine Reihe weiterer Auflagen wie den Bau einer Fischtreppe am Wehr Geesthacht verfügt. Das kommunale Unternehmen Hamburg Wasser wird beauftragt, ein Konzept zur Erzeugung und Vermarktung von umweltfreundlicher Energie zu entwickeln und im nächsten Jahr ein Angebot für atom- und kohlefreien klimafreundlichen Strom auf den Markt zu bringen. Ferner soll ein Konzept für die Rekommunalisierung der Hamburger Netze - insbesondere des Fernwärme- und des Gasnetzes - entwickelt werden. Das Strom- und Fernwärmenetz gehört bisher Vattenfall, das Gasnetz der E.ON Hanse.
In Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers legte RWE Power am 29. August den Grundstein für das neue Steinkohlenkraftwerk in Hamm. Die beiden Blöcke sollen Mitte 2011 bzw. Anfang 2012 ans Netz gehen. Sie haben eine elektrische Leistung von insgesamt 1.600 MW und einen Wirkungsgrad von 46 Prozent. Die Baukosten, die zunächst 1,4 Milliarden Euro betragen sollten, werden inzwischen mit zwei Milliarden Euro angegeben. Das Kraftwerk wird für die Nachrüstung mit einer CO2-Wäsche nach dem "Carbon capture and storage"-Verfahren (CCS) vorbereitet, das voraussichtlich nach 2020 die Abscheidung und Abspeicherung von Kohlendioxid ermöglichen soll.
An dem Kraftwerk sind 23 Stadtwerke aus Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz beteiligt, die sich in der Arbeitsgemeinschaft GEKKO zusammengeschlossen haben. Sie verfügen über einen Anteil von 350 Megawatt. Der Vertrag hat eine Laufzeit von 25 Jahren.
Die Trianel-Gruppe begann am 3. September mit dem Bau eines Steinkohlekraftwerks am Standort Lünen. Die 750-MW-Anlage ist das erste Kohlekraftwerk, das ausschließlich von kommunalen Versorgungsunternehmen getragen wird. Es gehe darum, "den oligopolistischen Markt mit vier großen Spielern aufzubrechen", sagte Trianel-Chef Sven Becker beim ersten Spatenstich in Anwesenheit der Düsseldorfer Wirtschaftsministerin Christa Thoben und Staatssekretär Matthias Machnig vom Bundesumweltministerium.
Es handelt sich um das zweite Kraftwerk der mittlerweile 31 kommunalen Partner, nachdem Ende 2007 das GuD-Kraftwerk in Hamm-Uentrop (050111) in Betrieb genommen werden konnte. Als drittes Projekt plant Trianel weiterhin ein Steinkohle-Heizkraftwerk im Chemiepark Krefeld-Uerdingen (061210), das sich aber erst im Genehmigungsverfahren befindet.
In Anwesenheit von Bundeswirtschaftsminister Glos (CSU), dem Stuttgarter Ministerpräsidenten Oettinger (CDU) sowie weiteren rund 300 Gästen legte die EnBW Energie Baden-Württemberg AG am 19. September im Karlsruher Rheinhafen den Grundstein für ein neues Steinkohlenkraftwerk. Es soll mit einem Wirkungsgrad von über 46 Prozent eine Bruttoleistung von 912 MW erreichen und bis zu 220 MW Fernwärme auskoppeln können. Die Inbetriebnahme ist für Ende 2011 geplant.