April 2008

080409

ENERGIE-CHRONIK


EWE eröffnet neue Runde im Machtkampf um VNG

Die Oldenburger EWE wird im kommenden Jahr von den Stadtwerken Jena-Pößneck deren Beteiligung an der Verbundnetz Gas AG (VNG) in Höhe von 1,04 Prozent übernehmen. Dies bestätigte ein EWE-Sprecher am 10. April der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung", worauf auch die "Frankfurter Allgemeine" (17.4.) und andere Medien über den neuen Stand der Dinge berichteten.

Mit dem Wechsel der Mini-Beteiligung geht der Machtkampf um VNG, der vor einem Jahr mit der Abwahl des EWE-Chefs Werner Brinker als Aufsichtsratsvorsitzender der VNG entbrannte (070504), in eine neue Runde. Die EWE, die derzeit 47,9 Prozent an der VNG hält, würde damit zwar noch nicht die Mehrheit an der entlaufenen Tochter erlangen. Die Verbundnetz Gas Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft (VUB), in der bisher elf ostdeutsche Stadtwerke ihre Beteiligung an der VNG gebündelt haben, würde aber ihre bisherige Sperrminorität von 25,79 Prozent verlieren. Die VUB könnte somit Beschlüsse der Hauptversammlung, die eine 75-prozentige Mehrheit erfordern, nur noch zusammen mit den drei anderen Minderheitsaktionären Wintershall (15,79 Prozent), Gazprom (5,26 Prozent) oder Gaz de France (5,26 Prozent) verhindern.

Hinzu scheint EWE gute Aussichten zu haben, auch noch die 3,66 Prozent betragende VNG-Beteiligung der Stadt Halle und damit die Mehrheit an dem ostdeutschen Gasversorger zu erlangen. Die neun anderen ostdeutschen Stadtwerke prüfen zwar ein Gegenangebot, um diese Anteile selbst zu übernehmen. Indessen scheint es fraglich, ob sie mit der Finanzkraft des ebenfalls kommunalen Versorgers EWE konkurrieren können. Laut FAZ (17.4.) ist derzeit jedes Prozent an der VNG "selbst nach konservativer Bewertung mehr als 20 Millionen Euro wert".

Der VUB-Konsortialvertrag sichert bisher den beteiligten Stadtwerken ein Vorkaufsrecht, wenn einer der Teilhaber ausscheidet. Er läuft aber Ende des Jahres aus. Deshalb soll auch der Anteil der Stadtwerke Jena erst 2009 an EWE übertragen werden. Falls Halle an EWE verkauft, wird dies wohl ebenfalls erst 2009 zum Tragen kommen.

Die Stadtwerke Jena scheinen schon jetzt Mittel und Wege gefunden zu haben, um die Abmachung verbindlich zu machen, ohne eine Klage der anderen Stadtwerke wegen Verletzung des Vorkaufsrechts zu riskieren: "Unser Schulterschluß mit EWE steht", sagte der Leiter ihrer Rechtsabteilung der FAZ (17.4.). "Das Angebot ist sehr attraktiv, und ich sehe keinen Weg zurück."