Mai 2007 |
070503 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die seit längerem umlaufenden Gerüchte über eine bevorstehende Übernahme von RWE kulminierten am 11. Mai in einer Meldung des Südwestrundfunks (SWR), wonach die Electricité de France (EDF) den deutschen Konzern übernehmen und dafür ihre Beteiligung an der Energie Baden-Württemberg (EnBW) aufgeben wolle. Die EDF sei bereits im Bundeskanzleramt vorstellig geworden und habe eine gemeinsame Absichtserklärung aller Verhandlungspartner vorgelegt. Mit dem Ausstieg bei der EnBW wolle sie kartellrechtliche Bedenken gegen die Übernahme von RWE zerstreuen. Für die EnBW interessiere sich bereits der australische Finanzinvestor Babcock & Brown.
Die EDF bestritt entsprechende Kontakte. Die Bundesregierung dementierte ebenfalls, daß die EDF in dieser Angelegenheit vorstellig geworden sei. RWE äußerte den Verdacht, das Gerücht sei gestreut worden, um den RWE-Kurs zu beeinflussen, der kurzfristig um fast sieben Prozent nach oben ging. Der SWR beharrte indessen darauf, daß sich die EDF grundsätzlich für RWE interessiere und daß es auch entsprechende Fühlungnahmen mit der Bundesregierung - möglicherweise nicht durch Vorstände des Staatskonzerns, sondern durch Regierungsmitglieder - gegeben habe.
Dem SWR zufolge sind die Franzosen mit ihrem deutschen Partner EnBW seit Jahren
unzufrieden. Zum einen seien die Gewinne bei der EnBW trotz stark gestiegener Energiepreise
am Markt nicht in dem Maße gewachsen wie bei den großen deutschen Konkurrenten
E.ON, Vattenfall oder RWE. Zum anderen komme die EnBW nach wie vor nicht über
den Status eines Regionalversorgers hinaus. Als Belastung werde ferner empfunden,
daß die im Zweckverband OEW zusammengeschlossenen schwäbischen Kommunen
weiterhin über 45 Prozent an der EnBW und damit genausoviel Anteile wie die EDF
verfügen (060310). Den EDF-Managern gelte der OEW als
"Rocky Horror Picture Show".
Bei RWE handele es sich dagegen um einen der europaweit attraktivsten Übernahmekandidaten
mit rund 20 Milliarden Euro an liquiden Mitteln in der Kasse. Als zweitgrößter
deutscher Stromversorger sei RWE für die EDF interessanter als die wesentlich
kleinere EnBW. Neben mehr Kunden könne RWE vor allem eine stärkere Verankerung
im Gasgeschäft vorweisen. Aus denselben Gründen würden sich auch die
russische Gazprom und die italienische Enel für RWE interessieren.