April 2008

080412

ENERGIE-CHRONIK


Neues RWE-Logo ersetzt weiße Hand auf blauem Grund

Der RWE-Konzern hat auf seiner Hauptversammlung am 16. April ein neues Logo vorgestellt, das künftig den Konzern und seine Aktivitäten symbolisieren soll. Es besteht aus dem Schriftzug "VoRWEg gehen" und ersetzt die weiße Hand auf blauem Grund, mit der vor acht Jahren der damalige RWE-Chef Dietmar Kuhnt erstmals ein Firmen-Logo einführte (000810).

"VORWEG GEHEN" statt "One Group. Multi Utilities": Das neue "Claimlogo" wurde von der Agentur Jung v. Matt/Brand Identity entwickelt. Für die begleitende Kampagne zeichnet die Agentur Bungalow Brand Lab verantwortlich.

Die fünf Finger des alten Logos symbolisierten die Sparten Strom, Gas, Wasser, Entsorgung und Dienstleistung, die Kuhnt damals im Zuge seines "Multi Utility"-Konzepts unter dem Dach des Konzerns vereinen wollte. Das englischsprachige Motto "One Group - Multi Utilities", der das Logo zierte, soll dem Konzernchef selber nur schwer von der Zunge gegangen sein. Das deutsche Publikum dürfte noch größere Schwierigkeiten gehabt und größtenteils gar nicht verstanden haben, was damit gemeint war. Da half auch eine millionenschwere Image-Kampagne nicht viel, mit der RWE das Logo und den Spruch zu popularisieren versuchte. Hinzu kam, daß sich der Fußballtrainer Christoph Daum, der als neue Leitfigur des Konzerns und Motivations-Guru dienen sollte, als Kokain-Konsument entpuppte (010516).

Vor allem wurde das alte Logo schon nach zweieinhalb Jahren obsolet, da der neue RWE-Chef Harry Roels sich vom "Multi Utility"-Konzept verabschiedete. Zumindest hätte man nun drei der fünf Finger amputieren müssen, da Roels den Ausstieg aus den Bereichen Wasser, Entsorgung und Dienstleistungen betrieb. Dennoch wurde am Logo festgehalten. Man begnügte sich mit der Streichung des Mottos "One Group - Multi Utilities".

Das neue Logo, das Roels Nachfolger Jürgen Großmann jetzt einführt, soll laut Pressemitteilung folgendes ausdrücken: "RWE denkt und geht voraus – RWE übernimmt Verantwortung – RWE ist innovativ." Es läßt allerdings offen, in welcher Hinsicht der Konzern vorweggeht. Insofern lädt es zu spöttischen Bemerkungen ein, falls er - beispielsweise - wieder einmal den Vorreiter bei Preiserhöhungen machen sollte. Den Anfang machten Umweltschützer, die vor der Halle demonstrierten, in der die Hauptversammlung stattfand: "VoRWEg gehen - Abzocken, Klima killen, belügen", hieß es auf einem Transparent.

Werbetexter brauchen Nachhilfekurs in Deutsch

Rein sprachlich bietet das neue Motto ebenfalls Angriffsflächen. Zunächst erweckt es zwar den Anschein, als habe RWE endlich eingesehen, daß man in Deutschland eigentlich noch immer Deutsch spricht und dies auch und gerade in der Werbung tun sollte, wenn man das Publikum erreichen will. Der Slogan "voRWEg gehen", den sich die Agentur Jung v. Matt/Brand Identity ausgedacht, ist aber in mehrfacher Hinsicht kein sauberes Deutsch: Zum einen hat das Adverb "vorweg" im heutigen Sprachgebrauch eigentlich nur noch temporäre Bedeutung im Sinne von "vorwegnehmen". Es ist kein Synonym für "voran", sondern hat die Bedeutung von "vorab". Im Unterschied zu "vorangehen" taucht es deshalb im "Duden" nicht in der Zusammensetzung mit "gehen" auf. Und wenn diese Zusammensetzung doch gebildet wird, müßte sie auch nach der neuen Rechtschreibung weiterhin zusammengeschrieben werden, da "voran" und "vorweg" ungeachtet ihrer unterschiedlichen Bedeutung derselben grammatikalischen Behandlung unterliegen. Jedenfalls gilt die Zusammenschreibung dann, wenn die beiden Adverbien die Funktion von "Verbpartikeln" haben, wie dies der Rat für Rechtschreibung neuerdings nennt. Gemeint ist damit, daß der Akzent auf dem Verb liegt, wie bei "vorangehen". Daneben gibt es noch die Möglichkeit der Getrenntschreibung. Dann muß aber der Akzent auf dem Adverb liegen wie bei "auseinander setzen" (räumlich trennen) im Unterschied zu "auseinandersetzen" (sich mit einem Problem befassen). Im Lichte der alten wie der neuen Rechtschreibung läßt deshalb das neue Motto zumindest Sprachbewußte darüber sinnieren, ob RWE vorweg abtreten bzw. als erster der vier Konzerne zum Übernahmekandidaten werden möchte...

Allein der technische Aufwand, um das alte durch das neue Logo zu ersetzen, wird in Fachkreisen auf etwa fünf Millionen Euro geschätzt. Ein Vielfaches dieser Summe dürfte die begleitende Kampagne kosten, die am 18. April anlief, um "das neue Selbstverständnis von RWE" der Öffentlichkeit zu vermitteln. Dennoch möchte der Konzern keinesfalls den Eindruck erwecken, daß er auch bei der Verpulverung von Millionen für Werbefeldzüge vorweggeht. "Bei der Umstellung auf 'voRWEg gehen' wird der Konzern kosteneffizient handeln und die notwendigen Mittel aus dem vorhandenen Kommunikationsbudget bereitstellen", hieß es in der Pressemitteilung. "Zusätzliche Mittel werden also nicht benötigt. Wettbewerber geben in diesem Bereich sogar deutlich höhere Beträge aus."

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