August 2008 |
080811 |
ENERGIE-CHRONIK |
Für das Wiederanfahren der abgeschalteten Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel gibt es nach Angaben des Vattenfall-Chefs Lars Göran Josefsson noch keinen Termin. Wann die Kraftwerke wieder ans Netz gehen, könne zur Zeit niemand beantworten, sagte der Chef des schwedischen Energiekonzerns dem Berliner "Tagesspiegel" (18.8). Man befinde sich in einem sehr aufwendigen Prozess der Prüfung und Dokumentation. Zum Beispiel gehe es um die Sicherheitsüberprüfung von einigen zehntausend Dübeln.
Die beiden Atomkraftwerke stehen seit Pannen im vergangenen Sommer still. Je länger der Stillstand dauert, umso mehr schwindet für Brunsbüttel die ursprünglich bestehende Gefahr, noch in der laufenden Legislaturperiode wegen Abarbeitung der zugebilligten Restlaufzeit stillgelegt zu werden. Bei der Abschaltung verfügte Brunsbüttel noch über ein Restkontingent von 11000 Gigawattstunden (GWh), was bei einer durchschnittlichen Jahresproduktion von 9000 GWh nicht ausgereicht hätte, um bis zu den Bundestagswahlen im September 2009 über die Runden zu kommen. Krümmel verfügt dagegen noch über ein Polster von 88580 GWh.
Im Unterschied zum Vattenfall-Chef hatte der neu ernannte schleswig-holsteinische
Wirtschaftsminister Werner Marnette (080715) eine Woche zuvor
auf ein rasches Wiederanfahren der beiden Atomkraftwerke gedrängt. Der CDU-Minister
riskierte sogar einen Koalitionskonflikt mit der SPD, indem er der für die Atomaufsicht
zuständigen Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) unterstellte, das Genehmigungsverfahren
möglicherweise verzögert zu haben. "Ich hoffe, daß hier von wem
auch immer keine Verzögerungstaktik im Spiel ist", erklärte er wörtlich
gegenüber der Zeitung "Die Welt" (12.8.). "Wenn Vattenfall die
Kraftwerke repariert hat, dann gibt es für mich gerade vor dem Hintergrund explodierender
Energiepreise und wegen des Klimaschutzes keinen Grund, die Meiler abgeschaltet zu
lassen." Er werde sich mit Vertretern von Vattenfall zusammensetzen, um die Situation
zu erörtern.
Ein Sprecher des Sozialministeriums verwies gegenüber DPA (18.8.) darauf, daß
noch nicht alle Auflagen erfüllt sind und Vattenfall bisher selber noch keine
Anträge gestellt habe, Brunsbüttel und Krümmel wieder ans Netz zu nehmen.
Marnette könne sich selbstverständlich mit dem Betreiber der Kernkraftwerke
zusammensetzen. Zuvor solle er sich aber bei der Atomaufsicht über den Stand
der Dinge informieren.
Ein paar Tage später äußerte sich Marnette in einem Interview mit
der "Frankfurter Allgemeinen" (28.8.) wesentlich konzilianter. Auf die Frage,
ob er schon mit der Sozialministerin Trauernicht aneinandergeraten sei, sagte er:
"Wir schätzen uns, und ich akzeptiere selbstverständlich, wenn Frau
Trauernicht sagt, unsere beiden Kernkraftwerke in Brunsbüttel und Krümmel
könnten noch nicht ans Netz, weil dort noch Reparaturbedarf besteht. Wir beide
setzen uns für höchsten Sicherheitsstandard ein und wollen demnächst
gemeinsam hinfahren."